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Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
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war vermutlich damit beschäftigt, die Pferde für die Verladung fertigzumachen.
    In Berichten vom Roten Kreuz und von anderen Quellen hieß es, die Epidemie habe sich weltweit ausgebreitet, wenngleich die Zeitungen die Situation zumeist herunterspielten, sofern sie überhaupt Thema war. Ärzte und Krankenschwestern waren ebenso häufig betroffen wie ihre Patienten, und manche Regionen des Landes waren ganz auf sich gestellt. Auch von ihren Helferinnen waren bereits einige erkrankt. Was sollte aus Powell Springs werden, wenn es sie selbst erwischte?
    Aus einer Mischung aus Schuldgefühlen und unterschwelliger Wut heraus besuchte Jessica Amy so selten wie möglich. Das war zuerst nicht schwer, weil ihre Schwester ohnehin die meiste Zeit schlief, und nachdem Jessica sie ein paarmal kurz untersucht hatte, stellte sie zufrieden fest, dass Amy sich auf dem Weg der Besserung befand. Aber damit fing sie auch an, den Pflegerinnen Fragen zu stellen.
    Am Tag nach ihrem Zusammenstoß mit Adam kümmerte sich Jessica gerade um einen Patienten, als sie Amy fragen hörte: »Wo ist Jessica? Warum besucht sie mich nicht? Wo ist Cole?«
    Sie stand hinter einem der Laken, die man gespannt hatte, um separate Abteile für die Patienten zu schaffen. Wie ein Feigling schlich sie sich rasch an ihr Pult zurück, ehe jemand Notiz von ihr nahm. Dabei war ihr bewusst, dass sie nur das Unvermeidliche aufschob. Sicher, Blut war dicker als Wasser, aber Amys gemeiner Verrat, während sie gleichzeitig ihren »guten Charakter« demonstrierte und sich als »leuchtendes Beispiel der Moral« gab, wie Adam es formuliert hatte, erstickte jedes Fünkchen schwesterlicher Zuneigung.
    Birdeen Lyons spürte sie auf. Mit dem weißen Handtuch, das sie sich um den Kopf geschlungen hatte, sah sie aus wie eine englische Krankenschwester. »Jessica, Amy fragt nach Ihnen.«
    Jess blickte auf und schob die Papiere auf dem Tisch herum. »Danke, Birdeen. Sagen Sie ihr, dass ich bald komme?«
    Birdeen nickte und dackelte zurück zu Amys Bett.
    Als Horace Cookson am Spätnachmittag im Krankenhaus auftauchte, hatte sie ihren Besuch noch immer nicht erledigt. Sie sah ihn als Erste in der Tür des Behelfskrankenhauses stehen, unfähig oder unwillig, einen weiteren Schritt zu tun. Jess eilte auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Obwohl er seine Bürgermeisterkluft trug – die schiefe Krawatte, die Weste, an der ein Knopf fehlte, und die verknitterte Jacke, die an den Ellbogen blanke Stellen hatte – wirkte er so gealtert, so
grau im Gesicht
, dass sie sich besorgt fragte, ob er sich jetzt auch noch mit der Krankheit infiziert hatte, die ihm Frau und Sohn genommen hatte.
    »Bürgermeister Cookson«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Geht es Ihnen gut?« Seine erloschenen, verstörten Augen waren so erfüllt von Trauer und Verwirrung, dass es sie ans Herz rührte. Es war eine dumme Frage; natürlich ging es ihm nicht gut. Sie begann noch einmal. »Sind Sie krank?«
    Er schüttelte den Kopf. »Jessica, können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?«
    »Ja, im …« Erst dachte sie an den zur Leichenhalle umfunktionierten Umkleideraum, aber das kam nicht in Frage. »Suchen wir uns ein Klassenzimmer.« Sie nahm Augenkontakt mit einer der Schwestern auf und zeigte auf die Tür, um ihr zu signalisieren, dass sie kurz unterwegs war. Dann gingen sie und Horace den Flur entlang, bis sie das leere Erdkundezimmer erreichten. An den Wänden hingen Karten von Europa, auf dem Lehrerpult thronte ein Globus, und auf der Tafel stand immer noch der Leseauftrag der letzten Unterrichtsstunde, die hier stattgefunden hatte. Er wartete, bis sie am Pult Platz genommen hatte, und setzte sich dann auf eine Ecke des Tisches und ließ ein Bein herunterbaumeln.
    Etwas lag ihm auf der Seele, und zwar etwas, das über seine Trauer hinausging. Um den peinlichen Moment zu überbrücken, sagte sie: »Ich möchte mich für die Butter und die Sahne bedanken, die Sie mir schicken. Ein wahrer Luxus.«
    »Ach was«, wiegelte er ab. »Das ist doch gar nichts. Wissen Sie, als Farmer kann man einen Teil dessen, was man produziert, für die eigene Familie abzweigen, und jetzt bin ja nur noch ich übrig.«
    Sie bedauerte ihn. »Ich wünschte, ich hätte mehr tun können. Es tut mir so leid …«
    Doch er hob abwehrend die Hand. »Das ist nicht der Grund, weshalb ich hier bin, Jessica. Es gibt Vorgänge, von denen Sie wissen sollten.«
    Sie spielte mit einem Stück Kreide, das auf der eichenen Tischplatte lag,

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