Heimat Mars: Roman (German Edition)
Kleines Haus auf der Prärie {9} . Da sind sie ganz wild drauf!«
Ich war viel mehr an den Hintergrundinformationen interessiert als an dem, was über mich gesagt wurde. GOWA, die die Gesamtleitung für alle Bündnisse übernommen hatte, würde nach Abschluss der Vorgespräche (die Regierung der Vereinigten Staaten kennzeichnete diese Gespräche als ›höflichen Dialog mit Mitgliedern des Ständigen Kongressausschusses‹) die Verhandlungen mit dem Mars aufnehmen.
Ich musste meine Rolle spielen. Das würde mir jetzt besonders gut gelingen, da ich wirklich entsetzt war. »Das ist ja fürchterlich«, stöhnte ich mit finsterer Miene. »So etwas von grob und ohne jeden Anstand. Das hätte ich nie von der Erde erwartet!«
»Oh, das solltest du aber«, sagte Orianna, die ihr Mitgefühl zeigte, indem sie gleichfalls die Stirn runzelte. Das Taxi hielt vor einem achtstöckigen Gebäude, das aus Steinen und Stahl gebaut war und Glastüren aus glänzendem Kristall hatte. Die Tür zum Erdgeschoss sprang ächzend auf. Orianna tänzelte durch die Menschenmenge, die über den Gehweg strömte, und ging voraus. »Warte nur, bis meine Freunde und ich dich in der Mangel hatten, danach wirst du auf alles gefasst sein!«
»Wir sind nur selten hier«, sagte Orianna, als sie aus dem Aufzug trat. Mit ihren langen Beinen trabte sie wie ein munteres Füllen durch den Gang. Sie wurde nur langsamer, damit ich sie einholen konnte. »Mutter hat uns die Wohnung für ein paar Tage überlassen. Mein Zimmer ist genau wie das in Paris. Es sieht schon seit meiner Kindheit so aus.«
Die Tür zum Appartement 43 sah recht harmlos aus: Holztäfelung, Zahlen aus Messing. Orianna legte die Handfläche gegen das Handerkennungsschloss, die Tür schwang nach innen auf. »Wir haben einen Gast«, rief sie. Hinter dem Eingang lag ein gewölbter grauer Durchgang, der von einem weißen Fußgängerweg gesäumt wurde. Der Durchgang wölbte sich wie ein Ballon um uns herum und ließ keine spezifischen Formen erkennen.
»Willkommen daheim. Was darf’s denn sein, Orianna?«, fragte eine sanfte männliche Stimme.
»Eine phantasievolle, aber konservative Inneneinrichtung – für unseren Gast. Und sag Shrug und Kite, sie sollen aufstehen und meine Freundin begrüßen.«
Der Durchgang wandelte sich rasch zu einer cremefarbenen Inneneinrichtung mit Einzeldekor in Goldtönen. Eine Garderobe aus Rosenholz öffnete ihre Türen und nahm meinen Mantel und Oriannas Schultertuch entgegen. » Englischer Regency-Stil «, bemerkte Orianna. »So stellt sich Kite was Konservatives vor.«
›Shrug‹ und ›Kite‹ – es klang alles sehr modisch. Ich fragte mich, ob sich mein Besuch hier wohl als Fehler entpuppen würde.
»Halt dich nicht mit den Namen auf«, rief Orianna und stattete das Wohnzimmer mit noch mehr Regency aus. »Alle meine Freunde experimentieren gern mit Sprache. Sie arbeiten und spielen unter falschen Namen. Ich weiß gar nicht, wie sie wirklich heißen. Das wissen nicht mal ihre Eltern.«
»Warum machen sie das?«
»Es ist ein Spiel, bei dem es zwei Regeln gibt: Erstens darf niemand erfahren, was du wirklich treibst. Und zweitens treibst du nichts Illegales.«
»Verdirbt das nicht den ganzen Spaß an dieser Geheimsprache?«
»Ach du meine Güte – Geheimsprache! Lass dich begraben! Entschuldigung. Ich schrecke vor solch anrüchigen Worten zurück. Wir nennen es Sprachexperimente.«
»Aber verdirbt es nicht den ganzen Spaß?«, wiederholte ich meine Frage.
»Nein«, antwortete Orianna nachdenklich. »Illegal bedeutet, dass du jemanden oder etwas verletzt. Und das ist blöde. Blödheit funktioniert nach ganz eigenen Spielregeln, und keiner meiner Freunde beherrscht die. Hier kommt Kite.«
Kite trat in verblichenen Jeans und entsprechendem Hemd durch eine Doppeltür. Er war fast zwei Meter groß und schleppte ein grünweiß geflecktes Tigerkätzchen mit sich herum.
Orianna machte uns miteinander bekannt. Kite lächelte, verbeugte sich leicht und bot mir seine freie Hand. Er wirkte recht natürlich, sah gut, aber nicht zu gut aus und hatte eine etwas schüchterne Art. Er hockte sich mit gekreuzten Beinen auf den Orientteppich, das Tigerkätzchen begann, auf einem der Gartenornamente des Persers herumzuspielen. Eine Deckenlampe leuchtete auf und tauchte das Tier in helles Licht. Dankbar maunzte das Kätzchen und streckte sich auf dem Rücken aus.
»Wir gehen heute Abend aus«, kündigte Orianna an. »Wo ist Shrug?«
»Schläft noch, glaub ich. Er
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