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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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in der Kunst. Auch dort treffen sich Freiheit und Regel zum Rendezvous.
    Heute wissen wir mehr über die weltweite Vielfalt von Spielen als Huizinga vor 70 Jahren. Als Kulturgeschichtler hatte er für seine Thesen nur Material aus Europa herangezogen. Deshalb tritt bei ihm der Wettbewerbsaspekt zu stark in den Vordergrund. Mittlerweile haben Ethnologen Gesellschaften gefunden, in denen es vor allem kooperative Spiele gibt. Es muss also nicht immer um Gewinnen oder Verlieren gehen. Die Regeln sind bei gewinnorientierten Spielen besonders eindeutig. Bei Rollenspielen ist oft nur klar, dass nicht mehrere Rollen gleichzeitig gespielt werden. Mann kann nicht zugleich Dieb und Polizist sein und auch nichts dazwischen. In westlichen Gesellschaften denken viele Menschen, dass man nur das gewinnen kann, was ein anderer verliert. Die Kooperationsspiele vieler Gesellschaften sind aber oft gerade keine »Nullsummenspiele«, sondern alle gewinnen. Ein universaler Begriff von Spiel kann also nicht auf dem Wettbewerb aufbauen.
    Der Spielforscher Henning Muth beobachtete bei einem Fußballspiel in Rio de Janeiro fasziniert einen Spieler, der mitten im Geschehen das gegnerische Tor aus den Augen zu verlieren schien und stattdessen die Zuschauer mit einer artistischen Einlage verzauberte. Muth fragte sich, welche besondere Kultur des Spiels den Spielern solche Kapriolen erlaubt und ihnen dafür auch noch den Beifall des Publikums beschert. Er erforschte daraufhin die Spiele in Nordostbrasilien genauer und fand heraus, dass bei vielen die Frage nach einem Gewinner völlig bedeutungslos ist. Neben linearen Spielen, die pfeilartig auf Gewinn und Niederlage ausgerichtet sind, gibt es Spiele, deren Struktur sich am Kreis orientiert. Da gibt es nichts zu gewinnen, aber alle Teilnehmer können sich für eine geraume Weile selbst vergessen. Sie überlassen sich dem Spiel, verfolgen weder Absichten noch Zwecke. Das Spiel spielt mit ihnen. Wo der Zwang, Sieger sein zu wollen, nicht mehr besteht, wird der Spieler frei. Und in dieser Freiheit wachsen ihm kreative, eben spielerische Möglichkeiten zu.
    Ein Spiel geht um die Welt
    Spiele sind ein schönes Beispiel dafür, wie der erste, oberflächliche Blick trügen kann. Wir sehen zunächst nur die Vielfalt und die markanten Unterschiede. Erst wenn wir nicht auf äußere Auffälligkeiten fixiert bleiben, kommen die Ähnlichkeiten zum Vorschein. Hinter dem bunten Erscheinungsbild der Spielpläne und Spielfiguren sind oft ähnliche Regeln wirksam. Viele Spiele haben einen weiten Weg hinter sich. Sie sind in einer Kultur entstanden und wurden von anderen übernommen. Dabei haben sie sich verändert, manche bleiben trotzdem erkennbar. Nicht nur »Mensch ärgere dich nicht« und Backgammon stammen in ihrer Urform aus Indien, auch Schach wurde hier im 7. Jahrhundert als Chaturanga erfunden. Das Wort stand für die vier Gattungen der damaligen Armee: Pferde, Wagen, Elefanten und Fußsoldaten.
    Ab dem 11. Jahrhundert trat Schach seinen globalen Siegeszug an, und zwar zunächst nach Persien. Von dort wanderte das Spiel in die arabischen Länder und kam über sie nach Europa, wo es überall Anhänger fand. Könige und Hochadel machten es zum »königlichen Spiel«. Schach ist aber nicht nur im Westen beliebt geworden, es hat sich von Indien auch nach Osten verbreitet. Zuerst erreichte das Spiel China und gelangte von dort aus nach Korea und Japan. Im fernsten Osten wird es seit dem 8. Jahrhundert als Shogi nach Regeln gespielt, die sich vom Standardschach Europas stark unterscheiden. Alle Steine haben die gleiche Farbe. Geschlagene Figuren kämpfen für ihren neuen Herrn. Das »Japan-Schach« hat keine Dame, nur jeweils einen Läufer und einen Turm, und die Springer sind machtlos. Dennoch ist das Spiel sofort als Schach erkennbar.
    Schach nimmt unter den Spielen der Welt eine besondere Stellung ein. Es gibt mehr Bücher allein über Schach als über alle anderen Spiele zusammen. Die Herausforderung der Intelligenz und die Eleganz der Züge fasziniert über Kulturgrenzen hinweg. Wie kein anderes Spiel hat es Spieler, Künstler und Wissenschaftler in seinen Bann gezogen. Es zeigt uns aber zugleich etwas Allgemeines: Auch wer Schach nicht beherrscht, erkennt sofort, dass es ein Spiel ist, etwas, das Freude macht und Regeln folgt, aber von der normalen Alltagswelt abgetrennt ist.
    Manche Spiele haben sich erst in moderner Zeit mit der Globalisierung der Kommunikation weltweit ausgebreitet. Die Computerspiele

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