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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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Die Weltformel der Attraktivität ist ein Verhältnis von Taille zu Hüfte von 0,7. Evolutionsbiologen sagen uns, dass diese Körperform den Männern Fruchtbarkeit anzeige. Mediziner fügen hinzu, dass die damit erreichte Fettverteilung gesund sei. Vollschlanke können sich mit den ganz wenigen Kulturen trösten, in denen gewichtige Menschen allgemein als schön gelten. Es gibt einzelne Gesellschaften, in denen man nur richtig Füllige sexy findet. Sie müssen sich allerdings in die innere Sahara, an den oberen Amazonas oder in die Randgebiete Südafrikas begeben, um dort ihre Traumpartner zu finden.
    Barbie hat wahrhaftig kein Problem mit überflüssigem Gewicht. Ihre Körperform ist gegenüber den wirklichen Menschen und selbst ihren Schönheitsidealen übertrieben. Arme und Beine sind überlang, die Hüften superschmal, die Taille ist extrem eng. Der geringe Fettgehalt ihres Körpers, wenn er nicht aus Plastik bestünde, wäre tödlich. Ihr Unterkörper wäre nicht in der Lage, die normalen Organe zu fassen. Im realen Leben wäre sie ein Pflegefall.
    Verhaltensforscher haben allerdings herausgefunden, dass bestimmte Übertreibungen besonders anziehend wirken. Sie nennen das »überoptimale Auslöser«. Bekannt ist das sogenannte Kindchenschema mit hoher Stirn, großen Kinderaugen, kleinem Kinn und süßer Stupsnase. Das wurde von Puppenherstellern schon benutzt, bevor die Verhaltensforscher es entdeckten. Als Konrad Lorenz das Kindchenschema 1943 entdeckte, gab es noch keine Barbie-Puppen. Er hat mit anderen Puppen gespielt. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Männer und auch Frauen ein im Computer »gemorphtes« Gesicht besonders schön finden, wenn es die Proportionen einer Vierzehnjährigen hat. Mit der Verzerrung zum Babyface trifft Barbie auch hier ins Schwarze. Die übergroßen Augen, die Stupsnase, die langen Haare, der volle Busen und die Wespentaille – offenbar ist für alle Käufer der richtige Auslöser dabei. Die Puppe gefällt den Kindern und auch denen, die sie kaufen, den Eltern: ein kulturübergreifender Volltreffer in die Psyche der Menschen weltweit.
    Burkini statt Bikini
    In Berlin-Kreuzberg verkaufen polnische Männer amerikanische Razannes an kleine Türkinnen. In Marseille verkaufen marokkanische Händler chinesische Kopien amerikanischer Barbies an französische Kinder. Die Welt wird zunehmend vernetzt. An einzelnen Orten zeigen sich aber ganz eigene Antworten auf diese Welteinflüsse. Globale Einflüsse werden lokalisiert. »Glokalisierung« nennen Sozialwissenschaftler das.
    Im Rahmen ihrer weltweiten Vermarktung passt man Produkte oder Firmenauftritte lokal an. Man islamisiert sie zum Beispiel. McDonald’s offeriert in Mekka Hühnchen mit Reis statt Buletten. In Malaysia tragen die Burger-Verkäuferinnen am Freitag Kopftücher. Wenn in Indonesien die Amerikaner mal wieder unbeliebt sind, werden die Schilder in den Filialen der Fast-Food-Kette auf Arabisch umgestellt, auch wenn das kaum ein Kunde lesen kann. In Saudi-Arabien laben sich die Wüstensöhne mit Mecca-Cola.
    Glokalisierung beobachten wir auch in Australien. Der Cogee Beach, einer der Hotspots des australischen Strandlebens, ist kein Kloster. Miniatur-Bikinis treffen auf hautenge Badehosen, Sex liegt in der Luft. Hier wie an vielen Stränden in Australien ist Oben-ohne nicht nur toleriert, sondern völlig normal. Normal aus wessen Sicht? Es verwundert nicht, dass die Zahl der Muslime hier am Strand übersichtlich bleibt. Auch wenn es heute, wo Australien zunehmend asiatisch wird, viele Islamgläubige im Land gibt, wird hier kaum eine Muslima ins Wasser gehen. Das wäre nicht sittsam, sondern würdelos, und sie bekäme zu Hause eine Menge Ärger.
    Dieses Problem hat die Firma Ahiida gelöst: Burkini statt Bikini! Im Namen fusioniert der Bikini mit der islamischen Burka . Der schicke Burkini ist aus Lycra und bedeckt den ganzen Körper. Dazu gehört eine Kopfbedeckung namens Hijihood . Sie ersetzt das Kopftuch, den Hijab . Ahiida produziert seit 2004 religiös korrekte Freizeitkleidung. Die Firmengründerin Aheda Zanetti kam im Alter von vier Jahren nach Australien. Sie ist Mutter von vier Kindern und sagt: »Ich wurde durch kulturelle und religiöse Sitten und Bräuche eingeschränkt.« Jetzt ist den Muslimas ein Bad mit Würde möglich. Die australische Kommission für Außenhandel fand das gut und feierte Zanetti als herausragende Unternehmerin, die »Millionen von Frauen rund um den Globus einen aktiven Lebensstil

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