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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einer kleinen Mars-BG in Hellas. Yueh Liu war groß und athletisch gebaut, was nicht reines Werk der Natur war. Er stammte von der Erde und hatte sich den Olympiern vor zwei Jahren angeschlossen. Amy Vico-Persoff stammte aus der BG Persoff in Amazonis. Sie sah so aus, als stehe sie fest im Leben, hatte energische Gesichtszüge und eine gelassene, gleichmütige Stimme. Danny Pincher war ein milde blickender Mann in mittleren Jahren, dem Aussehen und Kleidung offenbar egal waren. Charles saß am anderen Tischende. Seine Miene blieb ruhig und aufmerksam, als ich ihnen sagte, wir müssten den von ihnen vorgelegten Bericht nochmals durchgehen.
    »Es fehlt darin etwas, etwas Entscheidendes«, schloss ich meine Rede. »Sie haben den anderen Stiefel nicht ausgezogen.«
    Charles sah mich mit dem Anflug eines Lächelns an. »Welchen Stiefel?«
    Ich versuchte krampfhaft, in Worte zu fassen, was meine Erweiterung mir eingegeben hatte. »Den Siebenmeilenstiefel«, sagte ich.
    Im Zimmer wurde es mäuschenstill. Niemand wagte zu sprechen. Ich ließ zwei meiner Finger über die Tischplatte marschieren. »Ihre Gleichungen implizieren noch viel mehr. So viel konnte ich mir mit Hilfe einer Erweiterung zusammenreimen. Und wenn ich es kann, dann ganz sicher auch Leute auf der Erde.«
    »Niemand auf der Erde hat Zugriff auf unsere Daten«, wandte Charles ein.
    »Wie lange lässt sich eine derart wichtige Entdeckung geheim halten?«, fragte ich. »Wochen, Monate? Ganz bestimmt wird es zumindest ein einziger Mensch auf der Erde begreifen – dort gibt es Millionen von Menschen, die viel schlauer sind als ich.«
    »Vielleicht wird in ein paar Jahren irgendeiner zufällig darüber stolpern«, sagte Leander, dem die Sache sichtlich peinlich war. »Vieles von dem, mit dem wir uns befassen, ist reine Spekulation …«
    »Da bin ich anderer Meinung«, entgegnete Yueh Liu und reckte seine muskulösen Arme über dem Kopf. »Die Implikationen liegen auf der Hand, genau wie Vizepräsidentin Majumdar gesagt hat. Wir sollten es mit der Geheimhaltung auch nicht übertreiben. Ich kenne auf der Erde viele Kolleginnen und Kollegen, die schneller durchblicken werden, als uns lieb ist.«
    »Das Bestimmungs-Tweak«, warf ich in den Raum.
    Charles schüttelte energisch den Kopf. »Vergiss es. Das hat keine Bedeutung.«
    »Wir sollten allen die vollständigen Informationen zugänglich machen, so dass alle den gleichen Wissensstand haben. Die Erde, der Mars und der Gürtel«, sagte Chinjia Park Amoy. »Dann wäre mir sehr viel wohler.«
    »Wir haben die Geheimhaltung doch bereits beschlossen«, entgegnete Leander mit besorgtem Stirnrunzeln. Er spürte, wie sich der Zusammenhalt der Gruppe lockerte. Sie alle sahen verlegen, ja sogar erschrocken aus. Mir war so, als hätte ich in ein Wespennest gestochen und alle schlafenden Wespen aufgescheucht.
    »Siebenmeilenstiefel«, sagte Maspero-Gambacorta. »Ein Traum wird wahr.«
    »Das reicht«, unterbrach ihn Charles ruhig, aber entschlossen. Er hatte sich, zumindest nach außen hin, wieder im Griff. »Was haben wir deiner Meinung nach nicht ausgesprochen, Casseia?« Er beugte sich mit aufgestützten Ellbogen vor und starrte mich an, als sei ich die einzige, die auf dieser Welt zählte. »Du hast jetzt die Erweiterung. Sag es uns. Was nimmst du an?«
    »Ich gebe zu, dass ich kein Genie bin und noch nicht alles begreife …«
    »Um so besser«, sagte Charles. »Du kannst uns eine Vorstellung von dem vermitteln, was andere denken werden, wenn sie von den neuesten Entwicklungen hören. Und das werden sie. Mit der Zeit. Sag es uns.«
    Die Art, wie Charles die Befragung umkehrte, gefiel mir gar nicht. Ich fühlte mich wie eine Studentin im Examen. »Wenn ihr Zugriff auf das Bell-Kontinuum habt – auf alles, das die Beschaffenheit der Realität bestimmt …«
    »Auf alle verborgenen Variablen, auf sonst nichts«, unterbrach mich Nehemiah Royce. Charles hob die Hand: Keine Zwischenbemerkungen!
    »… was könnt ihr dann sonst noch verändern?«, fragte ich. »Die Deskriptoren für Impuls, Drehmoment, Spin, Ladung …« Ich schwenkte die Hände. »Das alles. Was könnt ihr sonst noch ändern oder steuern?«
    »Nicht alle Deskriptoren sind für Umwandlungen zugänglich«, antwortete Charles.
    »Noch nicht«, ergänzte Nehemiah Royce.
    Charles reagierte darauf nur mit einer leichten Neigung des Kopfes. »Aber du hast recht. Und es ist interessant, dass du Siebenmeilenstiefel erwähnst.«
    Das Ziehen in meinem Magen verstärkte

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