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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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mich altklug an. »Weißt du, wie viele Berichte es gibt, wie viele Leute ich kenne, mit wie vielen ich geredet habe, die Mimints gesehen haben, für die es keine verdammten Beschreibungen im Archiv gibt? Dieser ganze Kontinent ist ein Experiment, Mann, und wir sind nur ein winziger Teil davon. Und die Chefin da ist gerade ins Rattenlabyrinth geschmissen worden.«
    Neue Unruhe an der Tür – Orr und Jadwiga waren gekommen, um zu sehen, was das Geschrei sollte. Der Hüne schüttelte den Kopf.
    »Las, du solltest dir wirklich diese Schildkrötenfarm unten in Newpest kaufen, von der du dauernd quatschst. Verbarrikadier dich und red mit den Eiern.«
    »Fick dich selber, Orr.«
    »Nein, fick du dich selber, Las. Das hier ist eine ernste Sache.«
    »Geht es ihr noch nicht besser, Ki?« Jadwiga näherte sich dem Monitor und legte Kiyoka eine Hand auf die Schulter. Ihr neuer Sleeve basierte äußerlich, genau wie meiner, auf dem Basis-Chassis für Harlans Welt. Die teils slawische, teils japanische Abstammung brachte schonungslos schöne Wangenknochen, Lidfalten in den Augenwinkeln, jadegrüne Augen und einen breiten, geschwungenen Mund hervor. Um den Anforderungen der Kampfbiotech gerecht zu werden, handelte es sich um muskulöse Körper mit großer Reichweite, aber das ursprüngliche Genmaterial ließ diese Eigenschaften erstaunlich feingliedrig ausfallen. Die Hautfarbe der Sleeves war ein vom langen Tankaufenthalt und fünf Wochen miesem New-Hok-Wetter ausgebleichtes Braun.
    Als ich Jad den Raum durchqueren sah, fühlte es sich beinahe so an, als ginge ich an einem Spiegel vorbei. Wir hätten Bruder und Schwester sein können. Physisch gesehen waren wir Bruder und Schwester – die Klonbank im Bunker hatte fünf verschiedene Module, und in jedem befand sich ein Dutzend Sleeves, die man aus demselben Genmaterial gezüchtet hatte. Es hatte sich herausgestellt, dass es für Sylvie am einfachsten war, nur ein Modul zum Laufen zu bringen.
    Kiyoka griff sich an die Schulter und nahm Jadwigas neue, langfingrige Hand, aber es war eine bewusste, beinahe zögernde Bewegung. Ein klassisches Resleeving-Problem. Die Mischung der Pheromone ist niemals die gleiche, und insgesamt bauten einfach zu viele sexuelle Beziehungen auf so etwas auf.
    »Sie ist völlig hinüber, Jad. Ich kann nichts für sie tun. Ich wüsste nicht mal, wo ich anfangen sollte.« Kiyoka deutete erneut auf das Datengitter. »Ich hab einfach keine Ahnung, was da drinnen vorgeht.«
    Stille. Alle starrten auf den Farbsturm im Datengitter.
    »Ki.« Ich zögerte, wog meinen Einfall ab. Ein Monat gemeinsamer DeCom-Operationen hatten mich mehr oder weniger zu einem Teil des Teams gemacht, aber zumindest Orr sah in mir noch immer einen Außenseiter. Bei den anderen hing es von ihrer Stimmung ab. Lazlo, der normalerweise ein Ausbund an Kameradschaftlichkeit war, neigte zu gelegentlichen Anfällen von Paranoia, worauf ihm meine ungeklärte Vergangenheit plötzlich verdächtig undurchsichtig erschien. Mit Jadwiga verband mich etwas, aber das lag wahrscheinlich an der genetischen Nähe unserer Sleeves. Und Kiyoka konnte morgens ein echtes Biest sein. Bei keinem von ihnen war ich mir sicher, wie sie reagieren würden. »Gibt es irgendeine Möglichkeit, die Notunterbrechung auszulösen?«
    »Wie bitte?« Natürlich Orr.
    Kiyoka blickte mit sichtlichem Unbehagen auf. »Wir haben Chemikalien, mit denen das machbar wäre, aber…«
    »Ihr nehmt ihr, verdammt noch mal, nicht das Haar weg!«
    Ich stand von der Bettkante auf und stellte mich vor den Hünen. »Und wenn das, was im Haar ist, sie umbringt? Wäre sie dir langhaarig und tot lieber?«
    »Halt deine Drecksfress…«
    »Orr, er hat nicht ganz Unrecht.« Jadwiga schob sich zwischen uns. »Wenn Sylvie sich was von der Koop eingefangen hat, und wenn ihre eigenen Anti-Viren-Systeme es nicht bekämpfen, dann ist das genau der Fall, für den die Notunterbrechung da ist, nicht wahr?«
    Lazlo nickte energisch. »Das ist vielleicht ihre einzige Chance, Mann.«
    »So was ist früher auch schon passiert«, erwiderte Orr stur.
    »Denkt mal an letztes Jahr im Iyamon-Canyon. Sie war stundenlang bewusstlos, hat geglüht wie ein Ofen, und als sie aufgewacht ist, ging es ihr bestens.«
    Ich beobachtete, wie sie Blicke tauschten. Nein. Nicht gerade bestens.
    »Wenn ich die Notunterbrechung einleite«, sagte Kiyoka langsam, »weiß ich nicht, wie viel Schaden ihr das vielleicht zufügt. Was auch immer da drinnen vorgeht, sie ist voll und ganz

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