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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Ich würde sie sehr gern persönlich kennenlernen.«
    »Und die Gesellschaft der Erde?«
    »Der Mars wirkt im Vergleich dazu ziemlich rückständig.« Ich konnte mich nicht verstellen, ich hab’s nie gekonnt. Ich hatte sowieso meine Zweifel, ob man Alice mit Heuchelei etwas vormachen konnte.
    »Ich glaube, darin sind wir uns einig. Was sind die Stärken der Erde, als Einheit betrachtet?«
    »Ich weiß nicht, ob man die Erde überhaupt als Einheit betrachten kann.«
    »Wieso?«
    »Selbst wenn man die Kommunikationsnetze, die allgemeine Erziehung und die bevorstehende Volksabstimmung berücksichtigt … gibt es dort doch noch eine große Vielfalt, viele Unterschiede. Unterschiede zwischen den Bündnissen, den nicht-verbündeten Staaten, den nicht-therapierten Minderheiten … viele, viele Unterschiede.«
    »Hat der Mars mehr oder hat er weniger Vielfalt?«
    »Einerseits hat er weniger Vielfalt, andererseits ist er nicht so einheitlich.«
    »Warum?«
    »Mehr als achtzig Prozent der Erdenbürger haben eine Therapie hinter sich oder sind von Natur aus hochbegabt. Seit sechzig Erdenjahren sind dort die Geburten größtenteils ganz bewusst gesteuert und geplant. Wahrscheinlich hat es in der Geschichte der Menschheit noch nie eine so auserlesene, intelligente, geistig und körperlich gesunde Bevölkerung gegeben.«
    »Und auf dem Mars?«
    Ich lächelte. »Wir sind stolz auf unsere Schrullen.«
    »Sind wir weniger einheitlich in unserer Betriebsführung und in unseren Entscheidungen?«
    »Ganz sicher«, antwortete ich. »Man braucht sich ja nur unsere sogenannte Politik anzusehen – unsere Vereinigungsversuche.«
    »Wie wird sich das deiner Meinung nach auf die Verhandlungen von Bithras auswirken?«
    »Ich hab nicht die leiseste Ahnung. Ich weiß ja nicht einmal, was er – was die BG oder was der Rat vorhat.«
    »Wie beurteilst du die Vereinigten Staaten und die Bündnisse?«
    Vorsichtig skizzierte ich kurz deren Geschichte. Mir war dabei klar, welch enormes Wissen Alice gespeichert hatte und dass ich gar nicht anders konnte, als ein komplexes Thema vereinfacht darzustellen.
    Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts hatten internationale Konzerne bereits ebenso großen Einfluss auf die Geschicke der Erde wie die Regierungen. Die Erde erlebte ihre erste kommunikationstechnische Revolution. Informationen waren inzwischen genauso wichtig wie Rohstoffe und Produktionsmöglichkeiten. Um die Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts waren nanotechnische Herstellungsverfahren bereits preisgünstig geworden. Mit Nano-Wiederaufbereitungsanlagen konnte man aus Abfall Rohstoffe gewinnen. Daten und Design rangierten an erster Stelle.
    Man hielt an der Illusion getrennter Nationen und einer Lenkung durch Regierungen fest, aber mehr und mehr wurden die politischen Entscheidungen auf der Basis ökonomischen Profits getroffen, Profit war wichtiger als Nationalstolz. Die Zahl der Kriege nahm ab. Der Arbeitsmarkt geriet heftig in Bewegung, als die Entwicklungsländer einbezogen wurden – Nano-Verfahren und andere Formen der Automatisierung verschlimmerten das noch. In der Welt der Informationsgesellschaften entstand fast überall eine Schicht supertüchtiger, mittels Therapie angepasster Arbeiter. Sie waren hochqualifizierte, selbstbewusste Experten, die gleichberechtigte Mitsprache bei den Entscheidungen der Konzernleitungen forderten.
    In den ersten Jahrzehnten des einundzwanzigsten Jahrhunderts hatten sich Kultur und Politik der Erde aufgrund neuer Methoden wirkungsvoller psychologischer Therapie zu wandeln begonnen. Individuen, die sich einer Therapie unterzogen, änderten ihr Verhalten. Nach und nach stellten sie eine ganz neue Schicht dar – eine Schicht, die sich nicht nach wirtschaftlichen, sondern geistigen Kriterien von anderen Schichten unterschied. Abgesehen davon, dass extremes und destruktives Verhalten, wie erwartet, nach der Therapie seltener auftrat, erwiesen sich die Therapierten auch als umgänglicher, anpassungsfähiger und als mit höherer praktischer Intelligenz begabt. Allerdings machte sie das auch kritischer. In politischen, philosophischen und religiösen Fragen hatten sie ihre ganz eigenen Auffassungen. Sie beteten nichts nach. Trotzdem arbeiteten sie mit anderen Menschen – auch mit denen, die keine Therapie hinter sich hatten – ohne Mühe und wirkungsvoll zusammen. Das Motto derjenigen, die Therapien befürworteten, lautete: »Eine gesunde Gesellschaft ist eine höfliche Gesellschaft.«
    Nachdem sich die meisten

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