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Heiliger Zorn

Heiliger Zorn

Titel: Heiliger Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
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Quellistenhorchpostens die Funkkanäle nach freundlich gesinnten Lebewesen in der Ungeräumten Zone abzusuchen. Mit feinen elektronischen Fühlern tasteten sie den Kontinent ab, saßen übermüdet und chemisch aufgeputscht im Gegenlicht ihrer tragbaren Bildschirme und verfolgten blasse Spuren. Von dort, wo ich stand, sah es fast wie eine U-Boot-Jagd aus einem der alten Alain-Marriott-Experiafilme aus – Polarbeute oder Die Jagd in der Tiefe. Für die DeComs lag es in der Natur ihrer Arbeit, dass sie nicht besonders viel Langstreckenkommunikation pflegten. Das Risiko war zu groß, dass ein Mimint-Artilleriesystem oder ein marodierendes Rudel Karakuri-Aasgeier das Signal auffing. Elektronische Übertragungen über größere Entfernungen beschränkten sich auf ein absolutes Minimum – sie gingen höchstens tröpfchenweise durch den Needlecast, und meistens dienten sie dem Zweck, Ansprüche auf Abschussprämien registrieren zu lassen. In der übrigen Zeit wahrten die Teams größtenteils Funkstille.
    Größtenteils.
    Aber mit Geschick und Feingefühl konnte man das Flüstern lokal begrenzter Netzkommunikation zwischen den Mitgliedern eines Teams ertasten – die flackernden Spuren elektronischer Aktivität, die die DeComs hinter sich herzogen wie ein Raucher den Zigarettengeruch in seiner Kleidung. Mit noch etwas mehr Geschick konnte man den Unterschied zwischen diesen Spuren und Mimint-Signalen erkennen, und mithilfe der richtigen Verschlüsselungscodes ließ sich Kontakt aufnehmen. Es dauerte bis kurz vor Morgengrauen, aber schließlich war es Jad und Lazlo gelungen, Verbindung zu drei anderen DeCom-Teams herzustellen, die zwischen uns und dem Landkopf ihrer Arbeit in der Ungeräumten Zone nachgingen. Codierte Needlecasts zwitscherten hin und her, bestätigten Identitäten und Sicherheitsprotokolle, und Jadwiga lehnte sich mit einem breiten Tetrameth-Grinsen auf den Lippen zurück.
    »Schön, wenn man Freunde hat«, sagte sie in meine Richtung.
    Nachdem die drei Teams gehört hatten, worum es ging, erklärten sie sich, wenn auch nicht einhellig begeistert bereit, uns innerhalb ihres Operationsradius Rückendeckung zu geben. Unter DeComs war es mehr oder weniger ungeschriebenes Gesetz, sich in der Ungeräumten Zone wenigstens so weit beizustehen – man wusste schließlich nie, wann es einen selbst erwischte. Allerdings führte die konkurrenzbedingte Distanziertheit dazu, dass man sich eher zähneknirschend an solche Regeln hielt. Die Positionen der ersten beiden Teams zwangen uns zu einem langen, kurvenreichen Umweg, und beide zeigten sich mürrisch und unwillig, uns entweder entgegenzukommen oder uns weiter nach Süden zu eskortieren. Mit dem dritten Team hatten wir Glück. Oishii Eminescu lagerte mit neun schwer bewaffneten und gut ausgerüsteten Kollegen zweihundertfünfzig Kilometer nordwestlich von Drava. Er bot uns sofort an, weiter nach Norden zu ziehen, um uns aus dem Deckungsradius des vorhergehenden Teams abzuholen und uns anschließend bis zum Landkopf zu begleiten.
     
    »Die Wahrheit ist, dass wir die Pause gebrauchen können«, erklärte er mir, als wir gerade auf dem mittleren Platz seines Lagers standen und zusahen, wie das Tageslicht aus einem weiteren kurzen Winternachmittag sickerte. »Kasha hat sich immer noch nicht ganz vom Noteinsatz am Abend vor eurer Ankunft in Drava erholt. Sie behauptet, es ginge ihr gut, aber wenn wir im Einsatz sind, spürt man in der Verdrahtung, dass sie eigentlich noch nicht in Ordnung ist. Und die anderen sind auch ziemlich kaputt. Außerdem haben wir im letzten Monat drei Cluster und gut zwanzig autonome Einheiten erledigt. Das reicht fürs Erste. Man soll nichts übertreiben.«
    »Klingt verdammt rational.«
    Er lachte. »Du darfst Sylvie nicht zum Maßstab für uns alle nehmen. Nicht jeder DeCom ist so getrieben.«
    »Ich dachte, das Getriebensein gehört bei euch zum Job. DeCom bis zum Anschlag und so weiter.«
    »Ja, das alte Lied.« Er verzog das Gesicht. »Das machen sie den Frischlingen weis, und die Software verleitet einen natürlich ein bisschen zum Übertreiben. Daher die Verlustraten. Aber letztlich ist es nur Software. Nur die Verdrahtung, sam. Und wenn man sich von seiner Verdrahtung sagen lässt, was man tun und lassen soll, was ist man dann eigentlich für ein Mensch?«
    Ich blickte zum dunkler werdenden Horizont. »Ich weiß es nicht.«
    »Man muss über dieses Zeug hinausdenken, sam. Sonst bringt es einen irgendwann um.«
    Jemand ging auf der anderen

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