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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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spielt.«
    Er schwang sich über einen freistehenden Felsblock und hob einen blassbraunen zylinderförmigen Stein auf. »Eine unserer Kernproben. Vielleicht hat der Schuppen seine Fracht hier abgeladen.«
    »Ich finde, wir sollten umkehren.«
    Ilya stand mit sehr missmutigem Gesicht auf. Er war hin- und hergerissen. Einerseits wollte er mir zuliebe nachgeben und umkehren, andererseits wollte er unbedingt die angeschlagene Kapsel und andere Proben wiederfinden. Plötzlich tat es mir leid, dass ich ein solcher Feigling war. »Komm, wir suchen noch ein bisschen.«
    »Nur noch ein paar Minuten«, beruhigte er mich. Ich folgte ihm zum Rande eines Canyons. Hundert Meter unter uns trieb feiner Staub wie ein Strom über den Grund der Schlucht. Grauer Staub, mit Wirbeln von Ocker und Rot. Stoffe, die sich eigentlich nicht vermischten. Es sah aus wie auf dem Jupiter. Ich hatte so etwas noch nie gesehen. Ilya kniete sich hin, ich kauerte mich neben ihn.
    »Wenn sie hier hinuntergefallen sind …«, sagte er und schüttelte den Kopf. Unsere Anzüge waren mit klebrigem grauen Staub überzogen. Das Absaugen und elektrische Neutralisieren im Labor würde vielleicht gar nicht ausreichen, so viel Staub zu beseitigen, dass er nicht in die Recyclingsysteme und in unsere Haut eindringen konnte. Vielleicht würden wir einen Ausschlag bekommen, der die ganze Nacht juckte.
    Irgend etwas vernebelte die Außenseite meines Visiers. Ich langte hoch, um es wegzuwischen. Bei meiner Berührung bildete sich ein schlammiger Streifen. Ich fluchte und holte einen elektrostatischen Lappen aus der Tasche meines Sicherheitsgürtels. Der Lappen nützte nichts, ich konnte kaum noch sehen.
    »Der Staub ist feucht«, stellte ich fest.
    »Kann nicht sein. Der Druck ist nicht hoch genug«, wandte Ilya ein. Er sah sich meinen Anzug an, strich mit einem Finger über den Dreck auf meinem Arm und untersuchte ihn. »Du hast recht. Du bist feucht. Ich auch?«
    Das Visier seines Helms hatte sich ebenfalls beschlagen. Ich tippte dagegen. »Ja«, antwortete ich.
    »Mein Gott. Nur noch ein paar Minuten«, bat er. Über dem Canyon brach die Nachmittagssonne durch die Staubwolken. Grün getönte Strahlen glitten über die gezackten Furchen der Sulci und tauchten die Landschaft in ein gespenstisches, von Schatten durchzogenes Licht.
    Wir zogen uns von dem Geröll am Schluchtrand zurück. Ilya stieß Felsbrocken, die der Sturm losgerüttelt hatte, beiseite und arbeitete sich durch Ströme der altbekannten roten Schmiere und superfeinen grauen Staubs allmählich vor. Nirgendwo war Regolith zu sehen. Lehm, der nie der Strahlung ausgesetzt gewesen war, und Treibsand hatten sich unter den Abrieb gemischt. Es konnte Jahre dauern, bis die ultravioletten Strahlen die Oberfläche wieder in brüchigen Schotter verwandelten.
    »Die Welle muss ein vereistes Wasserlager in der Nähe freigelegt haben«, meinte Ilya. »Der Steinschlag hat es freigesprengt. Dieses graue Zeug muss vereister Staub sein. Hier ist es gerade warm genug, dass er schmilzt …«
    Er brach ab und stöhnte auf. »Da oben.« Er deutete auf die Höhe eines niedrigen Felskamms. Die Strahlen der Nachmittagssonne brachen sich in einer Schicht von Kristall, die plötzlich in einem ausgezackten, ungefähr ein Meter großem Felsblock aufleuchtete. Wir kletterten hinauf.
    Über die Schulter blickte ich zu dem rund fünfhundert Meter entfernten Laborwagen zurück. Meine Rückenmuskeln spannten sich: Der Instinkt des roten Karnickels, einfach wegzuhoppeln und sich einzugraben, machte sich bemerkbar. Zwar war die Welle überstanden, aber mit feuchtem Staub kannte ich mich überhaupt nicht aus. Womöglich würden wir in einer Bodensenke verschwinden und ertrinken. Ich hatte keine Ahnung, wie unsere Filter und Abdichtungen im Wasser funktionieren mochten.
    Ilya kam als erster oben an. Er kniete sich vor den vom Sturm gelösten Felsbrocken. »Ist es die Kapsel?«, fragte ich.
    Er gab keine Antwort. Ich stellte mich hinter ihn und spähte auf die blanke, exponierte Fläche. Sie war wirklich Teil einer Kapsel. Höchstwahrscheinlich der Kapsel, die in dem Schuppen gewesen war. Halb vergraben lag sie in einem Loch voll grauen Staubs. Die komplizierten Muster von Quarz und darin eingeschlossenen Zinklehmschichten wirkten irgendwie unscharf, wie verwischt. Vielleicht lag es an dem seltsamen Licht. Aber dort, wo das Kapselfragment auf das Staubloch traf, sickerte und schäumte eine gelatineartige Masse heraus.
    »Was ist das?«, fragte

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