Heimat Mars: Roman (German Edition)
die Zeit drängt. Wir möchten gern hören, welcher Fortschritt Richtung Vereinigung in den nächsten fünf Jahren auf dem Mars zu erwarten ist.«
»Dem Fortschritt«, antwortete Bithras, »steht einiges im Wege. Und nicht alles haben Marsianer zu verantworten.«
»Würden Sie das bitte näher ausführen?«
Bithras erläuterte die komplizierten Verflechtungen zwischen Finanzen und Politik der BGs. Bis jetzt waren etwa zwei Prozent aller Ressourcen des Mars erschlossen. Konzerne, deren Muttergesellschaften auf der Erde angesiedelt waren und die BG-Töchter auf Mars und Mond hatten, kontrollierten auf dem Mars rund fünfzehn Prozent des Kapitals und zehn Prozent der erschlossenen Ressourcen. Mars-BGs suchten häufig außerhalb des Mars, innerhalb des Dreierbundes, nach Investoren, gingen zu diesem Zweck zeitlich befristete Verträge ein und räumten den Kapitalgebern von außen sogar eine bestimmte Mitsprache bei internen Angelegenheiten ein. Anscheinend hatte alle Welt einen Finger im Kuchen des Mars. So viele unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen, war mehr als schwierig, es war ein Albtraum. Und das alles wurde noch dadurch verschlimmert, dass sich die gesunden und gewinnträchtigen BGs weigerten, sich einer zentralen Autorität unterzuordnen.
»Sind die Mars-BGs der Auffassung, dass sie unveräußerliche Rechte besitzen? Genauer gesagt: kollektive Rechte, ganz unabhängig von den individuellen Bedürfnissen ihrer einzelnen Mitglieder?«, fragte Senator Mendoza aus Utah.
»So anmaßend sind sie nicht«, antwortete Bithras. »Die Bindenden Gruppen ähneln eher Gruppen kleiner Geschäftsleute oder Familien als Konzernen in Arbeiterhand nach dem Muster der Erde. Alle Familienmitglieder besitzen Anteile, aber sie können diese Anteile nicht an irgendein Unternehmen von außen verkaufen. Familienmitglied wird man durch Geburt, Heirat oder persönliche Entscheidung. Wenn man durch Heirat oder aufgrund persönlicher Entscheidung die Familienzugehörigkeit wechselt, verlässt man die alte BG und schließt sich der neuen an. Innerhalb der Familie gibt es nur den Austausch von Arbeitseinheiten, Geld im eigentlichen Sinne gibt es nicht … Über alle Investitionen, die außerhalb der Familie getätigt werden, entscheiden die für Finanzen zuständigen Geschäftsführer.«
Die Senatoren schienen sich zu langweilen. Bithras kam schnell zum Ende seiner Ausführungen: »Ich bin sicher, dass Ihnen diese Prinzipien bekannt sind … Dieselben Prinzipien gelten ja auch auf dem Mond und in den Gürteln.«
»Wenn man ein Muster erkannt hat, sollte man doch auch in der Lage sein, es zu verändern«, sagte Mendoza.
»Unser Zeuge hat uns soeben bestätigt, dass es gewisse Widerstände gibt«, bemerkte Senator Wang aus Kalifornien und sah seine Kollegen mit hochgezogenen Brauen an.
»Auch Mr. Majumdars eigene Bindende Gruppe hat der Zusammenarbeit, die darauf abzielte, die Vereinigung voranzutreiben, einigen Widerstand entgegengesetzt«, sagte Juarez Sommers. »Vielleicht kann er uns Aufschluss darüber geben, worauf sich dieses Widerstreben gründete und welche Möglichkeiten er sieht, neue gesellschaftliche Strukturen zu etablieren.«
Bithras neigte den Kopf zur Seite und lächelte. Er reagierte damit auf die plötzliche Charakterisierung als Zeuge wider Willen. »Wir haben lange und schwer daran gearbeitet, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Wir verhalten uns so, wie sich eigensinnige Individuen in einem Klima verhalten, in dem es um den Vorteil jedes Einzelnen – und damit um den Vorteil aller geht. Selbstverständlich möchten wir unser Schicksal und unser Leben nicht in die Hände von Kräften legen, die uns gegenüber nicht direkt rechenschaftspflichtig sind.«
»Ihre Bindenden Gruppen haben sich seit Jahrzehnten etwas vorgemacht«, sagte Senator Joe Kim aus dem Grünen Idaho. »Wollen Sie wirklich behaupten, dass der Mars so funktioniert – dass es jeder einzelne direkt mit den Entscheidungsinstanzen der Familie zu tun hat?«
»Nein«, räumte Bithras ein.
»Bestimmt haben Sie doch ein Rechtssystem, das alle BGs als verbindlich ansehen. Wie verfahren Sie denn mit Ihren Nicht-Therapierten, mit den Nicht-Angepassten?«
»Sind wir nicht ein bisschen vom Thema abgekommen, Senator?«, fragte Bithras lächelnd.
»Tun Sie mir den Gefallen, und beantworten Sie die Frage«, sagte Kim und warf einen Blick auf das Kom, das vor ihm stand.
Bithras tat ihm den Gefallen. »Auch solche Menschen haben
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