Heimkehr am Morgen (German Edition)
war ein Ende in Sicht.
»Verdammt, hol dir den Falben, der dort steigt!«, brüllte Pop von Muleys Rücken aus.
Cole wäre es lieber gewesen, Pop wäre zu Hause geblieben. Er und Tanner hatten die Situation gut unter Kontrolle, und Pops laute Befehle machten die Pferde noch nervöser, als sie es ohnehin waren. Alle anderen wirkten einfach nur erschöpft.
Mit einem ungehaltenen Blick zu Pop rief Susannah Cole zu: »Ich kümmere mich um den Papierkram.« Er nickte, und sie lenkte ihre Stute an das Ende der Schlange. Sie verwahrte die Ladeliste und andere Transportpapiere. Inzwischen führten Cole und Tanner die letzten Tiere die Rampe zum Waggon hinauf und schlossen die Klappe.
Cole sprang auf den Boden und schob die Rampe weg. »Gott, was bin ich froh, dass wir das erledigt haben«, sagte er zu Tanner, der nickte.
Tanner drehte sich zu den Jungen, die bereits aufgesessen hatten. »Los, Jungs, reiten wir zurück zur Farm. Auf uns wartet noch Arbeit.«
»Ach, können wir nicht noch ein bisschen in der Stadt bleiben und ein Eis kaufen, Onkel Tanner?«, bat Wade.
»Dieses Mal nicht, mein Junge. Ihr hättet es euch zwar verdient, aber alles hat wegen der Grippe geschlossen. Ich kann euch vielleicht zu Hause etwas Leckeres brutzeln.«
Wade und Josh warfen sich einen Seitenblick zu, der Cole nicht entging. Er hatte schon davon gehört, dass Tanner kein begnadeter Koch war.
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Cole und band Sage, sein Reittier, los. »Gehen wir doch auf eine Runde oder zwei zu Tilly’s. Ich lade euch ein. Pop, bist du mit von der Partie?«
»Solang du bezahlst, jederzeit«, erwiderte der alte Mann.
Cole gluckste. »Ihr Jungs wartet hier auf Miss Susannah und sagt ihr, wo wir sind. Dann reitet ihr mit ihr zur Farm zurück. Ich wette, sie treibt noch irgendwo in der Küche ein paar Kekse für euch auf.«
»Wie hört sich das an?«, fragte Tanner die Jungen. Wade grinste, und Tanner zauste ihm den roten Haarschopf. »Ja, das dachte ich mir.«
Die drei Männer machten sich Richtung Saloon auf. Als sie an den Zugwaggons vorbeiritten, fiel Cole auf, dass sein Vater fast nachdenklich wirkte. Das war sonst gar nicht seine Art.
»Hast du was, Pop?«
»Siebenundzwanzig unserer besten Tiere gehen nach Übersee. Wunderschöne, starke Pferde, jedes einzelne von ihnen«, sagte Pop und warf eine Blick zurück. In seiner rostigen Stimme lag ein wehmütiger Klang. »Ich hoffe nur, dass man sich verdammt noch mal gut um sie kümmert.«
Cole sah ihn prüfend an. »Ja, ich auch.« Er hörte zum ersten Mal von seinem Vater, dass er sich um die Tiere, die sie nach Europa schickten, sorgte. »Die Menschen führen Krieg gegeneinander. Die Tiere müssen mitmachen, ob sie wollen oder nicht. Teufel, die meisten Menschen haben auch keine Wahl.«
Als hätte er auf einmal das Gefühl, sich allzu weibisch und zartfühlend gezeigt zu haben, richtete Pop sich so gerade auf, wie sein arthritisgeplagter Rücken es zuließ, und der Augenblick war vorüber. »Ach, vergiss das rührselige Gerede. Krieg ist Männersache, und ein Mann tut, was getan werden muss, ohne herumzujammern. Komme, was wolle.«
Der Seitenhieb war gegen Cole gemünzt, aber er biss nicht an. Solche Kommentare kannte er von seinem Vater zur Genüge.
Es waren kaum Fußgänger unterwegs, als sie durch die Stadt ritten. Powell Springs war nur mehr eine dürres Gerippe, ein Schatten seiner selbst. Es verkroch sich vor einem unsichtbaren Feind. Die einzige Person, die die Stadt vor der totalen Katastrophe bewahrte, war Jessica, die tüchtige, starke, leidenschaftliche Jess, die sich durch nichts davon abhalten ließ, sich um die Menschen hier zu kümmern. Nicht durch Adam. Nicht durch Amy. Nicht einmal durch ihre Gefühle für Cole.
Die drei Männer traten über die Schwelle des rauchgeschwängerten Saloons, durstig und mit klirrenden Sporen. Hier schienen die Katastrophen und Ereignisse, die die Welt erschütterten, nicht zu zählen. Tilly’s war ein Hort der Beständigkeit in der Stadt, mit seinen ausgestopften Elchköpfen, den Ölgemälden und dem obligatorischen Handtuch über der Schulter des Besitzers. Nur der Kalender von Olympia-Bier wechselte jedes Jahr, und gelegentlich die Poster an der Wand, je nachdem, wer im Weißen Haus in Washington gerade das Sagen hatte.
Cole bestellte eine Flasche Whiskey und drei Gläser, während Tanner und Pop sich an einen Tisch setzten. Es war relativ ruhig an diesem Nachmittag, Bert Bauer und Elvin Fowler waren die
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