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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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in mein Zimmer zurück, verschloss die Tür, legte mich aufs Bett, zog das Gerät aus der Tasche und baute es vor mir auf. Ich holte tief Luft und rief den Text auf:
     
    Sehr geehrte Casseia Majumdar,
    Ihre Bewerbung für ein Praktikum bei dem Rechtsvertreter Bithras Majumdar, BG Majumdar, ist positiv beschieden worden. Bei der bevorstehenden Reise zur Erde werden Sie als seine Assistentin arbeiten. Ein Treffen mit Bithras wird in Kürze stattfinden. Bitte regeln Sie in Vorbereitung der Reise Ihre persönlichen Angelegenheiten so schnell wie möglich.
     
    gezeichnet
    Helen Dougal
    Sekretärin des Rechtsvertreters, BG Majumdar
     
    Mich packte ein Zittern. Ich lehnte mich auf dem Bett zurück und wusste nicht, ob ich lachen sollte oder ob mir schlecht wurde. Ich war auf direktem Weg zum Zentrum der Macht, wenn auch nur mit Beobachterstatus.
    Der andere Glückspilz, der als Praktikant akzeptiert worden war, hieß Allen Pak-Lee. Er war ein ernsthafter Bursche aus Majumdars Niederlassung in Vastitas Borealis. Allen war zwei Jahre älter als ich, an der Uni hatte ich ihn flüchtig kennengelernt. Er schien ruhig und ehrlich zu sein.
    Wir nahmen auch eine registrierte Kopie von Alice mit. Die BG Majumdar zahlte alles in allem rund siebeneinhalb Millionen Dollar für die Reise von uns vieren – Alice Zwei zählte als voller Passagier, obwohl sie nicht einmal zwanzig Kilo wog.
    Als Sekretärin und Verhandlungsassistentin würde ich viel Zeit mit meinem Onkel dritten Grades verbringen. Bithras, ein ewiger Junggeselle und fast dreimal so alt wie ich, hatte einen legendären Ruf als Schürzenjäger. Unser Verwandtschaftsgrad würde für ihn kein großes Hindernis darstellen, wir waren nicht blutsverwandt. Und wenn man Beziehungen innerhalb der Familie auch nicht besonders gern sah, kamen sie doch vor. Oft genug. Das alles wusste ich, als ich meine neue Stelle antrat. Ich dachte, ich würde damit schon klarkommen.
    Man hatte mir erzählt, Bithras lanciere seine Attacken einigermaßen moderat und könne einen Korb ohne das Gefühl von Gesichtsverlust oder Groll verkraften. Außerdem verhalte er sich in der Öffentlichkeit väterlich und trete als Beschützer auf. In vielerlei Hinsicht sei er ein ehrenwerter, intelligenter und freundlicher Mann.
    »Aber falls du mit ihm ins Bett gehst«, sagte meine Mutter, als sie mir beim Packen half, »bist du geliefert.«
    »Wieso?«, fragte ich.
    »Weil er ein konservativer alter Schwerenöter ist«, antwortete sie. »Er behauptet, die Frauen innig zu lieben, und das tut er auf seine Weise ja wohl auch. Aber – und das weiß ich aus erster Hand von einer seiner Freundinnen – er macht sich überhaupt nichts aus Sex. «
    »Das versteh ich wirklich nicht«, stellte ich fest und legte eine Tasche aus Sackleinen in den Stahlkoffer, das einzige Gepäckstück, das ich mitnehmen durfte.
    »Bithras ist wie ein Hund, der gern auf Jagd geht, aber den Fuchs nicht gern zur Strecke bringt und erlegt.«
    Ich lachte, aber Mutter zog die Augenbrauen hoch und presste die Lippen aufeinander. »Glaub mir. Er lebt für seine Arbeit. Für einen unverheirateten Mann in seiner Position können sexuelle Beziehungen schädlich, unvernünftig und vielleicht auch gefährlich sein. Er muss mit seinem Alter Ego leben, einem Ego, das er noch nie in den Griff bekommen hat. Aber für dich ist die Reise eine einmalige Chance.«
    Ich zog eine Grimasse und verstaute meine Notapotheke im Koffer.
    »Drück’s zusammen«, sagte Mutter. Ich tat es, die Packung wölbte sich.
    »Sie ist ganz neu«, sagte ich. »Ich wusste gar nicht, dass Bithras so ein Ungeheuer ist. Warum lässt sich das überhaupt jemand gefallen?«
    »Weil Bithras ein sakrosanktes Ungeheuer ist, liebe Casseia. Wenn er nicht existieren würde, müsste man ihn erfinden. Betrachte ihn einfach als familiäre Institution, der du Wegezoll entrichten musst. Widersteh seinen Annäherungsversuchen mit Klugheit und Humor, und er wird alles für dich tun. Wenn er erst einmal weiß, mit wem er es zu tun hat, wird er von selbst damit aufhören.« Kritisch musterte sie den perfekt gepackten Koffer und nickte dann beifällig. »Ich beneide dich«, sagte sie wehmütig. »Ich würde auch furchtbar gern zur Erde reisen.«
    »Selbst mit Bithras im Handgepäck?«
    »Nicht um alles in der Welt würde ich oder würdest du mit ihm ins Bett gehen wollen.« Sie zwinkerte mir zu. »Schließlich haben wir beide Geschmack. Aber was für eine Chance … Widersetz dich dem wilden Tier

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