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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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durchgegangen, während der stilisierten Grillparty, die als nostalgische Plauderei über alte Zeiten getarnt war, und man hatte mich in meinem neuen Sleeve als den Menschen bestätigt, der ich zu sein behauptete. Das war hier also nicht das Problem.
    Ich räusperte mich.
    »Weißt du, Mari, du hättest jederzeit mitkommen können. Allerdings ist Sanction IV ein ganz anderer Planet. Es gibt dort keine Gezeiten, und der Ozean ist so platt wie deine Brust. Also kann ich nicht sagen, welchen Nutzen du dort für mich gehabt hättest.«
    Diese Beleidigung war genauso ungerecht wie komplex. Mari Ado, Ex-Mitglied der Kleinen Blauen Käfer, war in verschiedenen rebellischen Rollen, die nichts mit der Wellenreitkunst zu tun hatten, durchaus kriminell kompetent, und sie war körperlich keineswegs schlechter ausgestattet als die meisten übrigen anwesenden Frauen, Virginia Vidaura eingeschlossen. Aber ich wusste, dass sie im Hinblick auf ihre Figur sehr empfindlich sein konnte, und im Gegensatz zu Virginia oder mir hatte sie den Planeten nie verlassen. Demzufolge bezeichnete ich sie gerne als Provinztölpel, als Dummsurferin, als billige Quelle für sexuelle Dienstleistungen und als sexuell unattraktiv gleichzeitig. Zweifellos hätte Isa, wäre sie anwesend gewesen, vor Entzücken gejuchzt.
    Ich selbst reagierte immer noch etwas empfindlich, wenn es um Sanction IV ging.
    Ado blickte sich über den Tisch zum großen Eichenlehnstuhl am Ende um. »Wirf dieses Arschgesicht raus, Jack.«
    »Nein.« Er sprach tief und schleppend, fast wie im Schlaf. »In diesem Stadium noch nicht.«
    Er hatte sich fast horizontal auf den dunklen Holzstuhl gefläzt, die Beine lang ausgestreckt, das Gesicht nach vorn hängend, die offenen Hände in seinem Schoß locker aufeinander gepresst, als würde er versuchen, in seiner Handfläche zu lesen.
    »Er ist unverschämt, Jack.«
    »Das warst du genauso.« Brasil rollte sich zusammen und beugte sich vor. Sein Blick traf meinen. Leichter Schweiß perlte auf seiner Stirn. Ich erkannte den Grund. Trotz des neuen Sleeves hatte er sich kaum verändert. Er hatte seine schlechten Angewohnheiten nicht aufgegeben.
    »Aber ihre Frage ist berechtigt, Kovacs. Wieso wir? Warum sollten wir so etwas für dich tun?«
    »Ihr wisst verdammt genau, dass es nicht für mich ist«, log ich. »Wenn die Quellisten-Ethik auf Vchira nicht mehr am Leben ist, sagt mir, wo, zum Henker, ich sonst danach suchen soll. Denn die Zeit wird allmählich knapp.«
    Ein Schnaufen vom anderen Ende des Tisches. Ein junger Surfer, den ich nicht kannte. »Mann, du weißt ja nicht mal, ob es wirklich Quell ist! Schau dich an, du glaubst ja selber nicht dran. Du willst, dass wir es mit der Harlan-Familie aufnehmen, nur weil irgendeine DeCom-Psychoschlampe eine Macke in ihrem versauten Gehirn hat? Nie im Leben, sam.«
    Es gab leises Gemurmel, das ich als Zustimmung interpretierte. Aber die Mehrheit schwieg und beobachtete mich weiter.
    Ich suchte den Blick des jungen Surfers. »Und wie lautet dein Name?«
    »Für dich höchstens Leck-mich, sam!«
    »Das ist Daniel«, sagte Brasil gelassen. »Er ist noch nicht lange bei uns. Ja, was du siehst, ist sein wahres Alter. Und was du hörst, befürchte ich.«
    Daniel errötete und fühlte sich verraten.
    »Das ändert nichts an den Tatsachen, Jack. Wir reden hier über Rila. Da ist noch niemand ohne Einladung reingekommen.«
    Ein Lächeln sprang wie ein kleiner Blitz von Brasil auf Virginia Vidaura und von ihr zu Sierra Tres über. Selbst Mari Ado gluckste mürrisch in ihre Kaffeetasse.
    »Was? Scheiße, was?«
    Ich achtete sorgfältig darauf, nicht mitzugrinsen, während ich Daniel ansah. Wir brauchten ihn vielleicht noch. »Ich fürchte, dass du tatsächlich dein Alter durchschimmern lässt, Dan. Nur ein klein wenig.«
    »Natsume«, sagte Ado, als würde sie einem Kind etwas erklären. »Bedeutet dir dieser Name irgendwas?«
    Der Blick, den sie sich einfing, besagte alles.
    »Nikolai Natsume.« Brasil lächelte erneut, diesmal für Daniel. »Mach dir keine Sorgen, du bist ein paar hundert Jahre zu jung, um dich an ihn erinnern zu können.«
    »Das ist eine wahre Geschichte?«, hörte ich jemanden murmeln und spürte, wie eine seltsame Traurigkeit in mir emporkroch. »Ich dachte, das wäre nur ein Propagandamythos.«
    Eine Surferin, die ich auch nicht kannte, drehte sich auf ihrem Stuhl herum und sah Jack Soul Brasil mit Widerspruch im Gesicht an. »He, Natsume ist nie reingekommen.«
    »Doch, ist er«,

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