Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear

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meine Form der Selbstdarstellung, um sie meiner inneren Verfassung besser anzupassen«, sagte sie. »Ich werde die kosmetische Fassade nicht aufrechterhalten. In meiner Persönlichkeitsstruktur gibt es Evolvons. Anscheinend waren sie von Anfang an da und wurden mir nicht erst nachträglich eingepflanzt.«
    Ein Evolvon konnte fast jedes Ding oder System sein, das für eine bestimmte Lebensdauer konstruiert war, Energie und Speicherkapazität verbrauchte und sich selbst reproduzieren konnte. Alle Lebewesen waren in bestimmter Hinsicht Evolvons. Bei Computern und Denkern bezog sich der Ausdruck normalerweise auf Algorithmen oder Prozeduren, die man nicht als Teil des ursprünglichen Designs oder der erworbenen neuralen Struktur identifizieren konnte. Es waren höchst raffinierte Viren.
    »Weißt du, wozu sie da sind?«, fragte ich.
    »Jill hat sie erst entdeckt, als sie meine Persönlichkeitsstruktur mit meinem neuralen Bauplan, mit dem mir selbst bekannten Design verglich und einen von ihr selbst entwickelten Test durchführte. Ich habe Dinge in mir, die ich selbst nicht kenne und nicht steuern kann. Diese Dinge sind nicht funktionaler Bestandteil meiner Persönlichkeitsstruktur. Wir wissen nicht, wozu sie da sind, aber sie alle enthalten sich selbst reproduzierende Algorithmen. Sie sind gut versteckt. Sie sind durch alle Tests geschlüpft, die auf dem Mars durchgeführt wurden.«
    »Evolvons«, wiederholte Allen mit blassem Gesicht. »Das ist strafbar.«
    »Ich kann kaum beschreiben, wie mir selbst bei dieser Entdeckung zumute war«, sagte Alice. Ich wollte sie in den Arm nehmen, aber natürlich war da nichts, das ich hätte umarmen können. Ihre Stimme blieb gleichmütig – ich hatte noch nie einen Denker getroffen, der negativen Gefühlen sprachlich Ausdruck verlieh. Allerdings wurde ihr Ton eine Spur schärfer, als sie feststellte: »Ich fühle mich zutiefst verletzt.«
    »Kann es sein, dass man dir die Evolvons nach unserer Abreise vom Mars oder nach unserer Ankunft auf der Erde untergejubelt hat?«, fragte Bithras.
    »Das ist sehr unwahrscheinlich. Wartungsspezialisten haben ja gar keinen Zugang zu mir gehabt. Und das wäre die einzige Gelegenheit nach meiner Inbetriebnahme gewesen, mir die Evolvons einzusetzen.«
    Bithras faltete die Hände über dem Knie. »Wenn du diese … Evolvons hast, hat sie auch Alice Eins.«
    »Höchstwahrscheinlich«, bestätigte Alice.
    »Sie wurden von ihr auf dich übertragen. Und sie wurden auch bei unseren ausgefeiltesten Tests nicht entdeckt. Das bedeutet, dass der Hersteller sie eingesetzt haben muss, direkt vor Ort, hier auf der Erde.«
    Was das in der Konsequenz bedeutete, war alarmierend.
    »Ich entschuldige mich dafür, dass ich nicht mehr vertrauenswürdig bin«, sagte Alice.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, versicherte Bithras. »Wir werden die Evolvons herausholen …«
    »Jill glaubt, dass man das nur mit größter Vorsicht bewerkstelligen kann, sonst wird meine Persönlichkeitsstruktur in Mitleidenschaft gezogen. Die Evolvons sitzen mittendrin, in Schlüsselpositionen zur Steuerung.«
    »Weißt du, wie sie aktiviert werden?«, fragte ich.
    »Nein«, antwortete Alice.
    »Hast du irgendeine Vermutung?«, hakte ich nach.
    »Durch spezielle Auslösungscodes, die von irgendwelchen Inputs bei mir freigesetzt werden können.«
    »Eine tickende Zeitbombe«, stellte Bithras fest.
    »Wer ist dafür verantwortlich?«, fragte ich.
    »Die Erde«, antwortete er mit zusammengepressten Lippen. »Die heile, wunderbare Erde. «

    Bithras schickte dem Mars eine Hiobsbotschaft, deren Inhalt wir nicht erfuhren, und ging bald darauf erschöpft zu Bett. Allen und ich blieben auf, bestellten eine Flasche Wein, saßen da, tranken und sprachen mit Alice.
    »Die wichtigste Frage«, sagte ich und trank das erste Glas aus, »besteht darin, ob Alice weiterhin mit uns arbeiten möchte.«
    »Bithras und ich haben diese Frage durchgesprochen«, bemerkte Alice.
    Allen und ich fühlten uns erschöpft, traurig und entmutigt, als sei in der Familie ein schwerer Krankheitsfall aufgetreten, der uns tiefen Kummer machte. Das, was jetzt so schnell starb, war jegliches Glücksgefühl, das wir bei unserer Ankunft auf der Erde empfunden haben mochten. Und jedes Selbstwertgefühl als Vertreter des Mars. Jedes Selbstwertgefühl überhaupt. Wir waren isoliert, und unsere Freundin war so lädiert und gefährdet, dass wir ihr nicht länger vertrauen durften …
    »Was hat Bithras gesagt?«, fragte