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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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vermutlich an der Mars-Universität Sinai. Sie sind damit praktisch zu Ihnen gekommen, oder nicht?«
    »Cailetet weiß anscheinend mehr darüber als ich«, antwortete ich. »Haben Sie mit Crown Niger gesprochen?«
    »Allerdings«, antwortete der dritte Reporter. »Vertraulich. Er ist der Auffassung, dass sich die Interimsregierung sehr dumm verhält und den Druck seitens der Erde geradezu herausfordert. Er wirkt äußerst besorgt.«
    »Falls Mister Crown Niger seine Ansichten ernsthaft erörtern möchte, ob es nun Ansichten zu realen oder eingebildeten Dingen sind oder ob sie sonst etwas betreffen, sollte er das direkte Gespräch mit uns suchen und diese Ansichten nicht übers externe Netz verbreiten.«
    Die Reporterin blinzelte und nickte. »Crown Niger ist nicht dumm. Was hat er vor?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete ich. Ich warf dem Beamten des Presseamtes einen Blick zu, und er brachte diese Begegnung auf kompetente Weise zum Abschluss.
    In kleinen Siedlungen wie Mispec Moor erhielt ich keine Vorzugsbehandlung. Als wir in einem klapprigen Wagen durch die uralten Tunnel fuhren, in denen die Luft überall schwer vom Hefegestank aktiver Nanos war, warf mir der Beamte des Presseamts einen vorsichtigen Blick zu und fragte: »Was kommt da auf uns zu?«
    Ich schüttelte ärgerlich den Kopf. »Crown Niger versucht, uns die Wahlen zu vermasseln.«
    »Gibt es in diesem Zusammenhang Dinge, die das Bundespresseamt wissen sollte?«, fragte er.
    »Im Augenblick nicht«, antwortete ich. Ich lehnte mich in dem steifen Sitz zurück und merkte, wie die Erweiterung ihre Arbeit aufnahm. Erinnerungen an die Informationen, die uns die Olympier gegeben hatten, vermischten sich mit meiner neu gewonnenen Einsichtsfähigkeit. Neue Fragen gingen mir durch den Kopf. Mein inneres Auge sah bestimmte Gleichungen in den Ausarbeitungen, die Charles auf mein Kom überspielt hatte. Die Symbole leuchteten rot, grün und blau {15} auf, ordneten sich aufgrund der Erweiterung und drangen mir deutlich ins Bewusstsein. Noch war ich nicht soweit, dass ich das Gefühl genießen konnte – es beunruhigte mich, dass dieser überaus fähige Experte direkten Zugang zu meinem bewussten wie unbewussten Denken hatte.
    Die Gleichungen (die ich nach wie vor nur ansatzweise verstand, da die Hilfen der Erweiterung noch nicht richtig griffen) deuteten hartnäckig auf Unstimmigkeiten hin, die ich nicht näher fassen konnte. Ich schloss die Augen, versuchte Klarheit in meinen Kopf zu bringen und über Crown Niger nachzudenken. Aber die Gleichungen wurden nicht klarer.
    Das ist noch nicht alles.
    Ich schüttelte den Kopf und fluchte lautlos vor mich hin.
    »Stimmt was nicht?«, fragte der Beamte.
    »Ich denke nach«, sagte ich. Und das war die beste Antwort, die ich im Moment geben konnte.
     
    Diane Johara hatte in den Jahren seit unserer letzten Begegnung ein paar Pfunde zugelegt, und ihr Gesicht hatte einen sanfteren, wissenderen Ausdruck angenommen. Aber es war immer noch die alte Diane, und wir fielen einander in die Arme, als wären wir immer noch Studentinnen und teilten ein Zimmer. Joseph und Ilya standen linkisch nebeneinander und begrüßten sich mit Handschlag – Männer, die einander zum ersten Mal sahen und abschätzten. Die Wohnung hatte drei Zimmer und eine Nasszelle und war selbst nach den Maßstäben von Mispec Moor spartanisch. Aber sie war sauber, gemütlich und wunderschön mit Quilts aus Dianes Familie und farbenfrohen, phantasievollen Gemälden aus Josephs Familie geschmückt.
    Diane trug ein langes schwarzes Samtkleid und auf dem Kopf ein winziges Käppi. Im Reformierten Judentum mussten Männer und Frauen ihre Häupter vor dem Blick Gottes verhüllen. Dianes Haar war auf der einen Seite zu einem lockeren Knoten geschlungen. Ich fand den Stil überaus würdig und gleichzeitig sehr attraktiv. Sie hatte zu ihrer wahren Schönheit gefunden.
    Ich war so froh über unser Wiedersehen und die Ablenkung von der fast schmerzhaften Last meiner Gedanken, dass ich vor Erleichterung am liebsten geweint hätte. Ich vergoss auch wirklich ein paar Tränen, die zulässigen Tränen der Wiedersehensfreude. Joseph führte uns in das mittlere Zimmer, einen kreisrunden, tiefliegenden Raum mit einem Durchmesser von rund sieben Metern, dessen Wände oberhalb der Isolierung von rotem und schwarzem Gestein gesäumt waren. Ilya erkannte die Mineralien sofort, so dass er und Joseph Gesprächsstoff hatten: die Ablagerungen von oxidiertem Eisen in der

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