Heimat Mars: Roman (German Edition)
Präsidentin Muir dürfte ihn interessieren. Sie scheint einen guten Riecher zu haben.«
»Du meinst, dass wirklich etwas im Gange ist?«, fragte Allen.
»Kann sein«, antwortete Alice.
»Etwas, das so wichtig ist, dass die Erde daraufhin ihren Kurs ändert und unseren Vorschlag zurückweist?«
»Durchaus möglich«, sagte Alice. »Casseia, morgen früh solltest du Bithras von deinem Treffen mit der ehemaligen Präsidentin erzählen.«
»Mach ich«, sagte ich und starrte den Kaffeetisch und mein leeres Weinglas an.
»Ich glaube, er wird dich bitten, mit Charles Franklin Kontakt aufzunehmen.«
Ich schüttelte den Kopf, sagte jedoch: »Wenn er mich darum bittet.«
Ich erzählte Bithras von meinem Treffen mit Miss Muir und von unseren Vermutungen.
Er bat mich darum.
In der Stunde vor der Morgendämmerung machte ich einen einsamen Spaziergang. Ich ging am Ufer des Potomac entlang. Die Luft strich klar und kühl über meine bloßen Arme. Über dem Fluss leuchteten noch die Sterne im blasser werdenden Himmel. Im Süden und Osten türmten sich dunkle Wohnkomplexe am Fluss entlang, selbst nachdem die Morgendämmerung den Himmel aufgehellt hatte und die wenigen Wolkenstreifen an den Rändern orange eingefärbt wurden. Ich ging den feuchten, steinigen Pfad entlang und genoss die sich vermischenden Düfte von Geißblatt, Jasmin, großen Rosen und speziell gezüchteten dickblättrigen Magnolien, die in den weitläufigen Gärten unterhalb der Wohngebäude blühten.
An Bogen aus Stahl und Maschenzaun rankte Bougainvillea über den Fußweg und schuf schattige Durchgänge. Auf Fußhöhe wurden diese Tunnel von dünnen Leuchtbändern erhellt, die sich um steinerne Säulen schlangen. Nach und nach tauchten künstliche Sonnen die Gärten in strahlendes Licht. Daumengroße Bienen flogen aus Bienenstöcken am Boden auf und besuchten die riesigen Blumen.
Es ging mir völlig gegen den Strich, Charles zu belästigen und ihm Fragen zu stellen, die er nicht beantworten mochte. Ich wollte nicht, dass er mir einen Gefallen tat und ich ihm verpflichtet war. In unserer kurzen gemeinsamen Zeit hatten wir einander genug Kummer bereitet. Außerdem wusste ich gar nicht, was ich ihn überhaupt fragen sollte.
In den letzten schlaflosen Stunden hatte ich mir physikalische Lehrbücher und Vids vorgenommen. Das Bell-Kontinuum und die Betrachtung des Universums als Rechensystem wurden darin erwähnt – meistens im Zusammenhang mit der Entwicklung von Konstanten und Partikeln in den frühen Stadien des Urknalls. Mit Akademikern kannte ich mich so weit aus, dass ich den generellen Eindruck gewann, diese Theorien seien nicht sonderlich beliebt.
War es wirklich so, dass Charles’ Gruppe der Olympier (welch überheblicher Name!) mit ihrem Geschwafel die Politiker der Erde in Angst und Schrecken versetzte? Oder hatte die Erde etwas entdeckt, das sie den Mars nicht wissen lassen wollte?
Ich ließ mich auf einer von der Sonne aufgewärmten Steinbank nieder, stützte das Gesicht in die Hände und rieb mir mit den Zeigefingern über die Schläfen.
Ich hatte meine Mitteilung an Charles schon aufgesetzt: reiner Text, so förmlich, als hätten wir nie etwas miteinander gehabt.
Lieber Charles,
wir sind hier auf der Erde auf schwerwiegende Probleme gestoßen, die möglicherweise etwas mit deiner Arbeit zu tun haben. Mir ist bekannt, dass du vertraglich an Cailetet gebunden bist. Ich vermute, dass es mit anderen BGs gewisse Spannungen gibt, deren Hintergrund ich allerdings nicht kenne. Kannst du uns irgend etwas mitteilen, das vielleicht erklären könnte, warum die Erde so große Manschetten vor einer Unabhängigkeit des Mars hat? Wir kommen mit unserer Arbeit überhaupt nicht weiter. Und es gibt Hinweise darauf, dass es zum Teil an den Olympiern liegt. Es ist mir sehr peinlich, dich auch nur mit der Frage zu behelligen, ob du etwas darüber sagen kannst. Denk bitte nicht, dass ich dich damit belästigen oder in Schwierigkeiten bringen will.
Mit freundlichen Grüßen
Casseia Majumdar
Washington, D.C., Vereinigte Staaten der Westlichen Hemisphäre
Erde
(Antwort zahlt der Empfänger)
Ich vermutete, dass sich die Beziehungen zwischen Cailetet und Majumdar irgendwie verschlechtert hatten, vielleicht wegen der Olympier … (Armer Stan! Er würde sich in wenigen Wochen an eine Frau von Cailetet binden. Wir alle steckten in der Klemme).
Das Wasser des Potomac schwappte zu glitzernden Wogen und Strudeln auf: Eine Reihe von
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