Heilige Mörderin: Roman (German Edition)
Sie ein Glas Milch?«, fragte er Hiromi.
»Nein, Tee mit Zitrone, bitte«, antwortete sie.
Nachdem die Bedienung gegangen war, lächelte Kusanagi ihr zu. »Ich weiß noch, dass Sie beim letzten Mal Milch bestellt hatten.«
Sie nickte. »Dabei trinke ich gar nicht so besonders gern Milch. Nur habe ich im Moment das Gefühl, sie wäre gut für mich.«
»Aha, und aus welchem Grund?«
Hiromi runzelte unwirsch die Stirn. »Muss ich solche nebensächlichen Fragen auch beantworten?«
»Nein, natürlich nicht.« Kusanagi machte eine abwehrende Geste. »Ich wollte nur etwas Konversation machen. Kommen wir zur Sache. Heute geht es mir um Frau Mashibas Küche. Sie wissen, dass es dort einen Wasserfilter gibt?«
»Ja.«
»Haben Sie ihn jemals benutzt?«
»Nein«, antwortete Hiromi entschieden.
»Ihre Antwort kommt sehr prompt. Mussten Sie gar nicht überlegen?«
»Nein«, sagte sie. »Ich bin nur nicht oft in der Küche gewesen und habe Ayane auch nie beim Kochen geholfen. Deshalb kam ich auch nicht in die Verlegenheit, den Wasserfilter zu benutzen. Ich hatte Frau Utsumi schon gesagt, dass ich nur in der Küche war, wenn Frau Mashiba mich gebeten hat, Kaffee oder Tee zu kochen. Und auch das nur, wenn sie gerade etwas anderes machte und keine Hand frei hatte.«
»Aber Sie waren nie allein in der Küche?«
Hiromi machte ein argwöhnisches Gesicht. »Ich weiß nicht, was Sie mit dieser Frage bezwecken.«
»Das brauchen Sie auch nicht zu wissen. Erinnern Sie sich, ob Sie jemals allein in der Küche waren?«
Sie zog nachdenklich die Brauen zusammen und sah Kusanagi gleich wieder an. »Nein, nie. Ich glaube, Frau Mashiba wollte nicht, dass man die Küche ohne ihre Erlaubnis betrat.«
»Hat sie das gesagt?«
»Nicht ausdrücklich, aber mir kam es so vor. Man sagt ja auch, die Küche sei das Reich der Hausfrau.«
»Da mögen Sie recht haben.«
Die Getränke wurden gebracht. Hiromi drückte die Zitrone über dem Tee aus und nahm genießerisch einen Schluck.
Kusanagis Stimmung sank. Alles, was sie gesagt hatte, stützte Yukawas Theorie. Er trank von seinem Kaffee und stand auf. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.«
Hiromi Wakayama sah ihn erstaunt an. »War das schon alles?«
»Ich habe erfahren, was ich wissen wollte. Lassen Sie sichnur Zeit.« Er nahm die Rechnung vom Tisch und ging auf den Ausgang zu.
Während er vor dem Café nach einem Taxi Ausschau hielt, klingelte sein Handy. Es war Yukawa.
»Ich habe dir etwas über unseren Trick zu sagen. Aber vorher muss ich noch etwas überprüfen. Können wir uns treffen?«
»Gut, ich komme zu dir, aber was willst du denn noch überprüfen? Bist du nicht mehr von unserer Theorie überzeugt?«
»Doch, natürlich. Deshalb will ich das ja überprüfen. Bitte, beeil dich«, sagte Yukawa und legte auf.
Etwa dreißig Minuten später trat Kusanagi durch das Haupttor der Kaiserlichen Universität.
»Als ich noch einmal über den Trick und über unseren Fall nachgedacht habe, bin ich auf einen Punkt gestoßen, der mich beschäftigt. Er könnte hilfreich für eure Ermittlungen sein, also habe dich so schnell wie möglich angerufen«, sagte Yukawa, sobald er Kusanagi sah.
»Klingt bedeutsam.«
»Das ist es. Ich würde gern wissen, was Ayane Mashiba als Erstes gemacht hat, als sie nach dem Mord zu Hause ankam. Da wart ihr doch sicher dabei?«
»Stimmt. Utsumi und ich haben sie nach Hause gebracht.«
»Und was hat sie als Erstes gemacht?«, fragte Yukawa.
»Tja, also, sie hat sich angesehen, wo ihr Mann lag –«
Yukawa schüttelte gereizt den Kopf. »Sie muss in die Küche gegangen sein. Und dort den Wasserhahn aufgedreht haben. Stimmt das?«
Kusanagi blieb fast die Luft weg. Er hatte die Szene noch genau vor Augen.
»Genau. So war es. Sie hat Wasser geholt.«
»Wozu hat sie es gebraucht? Es muss eine ziemlich große Menge gewesen sein, vermute ich.« Yukawas Augen funkelten.
»Sie hat die Blumen gegossen. Sie sah, dass sie welk waren, und sagte, sie hätte sonst keine Ruhe. Sie füllte einen Eimer mit Wasser und goss damit die Blumen auf dem Balkon im ersten Stock.«
»Das war’s!« Yukawa deutete mit dem Zeigefinger auf Kusanagi. »Das war das i-Tüpfelchen.«
»Was für ein i-Tüpfelchen?«
»Ich habe versucht, mich in sie hineinzuversetzen. Sie hat das Haus verlassen, und im Wasserfilter war Gift. Wie sie es geplant hatte, hatte ihr Opfer von dem Wasser getrunken und war gestorben. Aber sie war noch nicht in Sicherheit, denn womöglich war etwas von dem
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