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Heiliges Feuer

Heiliges Feuer

Titel: Heiliges Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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musste sie aufhören zu atmen. Man würde ihre Lungen mit einer sterilisierenden, sauerstoffangereicherten Silikonmischung füllen. Diese beiden Prozesse würden den Großteil der körpereigenen Bakterien abtöten.
    Als drittes musste sie aufhören zu denken. Die Blutbarriere zum Gehirn würde von den Schädelkapillaren losgeschabt werden, und die Gehirnflüssigkeit würde durch eine sterilisierende Salzlösung ersetzt werden. Dies hatte tiefe Bewusstlosigkeit zur Folge.
    Als Nächstes musste sie aufhören, sich wie ein ausgereiftes Lebewesen zu verhalten, was gar nicht so leicht zu bewerkstelligen war. Man würde Mia wie einen Embryo in einen Tank mit einer zähen Flüssigkeit stecken. Ihr Stoffwechsel würde durch eine frisch angebrachte Nabelschnur vonstatten gehen. Haar und Haut würden sich ablösen. Blutkreislauf und Lymphsystem würden für die verbleibende Zeit der Behandlung dem Tank gegenüber offen sein. Die Produktion der roten Blutkörperchen würde eingestellt und das Plasma durch eine strohfarbene Flüssigkeit ersetzt werden, die allein für Säugetierzellen ungiftig war. Sämtliche Schmarotzerorganismen im menschlichen Körper mussten zerstört werden.
    Sobald die Bakterien vollständig zerstört wären, würde die Jagd auf Viren und Prionen eröffnet. Es würde etwa eine Woche dauern, um die genetische Menagerie der im Körper befindlichen Viren aufzuspüren und zu zerstören. Drei Wochen würde es dauern, den riesigen Kosmos der einstmals unverdächtigen menschlichen Prionen zu zerstören. Diese bösartigen Proteine würden vor allem durch magnetische Resonanztechniken zerlegt werden.
    Wäre dies vollbracht, hätte Mia sich in einen vollkommen antiseptischen Organismus verwandelt, der in einer fruchtwasserartigen Gelkultur schwamm.
    Dann würden die DNS-Behandlungen beginnen. Die interzelluläre Reparatur machte die radikale Lockerung der intrazellulären Bindungen erforderlich, um auf diese Weise den Zugang durch die Zelloberfläche des Körpers als Ganzem zu erleichtern. Der hautlose Körper würde teilweise mit dem Stützgel verschmelzen. Der fluidierte Körper würde auf das zweieinhalbfache Volumen anschwellen.
    Zu diesem Zeitpunkt konnten sich flexible Plastikschläuche ins Körperinnere schlängeln. Der hautlose, aufgeblähte, larvenhaft fötalisierte und mit Schläuchen gespickte Körper würde einer chinesischen Elfenbeinpuppe ähneln, wie sie bei der Darstellung von Akupunkturpunkten Verwendung fand.
    Im Mark der beiden Oberschenkelknochen und der Wirbelsäule sowie in den Hirnkammern, den Sehnen und anderen tiefliegenden Bereichen würden spezielle Prozeduren stattfinden. Toxische Abfallprodukte und mineralische Ablagerungen in den Arterien, der Gallenblase und dem Lymphsystem - zumal die metabolisch relevanten Ablagerungen in der Zirbeldrüse - würden reduziert oder vollständig beseitigt werden.
    Auf genetischer Ebene würde man Mias Zellen nach kumulativen Replikationsfehlern absuchen. Präkanzerogene und/oder verschlackte Zellen würden mit künstlichen Antikörpern markiert und Opfer einer programmierten Apoptose werden. Etwa 15 Prozent der Körperzellen würden in diesem Stadium absterben und von künstlichen Phagozyten entfernt werden. Allein dieser Vorgang würde mehr als einen Monat in Anspruch nehmen.
    Die überlebenden Zellen würden anschließend zu neotelomerischem Wachstum angeregt werden. Die telomerischen Enden der Chromosomen waren eine genetische Uhr und nutzten sich in dem Maße ab, wie die menschliche Zelle sich der maximal möglichen Anzahl der Replikationen annäherte. Neues telomerisches Material würde in die Chromosomen eingefügt werden, um den alternden Zellen vorzugaukeln, sie seien wieder jung. Sodann würden die Zellen sich in der Nährlösung hektisch replizieren, und der Körper würde 15 Prozent seines verlorenen Gewichts zurückgewinnen.
    Das rasche Wachstum in einem Flüssigkeitstank ähnelte stark dem fötalen Wachstum. Man musste damit rechnen, dass es dabei zu Anomalien kam, zumal in den ausgewachsenen Gelenken und der Muskulatur. Dies war der Preis für das Bad im Jungbrunnen.
    Der Erholungsprozess brachte Schwierigkeiten ganz eigener Art mit sich. Die Haut musste nachwachsen, Wirtsbakterien mussten behutsam in den Körper eingeschleust werden, die im Körper befindlichen Lösungen mussten sorgfältig gegen körpereigene Flüssigkeiten ausgetauscht werden. Es war völlig ungewiss, wann der Patient das Bewusstsein wiedererlangen oder welche

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