Heimat Mars: Roman (German Edition)
exotisch. Ein Musiker aus Hawaii und drei junge Frauen mit eng anliegenden schwarzen Kappen stahlen Allen und mir weitgehend die Schau. Den Mann kannte ich aus Nachrichtensendungen, er hieß Attu. Er war hager, lebhaft und trug einen streng geschnittenen schwarzen Anzug. Er hatte sein Bewusstsein mit den drei in hauchdünnes Weiß gehüllten Frauen verbunden, die er ›Schwestern‹ nannte. Alle zehn Minuten kamen sie wieder zusammen, fassten einander bei den Händen und tauschten all ihre Erfahrungen aus. Die Frauen sprachen nie. Attu war ihr Sprachrohr. Ich ging ihnen aus dem Weg. Diese Art von Intimität (und die männliche Dominanz, die hier meiner Meinung nach zum Ausdruck kam) war mir unheimlich. Ich fragte mich, warum Miriam sie überhaupt eingeladen hatte.
Der Abend näherte sich seinem Ende, die ersten Gäste brachen schon auf, als ich sah, wie sich einer der pakistanischen Männer an Miriam wandte. Miriam stellte sich auf die Zehenspitzen, schaute sich um, schüttelte den Kopf und machte sich auf die Suche nach einem Gast. Ich brauchte nicht viel Intuition, um zu erraten, dass es um Bithras ging.
Ich löste mich aus einer Gruppe von Bankern und bahnte mir den Weg zu einem Gang, der zu mehreren kleineren Zimmern führte. Ich wollte in nichts Privates hereinplatzen, hatte aber ein ungutes Gefühl.
Plötzlich ging eine Tür auf, ich stieß mit einer der pakistanischen Frauen zusammen. Mit gehetztem, wütenden Blick raste sie in ihrem langen grauen Gewand an mir vorbei. Gleich darauf kam Bithras aus dem Zimmer. Er biss sich mit starrem Blick auf die Unterlippe, ging an mir vorbei und sagte: »Hat nichts zu bedeuten.«
Die Pakistanis sammelten sich in der Nähe des Haupteingangs und redeten aufgeregt miteinander. Sie musterten die Gesichter der verbliebenen Partygäste, dann fiel ihr Blick auf Bithras. Einer der Männer schob sich durch die Menge auf Bithras zu, aber die Frauen holten ihn zurück, und alle vier verließen die Party.
Miriam, die nicht wusste, was sie tun sollte, blieb einen Augenblick an der Tür stehen. Bithras nahm mit leerem Blick in einem Sessel Platz, dann stand er entschlossen auf und holte sich etwas zu trinken. Genau wie ich trank er an diesem Abend nur Saft.
Es wurde kein weiteres Wort über den Vorfall verloren. Eine Stunde später verabschiedeten wir uns.
Bithras schloss sich die folgenden zehn Stunden in seinem Zimmer ein, es brannte kein Licht. Seine Mahlzeiten nahm er durch die halb geöffnete Tür entgegen, starrte uns dabei wie eine alte Eule an und machte die Tür wieder zu. Allen und ich verbrachten die Zeit damit, dass wir Alices neue Berichte über GOWA und GASH durchgingen.
Am folgenden Morgen kam Bithras im Bademantel aus seinem Zimmer, stemmte die Arme in die Hüften und verkündete: »Zeit, Urlaub zu machen. Ihr habt zwei Tage. Macht, was ihr wollt. Aber meldet euch am Samstag, Punkt sieben Uhr morgens, wieder in diesem Zimmer zurück.«
»Machst du auch ein bisschen frei?«, fragte Allen.
Bithras lächelte und schüttelte den Kopf. »Ich werde mit vielen Leuten reden … Wenn wir in diesen Dingen nicht so naiv wären, hätten wir eine ganze Verhandlungsdelegation mitgebracht. Aber niemand wollte dafür etwas ausgeben. « Die letzten beiden Worte spuckte er geradezu aus. Er hatte Ringe unter den Augen, seine Haut war vor Anspannung richtig grau. »Ich kann die ganzen Entscheidungen gar nicht allein treffen. Ich lehne es ab, die politische Richtung für eine ganze Welt festzulegen. Wenn das eine neue Ära von Beziehungen mit der Erde ist …« Er schwenkte die Hand durch die Luft, als wolle er den Flug von Vögeln demonstrieren. »Es wird Tage dauern, bis die Dinge mit den anderen Rechtsvertretern und den Bezirksgouverneuren abgeklärt sind. Alice wird ihr Rendezvous mit Jill verschieben und mich beraten müssen. Aber ihr würdet mich nur ablenken. Falls ich keine Möglichkeit finde, die Situation zu unseren Gunsten zu wenden, werde ich von meinem Amt als Rechtsvertreter zurücktreten.«
Sein Lächeln wurde richtig fies. »Ihr könnt deren Spiel mitmachen. Sie halten uns für Hinterwäldler und Grünschnäbel. Vielleicht sind wir das ja auch. Jedenfalls solltet ihr so tun, als ob. Gebt Interviews, wenn man euch darum bittet. Sagt, dass ich ganz durcheinander und bekümmert bin und nicht weiß, was als nächstes zu tun ist. Sagt, dass uns die geringschätzige Behandlung bestürzt. Sagt, dass sich die Erde unserer Meinung nach unglaublich unhöflich verhält und
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