Heimat Mars: Roman (German Edition)
Frühgeschichte des Mars, die Fluktuation Sauerstoff produzierender Organismen im alten Gläsernen Meer und die chemischen Verbindungen ihrer Ausscheidungen.
Ich freute mich, dass Ilya und Joseph gemeinsame Interessensgebiete gefunden hatten, mit denen sie sich beschäftigen konnten. Diane und ich hatten viel nachzuholen. Es war ein angenehmer Abend, der in ein Abendessen überging, das eine echte Überraschung war. Nach einem Tag voller Hefegerüche und gedämpfter Erwartungen war das Essen, das Diane und Joseph vorbereitet hatten und uns auftischten, ein wahrer Genuss: frisches Gemüse, der beste Salat, den ich seit Monaten gegessen hatte, erstklassige Proteinkuchen, wunderbar mit Curry gewürzt und mit frischem Chutney belegt. Wir aßen, bis wir fast platzten, überlegten es uns noch einmal und verschlangen mit ein paar Bissen auch noch den letzten Rest.
»Wir haben hier unsere eigenen Gemüsekeller«, erklärte Joseph. Immer, wenn er Diane ansah, strahlte er hingerissen über das ganze Gesicht. Ich glaube, ich hatte noch nie ein derart verliebtes Paar gesehen.
»Josephs Familie hat ihre schon seit dreißig Jahren«, sagte Diane und lächelte ihrem Mann zu.
Während ich ihnen zusah und zuhörte, spürte ich einen merkwürdigen Stich ins Herz. Ich hatte starke Gefühle für Ilya, und wir fühlten uns wohl miteinander. Aber wir hatten uns notgedrungen damit arrangiert, dass wir auch getrennt voneinander leben konnten, ohne dass es uns am Boden zerstörte. Ich bezweifelte, dass Diane und Joseph in all den Jahren ihrer Ehe je mehr als ein paar Stunden voneinander getrennt gewesen waren.
Sie waren ein schönes Paar.
Nach dem Abendessen kümmerten Joseph und ich uns um das Geschirr, während sich Ilya und Diane unterhielten. Joseph und Diane lebten so einfach und selbstgenügsam, dass dienstbare Geister in Form von Robotern in ihrer Wohnung fehlten. Joseph stellte mir einige höfliche Fragen zur neuen Regierung – Fragen, an die ich längst gewöhnt war und leicht beantworten konnte. Dann runzelte er die Stirn, setzte den letzten Teller ab und wandte sich mir direkt zu: »Ich möchte dir etwas erzählen. Diane hielt es nicht für so wichtig, aber mein Instinkt sagt mir, dass da etwas faul ist.«
»Ach ja?«
»Verschiedene Stellen haben angefragt, ob sie auf Ländereien von Steinburg-Leschke Mineralien erkunden und dazu Sonden mit Fernsteuerung aufstellen können.«
»Ist das ungewöhnlich?«, fragte ich.
»Das nicht … Aber die Anfragen sind der reinste Unsinn.«
»Warum?«
»Alle Anfragen beziehen sich auf Ländereien, die vor zwanzig Jahren während der allgemeinen Erfassung von Ressourcen bereits kartiert worden sind. Neue Vermessungen sind meiner Meinung nach gar nicht notwendig.«
Der ganze Mars war damals darauf gefasst, unter dem Bett Räuber zu entdecken. Im Büro der Präsidentin trafen jede Woche mehr als einhundert Warnungen ein. Wenn Josephs schlimmster Fehler eine leichte Sorge um die Republik war, konnte ich damit leben. Also ermutigte ich ihn mit einem höflichen »Und was weiter?«
»Ich habe nachgeforscht, woher die Anfragen kamen. Sie kamen alle von früheren Cailetet-Verbindungsleuten und Menschen, die Cailetet vertraglich verpflichtet sind.«
»Von früheren BGs?«
»Von BGs, die sämtlich der Republik beigetreten sind. Keine Anfrage kam direkt von Cailetet … aber … indirekt kamen sie alle von dort.«
»Interessant«, sagte ich, obwohl ich nichts Ungewöhnliches daran erkennen konnte. Vielleicht wollte Cailetet nicht die Aufmerksamkeit einer Regierung auf sich ziehen, die sie nicht unterstützte. Vielleicht wollte Cailetet auch nur vermeiden, dass von ihnen verprellte Bezirksgouverneure die Anfragen abschmetterten.
»Ich habe mich umgehört«, fuhr Joseph fort, schloss die Spülmaschine und ließ sie laufen. »In neun von zehn Bezirken, mit denen die Steinburg-Leschkes zu tun haben, sind solche Anfragen aufgetaucht. Das heißt, der halbe Mars hat sie erhalten. Es geht also um Tausende von Ländereien.«
Das machte mich hellhörig. »Warum so viele?«
»Ich nehme an, sie wollen noch vor der Wahl Ressourcen erschließen und die gemeinschaftliche Ausbeutung sicherstellen. Sie befürchten, dass sich die Gesetze nach der Wahl ändern. Aber ich bin stutzig geworden. So viele Ressourcen können sie ja beim besten Willen nicht ausbeuten.«
»Ein Schuss ins Blaue?«, fragte ich. Ich bezog mich damit auch auf die alte Mars-Methode, erst einmal jede Menge Claims anzumelden und dann zu
Weitere Kostenlose Bücher