Heimat Mensch - Was uns alle verbindet
leisten. Sie müssen Themen ansprechen, die alle Menschen stark interessieren, und sie müssen schön sein. Barbie bedient den Dauerbrenner Verwandtschaft in allen Kulturen: Freundschaft, Liebe, Familie. Schon früh hatte Barbie nicht nur einen Freund, sondern auch eine Freundin. Es kamen immer mehr Puppen hinzu, etwa Skipper, ihre kleine Schwester, oder Francine, ihre Cousine, die wiederum selbst Freundinnen hatten. Das unterscheidet Barbie von üblichen Puppen, zu denen es, wenn überhaupt, nur Mann und Kind gibt.
Diese Vielfalt ist mehr als einfach nur eine Strategie, viel zu verkaufen. Mattel gestaltete Barbies Freundinnen immer mit eigenen Gesichtern. Midge, seit 1963 auf dem Markt, ist Barbies älteste Begleiterin. Statt einem sexy Girl ist sie das unkomplizierte Mädel von nebenan. Barbie ist bis heute unverheiratet. Midge dagegen durfte heiraten, und zwar Kens Freund Allan. Die Firma baut eine ganze Lebenswelt um die Figuren auf. So lassen sich Geschichten erzählen, die sich um menschliche Kernthemen drehen. Der Hersteller entwickelte außerhalb der Barbie-Serie noch weitere Reihen von Modepuppen im gleichen Maßstab. Auf den Packungen ist vermerkt, dass ihnen die Barbie-Kleidung passt. Auch sie gehören also zu Barbies Welt. Mattel hat damit früh ein Grundprinzip des erfolgreichen Marketings entdeckt. Statt nur ein Püppchen zu verkaufen, stecken emotionalisierte Lebenswelten und ganze Geschichten im pinkfarbenen Paket.
Der Hersteller hat nicht nur die evolutionär geformten Vorlieben von kleinen Mädchen sehr genau studiert. Das Unternehmen verfolgt selbst eine Art evolutionäre Strategie von Versuch und Irrtum. Die Nebenfiguren werden in der Regel nur für einige Jahre verkauft. Jedes Jahr kommt etwa ein halbes Dutzend neuer Versionen auf den Markt, darunter viele Misserfolge. So gab es von Francine 1966 zusammen mit der weißhäutigen eine dunkelhäutige Version, die aber als Flop schnell vom Markt genommen wurde. Schon 1968 war ihre afroamerikanische Freundin Christie mit etwas veränderter Kopfform ein Erfolg, wie später auch ihre asiatischen Freundinnen Kira und Lea sowie die hispanische Kayla. Mattel hat immer wieder mit dem Aussehen der Puppen experimentiert. Einige Kopfformen wurden bei Modellen ausprobiert, die selbst nur kurz im Programm waren, dann aber für andere Top- und Longseller verwendet.
Vermessene Schönheit
Psychologen sagen uns, dass es universale Schönheitskriterien gibt. Bei Schönheitsvorstellungen zu Kunstwerken gibt es eine ziemliche Streuung. Die Standards für die Beurteilung der Schönheit von Menschen sind dagegen weltweit recht ähnlich. Und es ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen, denn Schönheit hat Folgen, auch wenn wir uns dagegen innerlich wehren. Wer als schön gilt, wird automatisch für zufriedener, sympathischer, intelligenter, kreativer und fleißiger gehalten als andere. Und vielleicht ist er oder sie deshalb dann tatsächlich erfolgreicher.
Menschen sind sich weltweit ziemlich einig, wen sie gut aussehend finden. Überall werden große Menschen als schön empfunden, auch wenn das bei zwei Metern an seine Grenze stoßen mag. Danny-DeVito-Typen können noch so sympathisch sein, attraktiv sind sie für eine Frau nur bedingt, und auf dem Heiratsmarkt haben sie eindeutig die schlechteren Karten. Kleine Männer setzen im Schnitt deutlich weniger Kinder in die Welt als größere, und das hat nichts mit ihrer Potenz zu tun. Überall mag man Menschen mit einer sauberen und glatten Haut. In allen Kulturen findet man symmetrische Gesichter schöner als unsymmetrische. Beim Morphing wird am Computer aus vielen echten Porträts das Bild eines Gesichts künstlich erzeugt. Am allerbesten schneidet ein auf diese Weise hervorgebrachter Durchschnitt aus Gesichtern ab, die zuvor als schön bewertet wurden. Das Gleichmaß auf dem Siegerpodest.
Praktisch überall schätzen Männer schlanke Hüften und eine mittelbreite Taille bei Frauen. Devendra Sing stammt aus Indien, forscht als Psychologe an der University of Texas in Austin und interessiert sich für die Evolution der menschlichen Psyche. Singh kommt 1993 auf die Idee, Prosaliteratur, Gedichte und Theatertexte aus drei Jahrhunderten unter die Lupe zu nehmen, um nach Schönheitsvorstellungen zu fahnden. In den 66 romantischen Beschreibungen der Taille findet er keine einzige, in der eine dicke Körpermitte besungen wurde.
Es gibt eine ideale Proportion, die quer durch alle Zeiten und Kulturräume als schön gilt.
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