Heiliger Zorn
Kurve, aber nicht so viel, wie mir lieb gewesen wäre, und brachte uns vom Highway herunter. Sand kochte unter der Gondel auf, zwischen den unregelmäßigen Brocken aus Beton und dem Felsboden, auf dem die Straße angelegt war. Für Fahrzeuge mit Graveffekt war die Pflasterung häufig eher ein Zeichen, wo der Weg verlief, als dass sie eine tatsächliche Oberfläche bildete. Und hinter der ersten Dünenreihe hatte man sich nur noch die Mühe gemacht, alle zehn Meter Markierungspfosten aus Illuminium und Kohlenstofffasern in den Boden zu treiben. Brasil nahm das Tempo zurück, bis wir gemächlich die markierte Spur entlangtrieben, die sich meerwärts durch die Sandlandschaft schlängelte. Ein paar verfallene Ballonkammern tauchten entlang der Route auf, viele klebten in unwahrscheinlichen Winkeln an den Bodenerhebungen. Es war nicht klar, ob irgendjemand darin lebte. Ein Stück weiter sah ich einen militärisch ausgerüsteten Skimmer, der unter einem Staubschutzzelt in einer flachen Senke parkte. Spinnenartige Wachhundsysteme erwachten rund herum und streckten sich wie Miniatur-Karakuri, als sie das Geräusch des Gondelmotors hörten oder vielleicht die Wärme registrierten, die wir abgaben. Sie hoben ein paar Gliedmaßen in unsere Richtung und beruhigten sich wieder, als wir vorbeifuhren.
Wir brachten die letzte Dünenreihe hinter uns, und Brasil ließ die Gondel mit einer seitlichen Kurve zum Meer anhalten. Er nahm den Helm ab, beugte sich über die Kontrollen und deutete den Dünenabhang hinunter.
»Da wären wir. Sagt es dir was?«
Vor langer Zeit hatte jemand einen gepanzerten Hoverlader den Strand hinaufgetrieben, ihn mit der Nase in die Dünen gerammt und dann offenbar einfach so zurückgelassen. Nun lag das Fahrzeug auf der zusammengebrochenen Schürze wie ein Sumpfpanther, der einer Beute aufgelauert hatte und dann unverhofft abgeschlachtet worden war. Die hinteren Steuerruder waren zu einem Winkel verbogen, der der vorherrschenden Windrichtung entsprach, und anscheinend in dieser Stellung festgeklemmt. Sand war in die Ritzen der Verkleidung eingedrungen und hatte sich an einer Seite der Schürze angehäuft, sodass die Aufbauten des Hovers wie die Spitze eines viel größeren Komplexes unter der Oberfläche wirkten. Die Kanonen an den Seiten reckten ihre Läufe in den Himmel, ein klares Anzeichen, dass die hydraulische Steuerung kaputt war. Die Achterluken waren wie zur Evakuierung herausgesprengt worden.
An der Seite des Zentralrumpfes, fast an der Blasenwölbung der Brücke, erkannte ich Spuren von Farbe. Schwarz und rot, in einem vertrauten Muster miteinander verwoben, das mich wie eine kalte Hand am Rückgrat berührte: die von der Zeit verwitterten Spuren eines stilisierten Quellcrist-Palmwedels.
»Auf gar keinen Fall.«
»Ja.« Brasil rutschte auf seinem Gondelsattel hin und her. »Stimmt.«
»Ist das Ding schon hier seit…?«
»Ja, so ziemlich.«
Wir fuhren mit der Gondel die Düne hinunter und stiegen neben dem Heck ab. Brasil schaltete den Motor aus, und das Gefährt versank wie ein gehorsames Siegel im Sand. Der Hover ragte über uns auf, das intelligente Metall sog die Wärme der Sonne auf, sodass in der Nähe ein leichte Kühle herrschte. An drei Stellen an der durchlöcherten Flanke führten Leitern vom Rand der Schürzenreling herunter und gruben sich in den Sand. Die Leiter am Heck, wo sich das Fahrzeug dem Boden entgegengeneigt hatte, war verbogen und verlief nun beinahe horizontal. Brasil missachtete sie und zog sich mit müheloser Grazie an der Schürzenreling aufs Deck. Ich verdrehte die Augen und machte es ihm nach.
Die Stimme erwischte mich, als ich mich aufrichtete.
»Das ist er also?«
Ich blinzelte in der Sonne und machte eine schmächtige Gestalt vor uns auf dem leicht schräg stehenden Deck aus. Er war etwa einen Kopf kleiner als Brasil und trug einen einfachen grauen Overall, dessen Ärmel an den Schultern abgeschnitten waren. Die Gesichtszüge unter dem spärlichen weißen Haar deuteten an, dass er mindestens die Sechzig erreicht haben musste, aber die bloßen Arme waren mit kräftigen Muskeln umstrickt und liefen in großen, knochigen Händen aus. In der sanften Stimme schwang eine verborgene Stärke mit, und in der Frage lag eine Anspannung, die an Feindseligkeit grenzte.
Ich trat vor zu Brasil. Spiegelte die Haltung des alten Mannes, der die Hände an den Seiten hängen ließ, als wären sie Waffen, die er vielleicht noch brauchte. Begegnete gleichgültig seinem
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