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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Möglichkeit, dorthin zurückzukehren.
    Er schien reden zu wollen.
    »Du hast so etwas wirklich noch nie gemacht? Nicht einmal in Newpest?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich weiß, wie man vom Brett fällt, falls du das meinst. War während einiger Sommer an den Stränden in der Umgebung, als ich noch ein Kind war. Dann schloss ich mich einer Gang an, die strikt subaqua war. Du weißt ja, wie das ist.«
    Er nickte. Vielleicht erinnerte er sich an seine eigene Jugend in Newpest. Oder er erinnerte sich an das letzte Mal, als wir dieses Gespräch geführt hatten, aber bei ihm war ich mir nicht sicher. Das letzte Gespräch lag über fünfzig Jahre zurück, und wenn man kein Envoy-Gedächtnis hatte, war das eine ziemlich lange Zeit, in der ziemlich viele Gespräche stattgefunden hatten.
    »Ganz schön blöd«, murmelte er. »In welcher Gang warst du?«
    »Bei den Riffkriegern. Ortsgruppe Hirata. Hauptsächlich. Frei tauchen heißt frei sterben. Lass den Dreck an der Oberfläche. Wir hätten Jungs wie euch fertig gemacht, sobald wir euch gesehen hätten. Wo warst du?«
    »Ich? Ach, ich habe mich für einen beschissenen Freigeist gehalten. Sturmreiter, Stehende Welle, Vchira-Abendchor. Und noch ein paar andere, an die ich mich kaum erinnere.« Er schüttelte den Kopf. »Wir waren so verdammt blöd.«
    Wir beobachteten die Wellen.
    »Wie lange bist du schon hier draußen?«, fragte ich ihn.
    Er streckte sich und legte den Kopf in den Nacken, die Augen im Sonnenlicht fest geschlossen. Ein Geräusch wie von einer schnurrenden Katze kam aus seiner Brust und steigerte sich schließlich zu einem glucksenden Lachen.
    »Hier auf Vchira? Ich weiß es nicht mehr, ich zähle die Tage nicht mehr. Müsste inzwischen ein knappes Jahrhundert sein, würde ich schätzen. Bin immer wiedergekommen.«
    »Und Virginia sagte, die Käfer hätten sich vor zwei Jahrzehnten aufgelöst.«
    »Ja, ungefähr. Wie ich schon sagte, Sierra streift gelegentlich noch durch die Gegend. Aber die meisten anderen von uns haben schon seit zehn oder zwölf Jahren nicht Schlimmeres als eine Strandrauferei erlebt.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass ihr nicht eingerostet seid.«
    Er warf mir erneut ein flüchtiges Grinsen zu. »Du scheinst von vielen Vermutungen auszugehen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich höre nur aufmerksam zu. Diese Sache wird sich auf uns alle auswirken, so oder so. Das hast du richtig erkannt. Du wirst dabei mitmachen, ganz gleich, was die anderen tun. Du weißt, dass es um etwas Ernstes geht.«
    »Ach ja?« Brasil legte sich mit dem Rücken in den Sand und schloss die Augen. »Dann werde ich dir etwas sagen, worüber du vielleicht einmal nachdenken solltest. Etwas, das du wahrscheinlich nicht weißt. Als die Quellisten damals gegen die Ersten Familien um die kontinentale Herrschaft über New Hokkaido gekämpft haben, wurde viel von Todesschwadronen der Regierung geredet, die angeblich gegen Quell und die anderen vom Planungskomitee eingesetzt wurden. So etwas wie das Gegenstück zu den Schwarzen Brigaden. Und weißt du, was sie getan haben?«
    »Ja, ich weiß.«
    Er öffnete blinzelnd ein Auge. »Du weißt es?«
    »Nein. Aber ich mag keine rhetorischen Fragen. Du willst mir etwas erzählen, also erzähl weiter.«
    Er schloss das Auge wieder. Ich hatte den Eindruck, dass in diesem Moment so etwas wie Schmerz über sein Gesicht hinwegzog.
    »Also gut. Weißt du, was Datenschrapnell ist?«
    »Klar.« Es war ein sehr alter Begriff, fast schon veraltet. »Billige Virenware. Steinzeitscheiße. Zusammengestückelte Fragmente aus Standardcode in einer Übertragungsmatrix. Man schleust sie in feindliche Systeme ein, und dort versuchen sie die Programmschleifen auszuführen, für die sie ursprünglich gedacht waren. Sie verstopfen den Betriebscode mit widersprüchlichen Befehlen. So lautet zumindest die Theorie. Wie ich gehört habe, funktioniert es nicht besonders gut.«
    Ich kannte die Schwächen dieser Waffe sogar recht gut aus eigener Erfahrung. Vor hundertfünfzig Jahren hatte der Widerstand auf Adoracion Datenschrapnell gesendet, um das Vorrücken der Envoys durch das Manzana-Becken zum Stocken zu bringen, weil es die letzte Bastion der Kämpfer war. Wir waren dadurch nicht nennenswert eingeschränkt worden. Die wilden Einzelkämpfe, die in den überdachten Straßen von Neruda folgten, hatten uns viel mehr wehgetan. Aber das musste ich Jack Soul Brasil, der mit seinem angenommenen Namen seine Vorliebe für eine planetare Kultur zum Ausdruck

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