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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Interessantes. Über Geheimnisse können wir später diskutieren.«
    Halb und halb hatte ich mir mehr Dramatik erhofft. In dem kleinen Raum lag gespannte Erwartung, Neugier und Skepsis in der Luft – aber es war alles völlig undramatisch. Charles zielte nicht auf emotionale Wirkung ab. Im Gegenteil, er arbeitete zügig und ruhig mit Leander zusammen. Beide gaben dem Denker Anweisungen. Wir wurden aufgefordert, genau hinzusehen.
    Das Display über dem Denker projizierte ein dreidimensionales Diagramm des Zylinders mit Farben, die den Abfall der Temperatur anzeigten. Wie Charles erläuterte, war der Zylinder immer noch dabei, abzukühlen und sich der Umgebungstemperatur von rund minus sechzig Grad Celsius anzupassen. Das darin enthaltene Gas bewegte sich langsam.
    »Die Ladung wird natürlich erhalten«, sagte Leander. »Wir können geladene Teilchen nur paarweise mit Teilchen umwandeln, die genau die entgegengesetzte Ladung haben. Neutrale Atome und Moleküle sind ideal. Die Deskriptoren, die den Unterschied zwischen Materie und Antimaterie beschreiben, sind mit anderen Deskriptoren verbunden, die den Spin und die Zeitkomponente eines Teilchens beschreiben. Wir brauchen einen gleichzeitigen Zugriff auf alle diese miteinander verbundenen Deskriptoren. Das Ergebnis ist eine Konversion, die keine physikalischen Gesetze verletzt. Aber da Materie auf Antimaterie trifft, wird Energie freigesetzt.«
    »Und wie ändern Sie die Deskriptoren?«, fragte Casares.
    Charles grinste fast schüchtern. »Tut mir leid. Das kann ich jetzt noch nicht sagen.«
    »Und was gibt’s dann zu beurteilen? Vielleicht zeigen Sie uns einen tollen Zaubertrick. Es könnte alles getürkt sein …«
    »Wir hoffen, Sie trauen unserem Ruf hinlänglich, um uns abzunehmen, dass es hier mit rechten Dingen zugeht«, sagte Leander.
    »Wir können kein Urteil abgeben, wenn wir nur die Wirkung sehen, aber die Theorie nicht einschätzen können«, entgegnete Casares und verschränkte die Arme. »Bei der Wissenschaft geht es um reproduzierbare Ergebnisse. Wenn nur eine einzige Gruppe daran gearbeitet und Ergebnisse erzielt hat, ist das noch kein wissenschaftlicher Beweis. Was ich bis jetzt gehört habe, ist nicht gerade vertrauenerweckend.«
    Charles blickte von einem zum anderen. Die Frustration war ihm deutlich anzusehen. »Ich könnte Ihnen auf der Stelle alle Einzelheiten erzählen. Aber aus Gründen, die auf der Hand liegen, hängt die Entscheidung von Vizepräsidentin Majumdar ab.«
    Ich fühlte mich völlig überfordert, konnte mir aber keine Unentschlossenheit leisten. »Kernpunkte der Theorie müssen geheim bleiben«, sagte ich.
    Charles streckte die Hände hoch. Was kann ich machen?
    Zenger und Casares schüttelten den Kopf. Schließlich wedelte Zenger mit den Händen so, als wolle er mich hinausweisen, sagte jedoch: »In Ordnung. Es gefällt mir zwar nicht, aber zeigen Sie uns, was es zu zeigen gibt, und wir streiten uns später über die Einzelheiten.«
    »Danke«, antwortete Charles. Er nickte Leander zu. »Lass uns die Probe so projizieren, wie unser Denker sie sieht.«
    Leander berührte das virtuelle Steuerpult. Eine Oberfläche mit Gipfeln und Tälern erschien. Pfeile tanzten von Gipfel zu Gipfel und blieben schließlich auf einem liegen, der prompt wuchs. Dann erschien ein kleiner roter Würfel. Innerhalb des Würfels umrissen blaue Linien den Zylinder. Erneut füllte sich der Zylinder mit Farben. Innen schwirrten Leuchtziffern und griechische Buchstaben herum – wie Fliegen, die man in eine Flasche sperrt.
    »Der QL-Denker bewertet nun die Probe«, erklärte Charles. »Alles liegt von jetzt an in den Händen des Denkers. In wenigen Sekunden müssten wir sehen, wie in der Probe Energie produziert wird.«
    Wir sahen aus dem Fenster. Der unter der Kuppel hängende Zylinder war nur als Vid-Projektion zu sehen. Im Raum war Jammern, vereinzeltes Geklapper, Ächzen und Stöhnen zu hören. »Atome von Materie und Antimaterie treffen aufeinander«, erklärte Chinjia und bediente den Tonregler. »Sie hüpfen im Zylinder herum. Der Zylinder heizt sich auf und …« Mit dem Finger verfolgte sie eine neue Kurve auf dem Display. »Hier entstehen Gammastrahlen. Wir erwarten einen Wirkungsgrad von rund zehn Prozent und natürlich eine gewisse Wechselwirkung mit der Flasche … Hier ist der Neutronenfluss.«
    »Bisher haben wir ungefähr eine Trillion Moleküle Antiwasserstoff geschaffen«, stellte Charles fest. »Die Reaktion hat etwa vierundfünfzig Joule

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