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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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endlich daran erinnert, wie sie aus ihrer Datenbank in meinen Kopf gelangt ist, wird sie in der Lage sein, wirklich mit ihnen zu reden. Und im Vergleich dazu wird die Verbindung, die ich habe, wie ein Morse-Code auf Buschtrommeln erscheinen.«
    »Ich dachte, sie wüsste nicht, wie man die Kommandosoftware benutzt.«
    »Weiß sie auch nicht. Noch nicht. Aber ich kann es ihr beibringen, Micky.«
    Auf Sylvie Oshimas Gesicht war eine eigenartige Ruhe, während sie sprach. So etwas hatte ich noch nie zuvor an ihr gesehen, weder in der Zeit, die wir zusammen in der Ungeräumten Zone verbracht hatten, noch danach. Es erinnerte mich an Nikolai Natsumes Gesicht im Kloster der Entsagenden, bevor wir gekommen waren und alles für ihn verdorben hatten – das Wissen um seine Bestimmung, über alle menschlichen Zweifel hinaus bestätigt. Der Einklang mit dem eigenen Tun, das ich seit Innenin nicht mehr erlebt hatte und voraussichtlich auch nie mehr erleben würde. Stattdessen spürte ich, wie eine distanzierte Form von Neid durch mich hindurchkroch.
    »Willst du ein DeCom-sensei werden, Sylvie? Ist das dein Plan?«
    Sie machte eine ungeduldige Geste. »Ich rede nicht davon, in der realen Welt zu unterrichten, ich rede von ihr. Unten im Kapazitätsgewölbe kann ich die Echtzeit-Ratio so weit hochschrauben, dass jede Minute Monate dauert, und dann kann ich ihr zeigen, wie man das hier macht. Es ist nicht wie die Jagd auf Mimints, dazu sind diese Dinge nicht da. Das habe ich erst jetzt erkannt. All die Zeit, die ich in der Ungeräumten Zone war, hat es sich im Vergleich zu jetzt angefühlt, als wäre ich nur halb aufgewacht. Dies hier fühlt sich an, als wäre es genau das, wozu ich geboren bin.«
    »Das ist die Software, die aus dir spricht, Sylvie.«
    »Ja, vielleicht. Und?«
    Darauf fiel mir keine Antwort ein. Stattdessen blickte ich zum Gravschlitten hinüber, auf dem Virginia Vidaura anstelle von Sylvie lag. Ich ging näher heran und hatte das Gefühl, als würde ich an einem Draht, der fest mit meinen Eingeweiden verbunden war, hingezogen werden.
    »Wird sie wieder auf die Beine kommen?«
    »Ich denke schon.« Sylvie löste sich ermattet vom Anlegepfeiler. »Eine Freundin von dir, was?«
    »Äh… etwas in der Art.«
    »Ja, die Gesichtsverletzung sieht schlimm aus. Könnte sein, dass der Schädelknochen gebrochen ist. Ich habe sie so vorsichtig wie möglich auf das Ding bugsiert und das System angeworfen, aber bisher hat es nicht mehr für sie getan, als sie ruhigzustellen, vermutlich als allgemeine Notmaßnahme. Hab noch keine Diagnose erhalten. Dazu müsste es wohl…«
    »Hmm?«
    Ich drehte mich zu ihr um und sah das graue Gehäuse auf dem höchsten Punkt der Flugbahn. Es war nicht mehr genug Zeit, um zu Sylvie zu gelangen, um etwas anderes zu tun als mich selbst zu Boden zu werfen, über den Gravschlitten zu hechten und seine spärliche Deckung zu nutzen. Militärausrüstung von Tseng musste wenigstens minimalen Anforderungen für den Kampfeinsatz genügen. Ich ging auf der anderen Seite zu Boden und drückte mich flach gegen das Dock, die Arme über dem Hinterkopf verschränkt.
    Die Granate explodierte mit einem seltsam gedämpften Krachen, und in meinem Kopf schrie etwas bei diesem Geräusch auf. Der Schlag einer leichten Schockwelle, die mein Gehör eindellte. Im verschwommenen Summen, das darauf folgte, war ich sofort wieder auf den Beinen, ohne mir die Zeit zu nehmen, mich auf Verletzungen zu untersuchen. Knurrend wirbelte ich zu ihm herum, als er am Kai aus dem Wasser stieg. Ich hatte keine Waffe dabei, aber ich schoss hinter den Gravschlitten hervor, als hätte ich welche in beiden Händen.
    »Das war schnell«, rief er. »Ich dachte, ich würde euch beide erwischen.«
    Seine Kleidung war nach dem Schwimmen klitschnass, und über seine Stirn zog sich eine lange Platzwunde, die im Wasser rosa und blutleer geworden war, aber die Haltung des gelbhäutigen Sleeves war nicht beeinträchtigt. Das schwarze Haar war immer noch lang und hing verworren bis zu den Schultern herab. Er schien nicht bewaffnet zu sein, aber er grinste mich trotzdem an.
    Sylvie lag zusammengebrochen auf halber Strecke zwischen dem Wasser und dem Schlitten. Ihr Gesicht konnte ich nicht sehen.
    »Ich werde dich jetzt töten, verdammt«, sagte ich kalt.
    »Ja, versuch es nur, alter Mann.«
    »Weißt du eigentlich, was du gerade getan hast? Hast du auch nur die leiseste Scheißahnung, wen du soeben getötet hast?«
    Er schüttelte in gespielter

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