Heimkehr am Morgen (German Edition)
Löcher gegraben, seit er hier war, aber noch nie in diesem Tempo. Das Herz hämmerte ihm vor Anstrengung in der Brust, aber schließlichhatten sie einen annehmbaren Unterstand und warfen sich hinein. Angst durchflutete seine Adern.
»Gas! Gas!«
Oh mein Gott, schon wieder Gas. Er fummelte die Gasmaske aus ihrem Behälter, den er um den Hals hängen hatte. Gerade rechtzeitig stülpte er sie über, als er auch schon die unheilvolle, trübe Wolke sah, die auf sie zuwaberte, begleitet von einer Reihe Explosionen. Über den Rand ihres Schützengrabens sah er einen Mann keine zehn Meter entfernt, den das Gas, das Augen und Lungen verbrannte, bereits erwischt hatte. Der Soldat keuchte und zuckte wie ein aufgespießter Fisch. Er machte das wohlbekannte gurgelnde Geräusch, das einen Augenblick lang lauter war als alle Maschinengewehre und Bomben. Als er den Kopf zu ihm drehte, begegneten sich ihre Augen – die des anderen Soldaten auslaufend und blutig, Rileys Augen behindert, aber geschützt durch das Visier seiner Gasmaske.
»Whip!«, brüllte Riley entsetzt, die Stimme durch die Gasmaske gedämpft. Zitternd starrte er Whip an, der auf dem aufgewühlten Boden zuckte. Sie hatten Fournier mit Gas getötet. Diese Hurensöhne hatten den liebenswürdigen, leichtlebigen, kultivierten Fournier umgebracht. Jemand zog Riley wieder in den Graben, aus der Feuerlinie.
»Gottverdammt, Braddock, willst du, dass sie dir den Hintern wegschießen?«
Unbewusst drückte Riley die Hand auf die Jackentasche, die Susannahs Foto enthielt, dann schnappte er sich mit der anderen Hand sein Gewehr und sprang wieder auf. Gepackt von einer irrwitzigen Wut, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte, war Riley entschlossen, die Bastarde zu töten, die Remy Whipperton Fournier III buchstäblich das Leben ausgesaugt hatten.
Er sprang aus dem Graben, den er unter solcher Mühe ausgehoben hatte, in die Gaswolke hinein, stieß einen unverständlichen Fluch aus und feuerte beim Gehen sein Maschinengewehr ab. Erst einmal wollte er Fournier holen. Riley konnte ihn nicht da draußen lassen, damit er als Zielscheibe für die verdammten Bochesdiente. Whip würde bei seinen eigenen Leuten sterben, außerhalb der Schussweite, nicht durchsiebt von Kugeln. Er rannte zu Fournier und griff nach seinem Arm. Blind und im Todeskampf hustete Whip Blut und warf eine Hand hoch. Seine Faust schloss sich um Rileys Marke aus Aluminium, die von einer Kette baumelte, und klammerte sich daran wie an eine Rettungsleine.
»Keine Angst, Fournier, ich lass dich nicht hier draußen!«
Er begann ihn in den Schützengraben zu ziehen. Ein plötzlicher Schlag traf Riley am Bein, es fühlte sich an, als läge ein Zentner-sack Mehl darauf. Es brachte ihn zu Fall, und er fand sich neben Whip sitzend wieder, verblüfft und verwirrt.
Er roch weder das Giftgas noch die Aktivkohle seiner Gasmaske, sondern nur Kirschbaumrinde und Mandel.
Er sah nicht die tote, zerstörte Landschaft eines zerbombten Schlachtfelds, sondern die weiten, grünen Wiesen von Powell Springs.
Das letzte Geräusch, das Riley im Chaos der schreienden Männer und explodierenden Granaten wahrnahm, war die in nächster Nähe explodierende Kugel, die seinen dünnen Helm durchdrang.
Kapitel 16
»Immer noch keine Nachricht aus Frankreich?«, fragte Pop, der am Kopfende des Braddock’schen Frühstückstisches thronte. Wenn Susannah mit der großen Triangel zum Essen rief, war die Früharbeit größtenteils erledigt.
An diesem Morgen aßen nur Cole, Pop und Susannah selbst von den Eiern, Pfannkuchen und Bratkartoffeln, die sie zubereitet hatte. Tanner und die Jungen waren zu ihrem eigenen Schutz immer noch ins Blockhaus der Farmarbeiter verbannt. Cole hielt Susannahs Vorsichtsmaßnahmen insgeheim für wenig sinnvoll, schließlich arbeiteten sie alle jeden Tag zusammen. Getrennte Essplätze würden nichts bewirken. Seiner Erfahrung nach konnte man sich jederzeit und überall an der Grippe anstecken.
»Keine Nachricht aus Frankreich«, entgegnete Cole und mied Susannahs hohläugigen Blick, als sie ihm die Platte mit den Spiegel-eiern reichte. Durch eine Wolkenlücke fiel grelles Sonnenlicht herein und malte einen Streifen wie eine klaffende Wunde auf den Frühstückstisch. »Ich habe gestern auf dem Heimweg bei Bright’s die Post geholt, aber es war nur das Übliche – Futtermittelkataloge und einige Viehzüchterjournale.«
Seit nahezu drei Wochen hatten sie keine Briefe mehr von Riley erhalten, was ihm gar
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