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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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spielende Razanne, das Schulmädchen, die Pfadfinderin und die Eid Mubarak Razanne . Dies ist eine Spezialpuppe zur Feier des islamischen Feiertags Eidul Fitri , und der Hersteller schreibt dazu: »Heute feiert Razanne das hohe islamische Fest. Sie hat ihr neues Kleid mit Blumenmustern in Rosa oder Blau angezogen, und die Einladungskarten für ihre Freundinnen liegen bereit. Mit Luftballons kann sie den Raum für die Party schmücken.«
    Die ebenfalls in allen Haut- und Haarfarben lieferbare »Drinnen-und-Draußen-Razanne« bietet NoorArt als Puppenpaar an. Die Packung für Kinder von vier bis acht Jahren kostet 17,99 Dollar und enthält eine verhüllte Figur mit Kopftuch zum Ausgehen und eine mit offenem Haar und peppigem Dress für zu Hause. Das farbenfrohe Kittelkleid ist wadenlang und hat einen deutlichen Ausschnitt. Während für den Ausgang Zurückhaltendes angezeigt ist, sei die Hausversion der letzte Schrei, betont der Hersteller: »Zu Hause liebt es Razanne, sich nach der neuesten Mode zu kleiden. Aber in einer Minute ist sie fertig und kann in ihrem traditionellen Jilbab -Mantel ausgehen.«
    Mittlerweile hat das Unternehmen ein Razanne-Malbuch, das Brettspiel »Von Mekka nach Medina« und das »Heitere Koran-Quiz« nachgeschoben und ihr klug angepasstes Produkt in Kuwait und in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf den Markt gebracht. In arabischen Ländern könnte Razanne ein Kassenschlager werden.
    Es gibt jedoch ernst zu nehmende Konkurrenz aus dem islamischen Bereich. Seit 2003 wird die in China produzierte Fulla von einer syrischen Firma im gesamten Vorderen Orient vermarktet. Und zwar mit großem Erfolg, denn sie ist billiger als ihre Schwestern. Das betrifft allerdings nur den Kaufpreis. Als Frau ist sie alles andere als billig. Sie ist zwar geschminkt, aber das Kopftuch reicht bis zur Armbeuge. Die ebenfalls pink eingepackte Puppe ist benannt nach dem Jasmin, der in der Levante wächst. Ob in Syrien oder Ägypten, in Jordanien oder Katar: kaum ein Ecklädchen ohne Fulla-Puppen, Fulla-Cornflakes oder Fulla-Frühstück. Es gibt Fulla-Kaugummi und Fahrräder der Marke Fulla Pink.
    Ob Barbie, Sara, Fulla oder Razanne, sie alle vermitteln eine bestimmte Sicht der Frau. Auf den ersten Blick sind das sehr verschiedene Frauenrollen. Die westliche Barbie kommt flott und sexy daher, während Razanne und ihre islamischen Schwestern sich brav und züchtig geben, hochgeschlossen statt offenherzig. Wo Barbie eher eine Ausziehpuppe ist, bleiben sie angezogen. Die kleine Muslima, die mit einer von ihnen spielt, soll sich an das Leben unter dem Schleier gewöhnen. Geht es also um eine Puppe Gottes gegen die Ikone der Weltlichkeit?
    Razanne und Fulla sind zweifellos moderner als die museale Marokko-Barbie , und neuerdings sind sie so emanzipiert wie die westlichen Barbies, denn sie haben jetzt einen Beruf. Seit 2003 gibt es Razanne als Lehrerin, Fulla sogar als Lehrerin und Ärztin. Noor Sadeeh sagt: »Wir wollen zeigen, dass muslimische Frauen Karriere machen können.« Ganz auf islamischer Linie fragt sie, welcher Beruf denn wohl ehrenhafter sein könne als das Unterrichten. Zum bodenlangen Kleid trägt Teacher Razanne Sonnenbrille und ein Aktentäschchen. Und was ist drin? Ein Laptöpchen!
    Volltreffer in die Psyche
    Schaut man sich Barbie, Fulla und Razanne mit etwas Distanz an, erscheinen die Normen und Ideale, die sie transportieren, gar nicht so verschieden. Alle drei sind schön, gesund, hyperschlank und haben langes Haar. Sicher wirkt Barbie als Berufstätige selbständiger als Razanne und diese freier als die iranische Sara. Sie alle vermitteln einen globalen Lifestyle, der zwar im Westen seinen Ursprung hat, heute aber auf der ganzen Welt lokal angepasst und lokal interpretiert wird.
    International aktive Firmen werden nur dann zum wirklichen Global Player , wenn sie universale Wünsche über eine wiedererkennbare Marke mit lokalen Verhältnissen in Einklang bringen können. Solche Produkte sind weder welteinheitlich standardisiert noch ausschließlich für eine lokale Kundschaft konzipiert. Wer Welterfolg will, muss den Spagat hinbekommen, Produkte zu »glokalisieren«. In den Vereinigten Staaten gibt es mittlerweile sogar Indianerfiguren als Spielzeug, deren Figur exakt den Barbie- und Ken-Maßen entspricht.
    Produkte lassen sich nicht einfach durch viel Werbung global durchsetzen. Lokale Anpassung ist wichtig, aber auch das reicht nicht für einen echten Welterfolg. Solche Produkte müssen mehr

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