Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
besser gelaufen wäre, hätte alles ganz anders ausgehen können.«
    »Du meinst, wenn Connor und Dauble sich nicht selbst ans Messer geliefert hätten, dann hätten wir das erledigt.«
    »Kann schon sein.«
    »Ich nehme an, Sean und Gretyl haben genau das versucht.«
    »Wir alle«, sagte ich.
    »Stimmt. Aber was hätten wir danach gemacht? Was wollte Sean in Wirklichkeit erreichen?«
    »Langfristig?«
    »Ja«, antwortete Charles. Er offenbarte ein Potential, das ich vorher nicht in ihm vermutet hätte. Ich war gespannt, wie weit diese neue Tiefgründigkeit wohl reichte. »Ich glaube, sie wollten die Anarchie.«
    Ich runzelte sofort die Stirn.
    Er sah mich an, seine Miene erstarrte. »Aber ich wollte wirklich nicht …«
    »Warum sollten sie die Anarchie wollen?«
    »Sean will Menschen führen. Aber er wird das nie auf Wunsch der Allgemeinheit schaffen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er die Ausstrahlung eines LitVid-Bildes hat«, sagte Charles. Merkte er denn gar nicht, wie sehr er mich provozierte? Ich hatte wieder ein perverses Bedürfnis: Ich wollte sogar, dass Charles mich auf die Palme brachte. Denn dann konnte ich ihm das verwehren, was er sich von dieser Situation erhoffte: meine Zuneigung.
    »Du meinst, er ist zu oberflächlich?«
    »Tut mir leid, dass es dich aufregt«, sagte Charles leise und knetete an seinen Fingern herum. »Ich weiß, dass du Sean mochtest. Das macht mich … Ich hab dich nicht deshalb zu mir eingeladen …«
    Es läutete an der Tür, Charles machte auf. Ein Roboter kam mit einer Flasche 1A Durrey Mineralwasser herein. Charles gab mir ein Glas und nahm wieder Platz.
    »Ich will eigentlich gar nicht über Politik reden«, sagte er. »Da hab ich nicht viel Ahnung.«
    »Wir sind doch hierher gegangen, um darüber zu reden, was schiefgegangen ist. Ich bin gespannt darauf, was du sagst. Ich will alles hören.« Ich ließ nicht locker.
    »Du bist anderer Meinung als ich.«
    »Kann sein«, räumte ich ein. »Aber ich will hören, was du dazu sagst.«
    Charles war nicht wohl in seiner Haut. Das merkte ich daran, dass er sein Kinn wie in Abwehr senkte und die Hände verkrampfte. »Also gut«, sagte er. Ich spürte, wie er aufgab. Offensichtlich nahm er an, die Sache mit mir sei jetzt sowieso gelaufen. Das reizte mich noch mehr. Was bildete er sich denn ein?!
    »Wie würde sich Sean als Anführer verhalten?«
    »Wie ein Tyrann«, antwortete Charles leise. »Er wäre kein besonders guter, dazu hat er wohl gar nicht das Zeug. Er ist nicht charmant genug, wenn es darauf ankommt. Und er hat zu wenig Selbstbeherrschung.«
    Meine Wut war verflogen. Komisch, ich musste Charles recht geben. Denn genau das war’s, was mir an Sean nicht geheuer war und ich nicht verstanden hatte.
    »Du kennst dich in der menschlichen Natur besser aus, als du glaubst«, seufzte ich und lehnte mich auf dem Bett zurück.
    Er zuckte traurig die Achseln. »Aber ich hab alles vermasselt.«
    »Wieso?«
    »Ich möchte dich näher kennenlernen. Wenn ich dich sehe, hab ich ein ganz besonderes Gefühl.«
    Ich war verblüfft und wollte gerade mit meinem gemeinen Verhör fortfahren (Wieso? Was meinst du damit?), als Charles plötzlich aufstand. »Aber es hat sowieso keinen Zweck. Du konntest mich von Anfang an nicht leiden.«
    Ich starrte ihn an.
    »Du hältst mich für einen Trampel. Ich bin ganz und gar nicht wie Sean, und auf den warst du ja fixiert … Und jetzt wirkt es auch noch so, als wolle ich ihn schlechtmachen.«
    »Sean reizt mich nicht«, sagte ich und senkte den Blick in der Hoffnung, sittsam und ehrlich zu wirken. »Und schon gar nicht nach dem, was er gesagt hat.«
    »Tut mir leid«, sagte Charles.
    »Warum entschuldigst du dich dauernd? Setz dich doch bitte wieder hin.«
    Unser Mineralwasser hatten wir beide nicht angerührt.
    Charles nahm wieder Platz und griff nach seinem Glas. »Weißt du, dieses Wasser steckt schon seit Millionen Jahren im Kalkstein … uraltes Leben. Damit würde ich mich wirklich gern befassen. Mal abgesehen davon, dass ich das Physik-Stipendium bekommen und mit der Forschung anfangen möchte. Ich würde gern an die Oberfläche gehen und die alten Meeresbecken erforschen. Und die Politik links liegen lassen. Ich brauche jemanden, der mitkommt und mir Gesellschaft leistet. Ich hab gedacht, du hättest vielleicht Lust.« Charles blickte auf und platzte gleich darauf atemlos mit seinem Vorschlag heraus. »Die BG Klein hat etwa zwanzig Kilometer von hier einen alten Weinberg. Ich könnte einen Schlepper

Weitere Kostenlose Bücher