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Heimkehr

Heimkehr

Titel: Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Bach
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hörst du, wie der Motor anspringt?
    Es war, als ob Feuerwerkskörper dumpf knallend explodierten, dann dröhnte das Triebwerk los.
    Ich hatte vergessen, wie ein Flugzeug vibriert und tanzt, sobald das Triebwerk läuft. Es ist, als ob die Maschine nicht glauben könnte, daß sie wieder zum Leben erwacht ist und aufsteigen wird.
    » HINTERE LUFTSCHRAUBE FREI !« Kraftstoffpumpe an!
    Der Donner der Triebwerke wurde noch stärker. Dickie zeigte auf jedes Instrument, auf dem sich ein Zeiger bewegte, und ich beantwortete jede seiner stummen Fragen.
    »Fahrtenmesser! Öldruck! Treibstoffdurchfluß! Abgastemperatur!«
    Wie viele Jahre war ich mittlerweile geflogen, ohne wie er darüber begeistert zu sein, in diesem Cockpit zu sitzen? Früher hatte ich eine große, ruhige Freude empfunden, wie sehr war ich doch inzwischen erwachsen geworden!
    »Tower kommen!« rief ich und drückte auf den Knopf des Bordempfängers, um die Startinformationen vom Flughafen einzuholen.
    »… Wind one seven zero degrees at one five knots«, sagte die Stimme im Kopfhörer. »Lande- und Startbahn one six right. Bestätigen Sie den Empfang der Information, Kilo…«
    Ich schaltete das Mikrophon ein, und Dickie geriet außer sich vor Begeisterung. Er hatte Verbindung mit dem Tower! »Hi, Tower, hier ist die Skymaster One Four Four Alpha aus den westlichen Hangars mit Kilo…« Dickie sprach in meinem Innern genauso wie ein richtiger Pilot, und er war außer sich vor Freude.
    »Klasse!« sagte er, als wir in die Startposition rollten. Zum ersten Mal wurde er gewahr, daß er nicht mehr so klein wie vorher war. Mit dem Fuß konnte er den Gashebel erreichen, und er war wie ein richtiger Pilot in der Lage, über die Instrumententafel hinweg auf die Startbahn zu blicken.
    Die Flugvorbereitungen waren beendet. Er gab zum ersten Mal in seinem Leben Vollgas. Gewitterstürme wurden zu Tornados: Daisy preschte vorwärts – sie wollte sich in die Luft erheben. Wir wurden in die Sitze gepreßt und dann hinein in die blaue Luft. Ich wußte kaum noch, wie sehr ein Flugzeug schwingt und schaukelt, wenn es den Boden verläßt.
    Aus den weißen Strichen in der Mitte der Startbahn wurde ein siebzig Meilen schneller Blitz, der nur noch verschwommen unter uns zu sehen war.
    »Hoch! Hoch! Noch höher!«
    Dickie zog die Steuersäule leicht zu sich heran, das Flugzeug hob seine Nase, und wir stiegen wie eine Rakete mit weißgelbem Schweif in dem Himmel.
    »Fahrwerk einfahren! Landeklappen rein!« schrie er. »Flieg, Daisy flieg!«
    Am Variometer las ich ganz nüchtern eine Steiggeschwindigkeit von 1600 Fuß pro Minute. Ihm dagegen kam es so vor, als ob irgendwer schwere Ketten durchgehauen hätte, die Erde verschwand unter uns, und wir befanden uns im leeren Raum. Endlich waren wir frei!
    Bald lag der Flughafen hinter uns, wir verließen den Flugsicherungsbereich. Dickie flog eine Kurve und hielt auf eine aus einer großen Kumuluswolke bestehende Insel zu, die in der Nähe des Gebirges dahinschwebte. Fliegen war besser als zu träumen, besser als im Gras zu liegen und anzunehmen, man reiste mit dieser Wolke.
    Unterdessen stießen wir auf die Kumuluswolke. Wir flogen mit mehr als 350 Stundenkilometern in die dichte schneeweiße Masse hinein.
    »Wow! Wow! Wow!«
    Es war ein unruhiger Ritt durch die Wolke. Aber bei unserer Geschwindigkeit dauerte es nicht lange, bis wir auf der anderen Seite wie ein weißer Feuerball wieder hervorgeschossen kamen; wir zogen Nebelspiralen an den Enden der Tragflächen hinter uns her.
    » Heiliger BIMBAM !«
    Wir drehten eine Schleife, stiegen bis über die Spitze des schneeweißen Turmes in die Höhe, gingen in Schräglage, um auf den brodelnden Gipfel hinunterzuschauen, den niemand auf der Welt vorher gesehen hatte oder jemals sehen würde, und flogen danach am steilen Abhang vorbei. Wir waren ungewöhnliche Skiläufer, die in 7000 Fuß Höhe dahinschwebten und dann am äußersten Rand jäh in die Tiefe sausten.
    »Los, DAISY !«
    Unglaublich, dachte ich. Er ist ein kleines Kind!
    »Über das Gebirge!« befahl er. »Dorthin, wo noch kein Mensch hochgeklettert ist.«
    Ich achtete auf unsere Sicherheit, indem wir in Reichweite eines Notlandeplatzes blieben, für den Fall, daß beide Triebwerke aussetzten. Im Augenwinkel überwachte ich Tankuhr, Öldruck und Triebwerktemperatur.
    Er spähte durch die Windschutzscheibe und ließ Daisy fliegen.
    Unter uns hoben sich oberhalb der Baumgrenze kobaltblaue Gebirgsseen von den hohen Schneefeldern ab.

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