Heimat Mars: Roman (German Edition)
Wartungs-Androiden stieß an die Wasseroberfläche, um sich von der Arbeit auf den Unterwasserfeldern zu erholen. Ich stand auf und streckte mich. Auf dem Fußweg waren inzwischen Dutzende von Fußgängern unterwegs. Die Rosen in den Gärten sangen leise und lockten damit winzige akustisch sensitiven Bienen an, die sich zu dichten, silbernen Schwärmen zusammenfanden.
Ich schickte die Mitteilung ab. Allen und ich besuchten ein Konzert in Georgetown, aber ich bekam von der Musik kaum etwas mit. Man spielte Brahms und Hansen auf Originalinstrumenten, wunderschön, aber diese Musik vertrug sich nicht mit meinen Gedanken und mit meiner Stimmung. Mein Kom war auf Empfang eingestellt – im Falle, dass irgendeine Nachricht eintreffen würde. Es kam keine. Bis zu dem Morgen, an dem wir nach Richmond aufbrachen.
Liebe Casseia,
es gibt nichts, was ich über meine Arbeit sagen kann. Ich habe Verständnis für deine Lage. Sie wird keineswegs leichter werden.
Alles Gute!
Charles Franklin.
Isidis Planitia
Mars
(Antwort vom Absender selbst bezahlt)
Ich zeigte die Nachricht erst Allen und Bithras, dann Alice. Charles hatte wenig gesagt, nichts verraten, aber all das bestätigt, was wir wirklich wissen mussten: dass sich der Druck noch verstärken würde und dass die Olympier damit zu tun hatten.
»Es ist an der Zeit, dass ich meinerseits Druck ausübe«, sagte Bithras. »Das ganze Sonnensystem ist so verschlossen wie eine Auster. Das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
Ich fragte mich, ob Charles schon seine Verbindung mit einem QL-Denker hergestellt hatte.
In Richmond regnete es heftig. Unser Flugzeug landete mit leisem Ächzen.
Dicke weiße Schwaden hüllten das langgestreckte Flugzeugoval ein, so dass es wie ein Pantoffeltierchen aussah, das von einer Amöbe umschlungen wird. Es dauerte nicht lange, bis Teile der Schwaden feste Formen annahmen und Passagiertunnel bildeten. Arbeitsroboter krochen in dem Schaum an den Rampen entlang. Hinter den Passagieren nahm sich eine Schaumwand die Sitze der Reihe nach vor, reinigte sie und besserte sie aus.
Einer kleinen Schar von LitVid-Journalisten, die sich im Transferbereich versammelt hatte, widmete sich mein Onkel mit ein paar freundlichen, herzlichen Worten. Die Roboter waren in dieser Gruppe in der Überzahl. Die Zahl der Journalisten, die uns auf Schritt und Tritt verfolgte, war seit unserer Ankunft auf ein Drittel der ursprünglichen Menge zusammengeschrumpft. Wir waren nicht mehr sonderlich interessant oder sonderlich wichtig.
Ein privates Taxi brachte uns vom Transferbereich nach Richmond hinein. Als besondere Aufmerksamkeit fuhr man uns auf einer Straße mit Kopfsteinpflaster entlang. Die Häuserreihen rechts und links stammten aus den neunziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts. Wir kamen an einem Kriegerdenkmal vorbei, das einem General namens Stuart gewidmet war. Alice bestätigte, dass J.E.B. Stuart im Bürgerkrieg gefallen war.
Genau wie in Washington gab es im Stadtzentrum weder Wabenbauten noch Wolkenkratzer. Wir hätten uns auf einer Zeitreise ins späte neunzehnte Jahrhundert befinden können.
Das Jefferson Hotel wirkte alt, aber gepflegt. Als wir durch den Haupteingang traten, sahen wir, dass auf der Südseite Steine und Beton weitgehend der Nano-Architektur gewichen waren. Es hörte auf zu regnen, die Sonne schien prächtig durch die Fenster unserer Suite. Wir schlossen Alice an die externen Netze an und nahmen hastig unser Mittagessen ein, das uns von einem aufmerksamen Kellner, einem menschlichen Kellner, serviert wurde.
In dem kleinen, altertümlichen Bad genoss ich eine altmodische Dusche, zog mein Kostüm an, suchte in meiner persönlichen Reiseapotheke nach Auffrischungspräparaten für meine Immunisierung (in jeder Stadt war man mit neuen Spielarten von Weiterbildungsviren konfrontiert) und schloss mich auf dem Gang vor meinem Zimmer Allen und Bithras an.
Ein von Wang und Mendoza geschickter Roboter führte uns in ein Sitzungszimmer im Erdgeschoss. Dort umgaben uns fensterlose Stuckwände. Wir schüttelten den Senatoren wieder einmal die Hand und nahmen an einem uralten Holztisch Platz.
Wang rückte mir galant den Stuhl zurecht. »Jedesmal, wenn ich hierher komme, werde ich wieder zu einem Gentleman der Südstaaten«, sagte er.
»In die Konföderation hätten sie dich gar nicht reingelassen«, bemerkte Mendoza trocken.
»Dich auch nicht«, gab Wang zurück. Bithras reagierte nicht auf den Scherz, nicht einmal mit höflichem
Weitere Kostenlose Bücher