Heilige Scheiße - Bonner, S: Heilige Scheiße: Wären wir ohne Religion wirklich besser dran?
Knalleffekte, sondern es ist die biblische Geschichte selbst, die nicht richtig aus dem Quark kommt. Die klassische Saga vom Messias, der eine betagte Prophezeiung erfüllt, hat man inzwischen zur Genüge in Matrix , Star Wars und Herr der Ringe gesehen. Außerdem kommt uns der Held im weißen Gewand ziemlich mau vor. Wir sind originellere Charaktere gewöhnt: In populären TV-Serien wie Breaking Bad oder Broadwalk Empire sind die Bösen die Stars – so verbrüdern wir uns in The Sopranos mit dem Mafiaboss Tony Soprano und fiebern in The Shield mit, wenn es um das Schicksal korrupter Polizisten geht. Dagegen ist Jesus so spannend wie ein Streber, der dem Lehrer die Tasche trägt und immer seine Hausaufgaben macht. In der heutigen Zeit taugt er nicht mehr als Sensation, sondern nur noch als Sekundant: »Tingelt Jesus nicht längst als mittelmäßige Kirmesattraktion durch die Pop-Provinzen?«, fragte 2007 der Focus . »Mal verhilft er ›Ben Hur‹ zu ein paar Oscars, mal darf sich der auf Blut und Qualen versessene Mel Gibson an ihm versuchen, mal fabuliert sich Dan Brown mit seinem Jesus-Magdalena-Merowinger-Mix ein paar Millionen zusammen, mal lockt irgendjemand irgendwelche Fotografen zu irgendeiner Pressekonferenz, um dort zu verkünden, dass irgendein Steinkasten das wahre Grab des wahren Jesus sei.«
Nach Marketinggesichtspunkten hat Gottes Sohn offenbar seine Unique Selling Proposition 3 verloren, er ist austauschbar geworden. Die Geschichten über ihn konnten in unserer popkulturell geprägten Generation nie jene Wirkung entfalten, mit der sie ältere Semester begeistert haben. »Ich glaub, dass Jesus der absolute Freak ist, der anders denkt, der anders tickt als der Rest der Gesellschaft«, sagt Martin Dreyer, 45, Gründer der deutschen Jesus Freaks und Autor der Volxbibel. »Jesus ist Supermann, Jesus kann alles!« Stimmt das? Wer wie wir mit dem echten Superman, Batman und dem unglaublichen Hulk groß geworden ist, lässt sich von einem Heiler in saloppen Sandalen nicht so schnell beeindrucken. Wir machen einen Test – wie schneidet Jesus im Kräftemessen mit anderen Superhelden ab?
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Jesus vs. Der unglaubliche Hulk.
Der Superheldencheck
Jesus Christus
Superkräfte: Heilen, Auferstehen
Kennzeichen: Stigmata, Latschen
Gadgets: Hirtenstab, Holzkreuz
Image: Typ netter Schwiegersohn
Worte im Angesicht des Todes: »Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber.«
Herofaktor:
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John McClane
Superkräfte: Immer zur falschen Zeit am falschen Ort
Kennzeichen: Weißes Rippshirt, dreckverschmiert, immer stark verletzt
Gadgets: Kippen und Kanonen
Image: Nicht tot zu kriegen
Worte im Angesicht des Todes: »Yippie yah yeah, Schweinebacke!«
Herofaktor:
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James Bond
Superkräfte: Flirten
Kennzeichen: Maßanzug
Gadgets: Coole Autos, Spielzeuge von Q
Image: Testosteronjunkie
Worte im Angesicht des Todes: »Wodka-Martini, geschüttelt, nicht gerührt.«
Herofaktor:
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Der unglaubliche Hulk
Superkräfte: Panzerweitwurf, Superflummisprung
Kennzeichen: Grün
Gadgets: Geplatzte Hose
Image: Total verstrahlter Typ
Worte im Angesicht des Todes: »Machen Sie mich nicht wütend!«
Herofaktor:
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Alf
Superkräfte: Frisst Katzen, Schluckauf Marke Melmac
Kennzeichen: Achtzigerjahre-Frisur
Gadgets: Hawaii-Hemd
Image: Sonny Crockett mit Ganzkörperbehaarung
Worte im Angesicht des Todes: »Null Problemo!«
Herofaktor:
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Z u den Helden unserer Zeit verhält sich Jesus ein wenig wie der Musikantenstadl zu Marilyn Manson. Für Martin Dreyer bleibt dennoch sein Held der stärkste: »Mal ehrlich, wer hat die Welt so sehr verändert? Niemand vor ihm und niemand nach ihm. Bis heute sind viele Gesetze nach seinen Werten hin orientiert, die ganze westliche Welt ist von ihm wahnsinnig geprägt worden.« Dass unsere Kultur im Guten wie im Schlechten jahrhundertelang dem Einfluss des Christentums unterlag, ist freilich ein historischer Fakt. Es war einfach da. Orientierungshilfen für unser Leben finden wir dennoch inzwischen woanders: Wer den richtigen Groove für das urbane Großstadtleben sucht, sieht sich Sex and the City an, wer an der Modelkarriere schraubt, lässt sich von Heidi Klum beraten, und für eine ganze Generation allein erzogener Jungs ist Luke Skywalker der stille Bruder im Geiste, weil er erst nach über zwanzig Jahren erfährt, dass sein Vater eine röchelnde Maschine mit Allmachtsfantasien ist.
Aber die Bibel ist natürlich viel mehr als
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