Heimkehr am Morgen (German Edition)

einzigen Gäste. Elvin hatte seine Krücken an seinen Tisch gelehnt. Es war Cole ein Rätsel, wie der alte Mann es überhaupt in die Stadt geschafft hatte. Elvin wurde, wie Cole gehört hatte, allmählich zu einem von Tilly’s Stammkunden. Der arme Teufel, dachte Cole. Er konnte verstehen, warum der Mann zu trinken angefangen hatte.
    Tanner erstarrte beim Anblick von Bauer, aber das überraschte Cole nicht. Dieser Grabräuber hatte so viele unangenehmeCharakterzüge, dass er es sich mit so ziemlich jedem verscherzte. Cole reichte die Gläser weiter und goss jedem einen Schluck ein.
    »He, Shaw«, rief Tilly hinter dem Tresen. »Du kommst wie gerufen, du musst nämlich unsere Wette entscheiden.«
    »Ja? Was denn für eine Wette?«
    »Wir versuchen herauszufinden, was schlauer ist, ein Schwein oder ein Pferd. Ich sage, das Pferd, aber Elvin ist für das Schwein, und Bert auch.«
    »Das passt zu ihm«, murmelte Tanner vor sich hin.
    »Mensch, Jungs, das ist doch keine Frage. Jeder weiß, dass ein Pferd schlauer als ein Schwein ist!«, tönte Pop.
    »Ich kannte mal einen, der hatte ein Jagdschwein«, erklärte Elvin. »Dieses Schwein konnte besser Wild aufstöbern als jeder Vorstehhund. Liegt an ihrem Geruchssinn.«
    »Ich habe mal eines auf dem Jahrmarkt gesehen, das verdeckte Karten erraten sollte«, schaltete Bauer sich ein. »Es lag jedes verdammte Mal richtig. Zeig mir ein Pferd, das so was kann.« Er machte Tilly ein Zeichen, noch ein Bier zu bringen.
    »Tja, aber Schweine bringen dich in einer finsteren Nacht nicht nach Hause, wenn du so blau bist, dass du nicht mehr weißt, wo links und rechts ist. Ein Pferd findet immer zurück. Wenn du dir irgendwo draußen ein Bein brichst, kann dich ein Schwein nicht retten.«
    »Ich habe mal ein Huhn gesehen, dass mit dem Schnabel Klavier spielen konnte und …«
    »Verdammt, Elvin, wir reden hier nicht über Hühner. Wir reden über Schweine und kluge Pferde.«
    Die lächerliche Diskussion erhitzte sich, und Cole wusste, dass Pop in seinem Element war. Jeder hatte eine Geschichte beizusteuern, ein Beispiel anzuführen. Sogar Tanner, sonst ein Mann von ruhiger Natur, der gern für sich blieb, beteiligte sich. Cole blendete die lärmenden Stimmen aus und dachte daran, wie Jessica, wunderschön und voller Leidenschaft, in seinen Armen gelegen hatte.
    Morgen würde er Amy im Krankenhaus besuchen. Nicht weil er besondere Lust dazu hatte, sondern weil es sein musste. Undnebenbei konnte er sich gleich von ihrer Genesung überzeugen. Im Augenblick versuchte er nicht an den bösen Streich zu denken, den sie ihnen gespielt hatte. Aber er musste sich doch fragen, ob er sie überhaupt jemals richtig gekannt hatte. Angesichts dessen, was er jetzt wusste, fand er, sie würde am besten zu einer falschen Schlange wie Jacobsen passen. Beide gaben vor etwas zu sein, was sie nicht waren. Er trank das halbe Glas und setzte sich im Stuhl zurück, um seinen Rücken zu entspannen.
    Die diversen Vorzüge von Schweinen und Pferden wurden ungefähr eine Stunde lang erörtert. Mit eigenen Gedanken beschäftigt, ließ Cole die Unterhaltung wie Flusswasser an sich vorbeirauschen. Als er wieder zuhörte, waren sie beim Thema Kahlköpfigkeit angelangt.
    »Habt ihr schon mal einen Indianer mit Glatze gesehen?«, fragte Pop und stützte den Ellbogen auf den Tisch. »Habt ihr beiden schon mal einen Indianer mit Glatze gesehen?«, wiederholte er an Cole und Tanner gewandt. »Nein! Und wisst ihr auch, warum?« Er kam ihrer Antwort zuvor. »Weil sie sich die Haare nicht waschen. Diese Indianerhäuptlinge, die kennen den Trick. Wenn ihr keine Glatze bekommen wollt, wascht euch die Haare nicht mehr.«
    »Ich weiß nicht, Shaw, das klingt irgendwie merkwürdig«, meinte Tilly und schwang sich das Handtuch über die Schulter.
    Pop schenkte sich noch einen Whiskey ein und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sitting Bull, der ist ein gutes Beispiel. Sie haben ihn erschossen, aber als er starb, hatte er noch dicke Zöpfe.«
    Cole lachte, klopfte auf den Tisch und schüttelte den Kopf. »Was für ein Unsinn.«
    Pop wurde zornig. »Was? Glaubst du mir etwa nicht? Dann geh doch mal bitte in die Bibliothek und sieh dir die Fotografie an, die dort an der Wand hängt. Denkst du, Buffalo Bill würde einen Indianer in seiner Show auftreten lassen, der keine Haare hat?«
    »So meine ich es doch nicht«, antwortete Cole.
    »Ich habe das Bild gesehen«, mischte sich Tanner ein. »Er hat tatsächlich Zöpfe.«
    Cole lachte