Heimat Mars: Roman (German Edition)
Sommers. Die Diskussion wandte sich Spezialfragen zu, die dazu noch belanglos waren. Weitere zehn Minuten vergingen damit, dass die Senatoren Bithras Fragen stellten, deren Antworten sie offensichtlich längst in den Speichern ihrer Koms finden konnten.
Das Spielchen ärgerte mich zunehmend, aber es langweilte mich auch.
Die erste Anhörung führte zu keinerlei Ergebnis und dauerte siebenundvierzig Minuten.
Die nächste Anhörung, die am Folgetag in gleicher Besetzung stattfand, dauerte fünfzehn Minuten. Man gewährte uns vor der letzten Anhörung eine Atempause von einer Woche, aber keinen Hinweis darauf, ob wir je mit dem ganzen Ausschuss zusammentreffen würden.
Bisher war Bithras noch nicht gebeten worden, seine Vorschläge darzulegen. Anscheinend waren sie den Senatoren egal. Wir hatten inzwischen alles über uns ergehen lassen: höfliche, aber unangenehme Hänseleien, milde, versteckte Drohungen und auffallend harmlose Fragen.
Am Abend unserer zweiten Anhörung genossen Allen und ich gemeinsam eine Auffrischung unserer Bichemie und Bier. Bithras schlief in seinem Zimmer.
»Was haben sie deiner Meinung nach vor?«, fragte ich.
Allen schloss erschöpft die Augen, lehnte sich im Sessel zurück und streckte die Beine lang. »Unsere Zeit verplempern.«
»Sie verhalten sich nicht so, als ob sie einen Plan hätten«, sagte ich.
»Sie reißen sich überhaupt kein Bein aus«, meinte Allen.
»Kann einen schon wütend machen.«
»Nein. Es ist nur Tarnung. Ein Ablenkungsmanöver.«
»Was meinst du mit Ablenkungsmanöver?« Bithras kam im Schlafanzug und mit zerzaustem Haar herein und rieb sich wie ein kleiner Junge die Augen. »Gib mir was davon«, sagte er und deutete auf die bichemische Packung. »Meine Gelenke tun mir weh.«
»Haben wir dich geweckt?«
»Durch diese Wände hindurch? Da drinnen ist’s so still wie im Grab. Ich hatte einen schrecklichen Albtraum. Ich hasse Sims.«
Wir wussten gar nicht, dass er mit irgendwelchen Simulationen herumexperimentiert hatte. Bithras setzte sich. Allen füllte ein Glas für ihn, dessen Inhalt er mit ziemlichem Theater hinunterstürzte. »Ja, wirklich«, sagte er. »Ich habe mich gestern Abend von Miriam zu einer gemeinsamen Simulationssitzung überreden lassen. Es war grässlich.«
Ich fragte mich, welcher Art diese gemeinsame Simulation wohl gewesen sein mochte.
»Wir haben uns über die Anhörungen unterhalten«, sagte Allen.
»Du hast ein Ablenkungsmanöver erwähnt. Glaubst du, diese Anhörungen sind nur ein Scheinmanöver?«
»Ich hab da einen Verdacht.«
»Ja?«
»GOWA.«
Bithras warf Allen einen mürrischen Blick zu. »Treffen mit Vertretern von GOWA sind gar nicht vorgesehen.«
»Weil wir nur kleine Fische sind?«, fragte Allen.
Ich blickte überhaupt nicht mehr durch. »Und was ist mit …?«, fing ich an, aber Bithras hob die Hand.
»Wang und Mendoza agieren im Ständigen Ausschuss des Senats beide als Repräsentanten von GOWA. Sie vertreten die regierende Mehrheitspartei und die Opposition.«
Allen nickte.
»Meine Herren, ich verstehe nur noch Bahnhof«, warf ich ein.
Bithras wandte sich mir zu, als sei ich ein Kind: »Aus gut unterrichteten Kreisen wurde bestätigt, dass die Vereinigten Staaten alle die Raumfahrt betreffenden Angelegenheiten der GOWA übertragen wollen. Bindende Gruppen, die Verträge und Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten haben, werden künftig wohl direkt der GOWA unterstellt sein.«
»Welchen Unterschied würde das für uns machen?«, fragte ich.
»Die GOWA, als Ganzes betrachtet, geht bei der Erforschung des Weltraums weitaus aggressiver als die Vereinigten Staaten vor. Und sie befasst sich auch viel intensiver als jedes andere Bündnis damit. Allerdings sind in der Großen Ost-West-Allianz auch viele kleinere Nationen und Unternehmen vertreten, die überhaupt nicht in die Raumfahrt investiert haben. Und die wollen Kapitalanteile. Falls sich der Mars vereinigt, müssen wir ganz neue Beziehungen zur GOWA knüpfen … Ihre kleineren Partner würden von uns verlangen, dass wir ihnen ein Stück von unserem Kuchen abgeben. Verkaufen. Und sie würden uns im Gegenzug anbieten …« Bithras kniff sich in die Nase und machte die Augen zu, um sich zu konzentrieren. »Was … was würden sie uns wohl anbieten?«
» Quid pro quo «, antwortete Allen.
» Quid pro quo. Eine gewisse Gegenleistung. Wir gewähren ihnen einen größeren Anteil an unserem Kuchen – unseren Beteiligungen bei der Erschließung der
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