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Heimat Mensch - Was uns alle verbindet

Titel: Heimat Mensch - Was uns alle verbindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Antweiler
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Fortpflanzungsstrategie.
    Andererseits zeigen uns romantisch Liebende, dass enge Partnerbindung und Sex oft entkoppelt sind. Jankowiak weist auf eine grundlegende Ambivalenz hin: In Bezug auf Sex sind Menschen tendenziell polygam, in Hinsicht auf enge Bindungen aber eher monogam. Die Stärke unterscheidet sich bei Männern und Frauen, aber wir alle haben eine Begierde nach Sex mit vielen und gleichzeitig eine Sehnsucht nach Bindung mit einem Menschen. Mit diesem Widerspruch müssen sich alle Kulturen auseinandersetzen. Die hoffnungslos Verliebten zeigen uns, dass trotz aller kulturellen Vielfalt weltweite Grundmuster existieren. Denn auch die romantische Liebe ist ein Produkt des Zusammentreffens von Biologie, Person und Kultur.
    Die Neurowissenschaften können uns heute die gefühlte Euphorie der romantischen Liebe auch objektiv in der Hirntätigkeit nachweisen. Wir Menschen scheinen durch unsere in der Evolution geformte Psyche dafür prädestiniert zu sein, uns zu verlieben. Vielleicht ist das tatsächlich ein Trick der Natur, der uns dazu bewegt, enge Bindungen zu schließen. Zwei Menschen können eine intensive emotionale Beziehung eingehen, die alle geltenden sozialen Grenzen überschreitet. Wenn er liebte, war selbst der Kaiser von China auf ein und derselben Stufe wie seine Geliebte. In keiner Kultur ist jedefrau und jedermann romantisch veranlagt; manche erleben niemals im Leben leidenschaftliche Liebe. Wir können aber eine beruhigende Botschaft festhalten: Jede Gesellschaft auf diesem Planeten kennt die Höhenflüge und Abstürze eines liebenden Herzens.

Bilder der Menschheit in unseren Köpfen Entdeckungslust und Ethno-Pop
    Dezember 1968. Während 380000 Kilometer entfernt Weihnachten gefeiert wird, richtet Frank Borman, der Kommandant, das Apollo-Raumschiff kurz auf den Mondhorizont aus. Eigentlich beobachten sie aus dem Kommandomodul in der Mondumlaufbahn die Oberfläche des Erdsatelliten, um sie für die spätere Landung zu erkunden, aber sein Pilot James Lovell will die Position genau bestimmen. Als Frank auf den Horizont des Mondes blickt, bleibt ihm die Luft weg. Er stammelt ins Mikro: »Oh, mein Gott! Seht euch dieses Bild an! Hier geht die Erde auf.« Auch die Männer in Houston sind sprachlos. Sofort macht er ein Schwarz-Weiß-Foto. Bill Anders, der dritte Astronaut, legt schnell einen Farbfilm ein und schießt das berühmte Farbbild, das bei Fotosammlern unter dem Titel Earthrise firmiert. Distanz kann klare Sicht verschaffen, und ein veränderter Standpunkt vermittelt manchmal neue Einblicke.
    Vier Jahre später ist Apollo 17 auf dem Weg zum Mond und gerade 45000 Kilometer von der Erde entfernt. Am 11. Dezember 1972 machen Eugene Cernan und Harrison Schmitt mit einer Hasselblad das wichtigste Foto unserer Zeit. Es zeigt die blaue Erdkugel im dunklen All. Unser Heimatgestirn erscheint einsam im dunklen Weltraum, einzigartig und schützenswert. Vor allem ist der Blaue Planet von unglaublicher Strahlkraft und Schönheit.
    Das beeindruckende Foto ist bis heute mit großem Abstand das weltweit am häufigsten abgedruckte Bild. Jeder von uns hat es schon tausendmal gesehen. Seine Wirkung war stärker als die vielen schlimmen Aufnahmen aus Vietnam, die damals um die Welt gingen. Ein Hoffnungsschimmer, denn es sind vor allem Bilder, die unser Denken über die Menschheit auf diesem Planeten prägen. Für mich ist das der eigentliche Erfolg der Apollo-Missionen. Das Besondere dieses Fotos war, dass man die Erde zum ersten Mal vollständig als Kugel sah. Mit seinem sofort einsichtigen Overview -Effekt inspirierte das Bild ein neues Denken über die Welt. Das Foto mit dem Sammlernamen Blue Marble hat die Wahrnehmung unserer Welt verändert. Wir begreifen sie seitdem erst wirklich als eine Welt.
    Bildwelten machen Weltbilder
    Die Wirklichkeit auf unserem Planeten sieht in den 1960er und 1970er Jahren ganz anders aus. Es herrscht Kalter Krieg, und die Welt ist noch eindeutig eingeteilt, nicht nur in »den freien Westen« und den »Ostblock«, sondern auch in Erste Welt, Zweite Welt, Dritte Welt. Das ökologische Denken beginnt sich erst gerade in alternativen Zirkeln zu formieren, Internet und Globalisierung sind noch Zukunftsmusik. Als Jugendlicher verfolge ich jede Apollo-Mission genauestens und fiebere der Mondlandung entgegen, die dann 1969 tatsächlich stattfindet. Sorgsam fülle ich Karteikarten mit genauesten Angaben zu jedem Raumflug an: Besatzung, Trägerrakete, Dauer des Fluges, Zahl der

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