Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heimkehr am Morgen (German Edition)

Heimkehr am Morgen (German Edition)

Titel: Heimkehr am Morgen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Harrington
Vom Netzwerk:
hatte.
    Jessica prüfte gerade den Bestand an sauberen Bettlaken in einem Vitrinenschrank aus Ahorn, der als Vorratsschrank diente, als Cole hereinkam. Sie hatte die schreckliche Nachricht von Riley bereits gehört und, weil sie nicht wusste, was sie unter den gegebenen Umständen sonst tun sollte, sofort einen mitfühlenden Beileidsbrief an die Familie Braddock geschickt.
    Als sie sich umdrehte und ihn neben ihrem Pult stehen sah, von wo aus er ihr wie ein Schlafwandler zusah, erschrak sie über seine Blässe, das unrasierte Kinn und die eingesunkenen, blutunterlaufenen Augen. Rasch trat sie zu ihm.
    »Cole«, sagte sie leise und ergriff seine Hände.
    Er erwiderte nichts, sondern legte die Arme um sie und ließ seinen Kopf einen Augenblick auf ihrer Schulter ruhen. Sie spürte, wie er seufzte, und es schien ihr, als läge das ganze Leid der Welt in diesem Seufzer. Die Leute in der Nähe gafften und sahen dann weg. Zutiefst betrübt drückte sie ihn an sich.
    Schließlich löste er sich von ihr. »Wie geht es Amy?«
    »Viel besser, als ich je erwartet hätte. Ich habe vor, sie bereits morgen zu Mrs. Donaldson zu entlassen.«
    »Weiß sie das mit Ri… meinem Bruder?« Er schien seinen Namen nicht herauszubringen.
    »Ja. Jeder hat davon erfahren. Aber wie geht es
dir
denn?«
    »Ich – es ist für keinen von uns leicht. Susannah hat seit zwei Nächten, seit wir das Telegramm bekommen haben, nicht mehr in ihrem Bett geschlafen. Sie sitzt einfach im Wohnzimmer am Fenster, als würde sie darauf warten, dass er die Straße heraufkommt. Sie kocht und ich helfe ihr dabei, aber keiner von uns hat so richtig Hunger. Wir machen alle eine schwere Zeit durch.«
    Sie bot ihm einen Stuhl neben dem Pult an und setzte sich ebenfalls. »Ihr könnt Riley wohl nicht nach Hause holen, nehme ich an?« Angesichts der riesigen Gräberfelder in Frankreich hielt sie das für unwahrscheinlich.
    Er schüttelte den Kopf, und als er antwortete, hielt er den Blick auf seine Knie gerichtet. »Ich habe mit Horace Cookson gesprochen. Er kennt einige Leute in Washington, D.C. Sie begraben die Männer so schnell wie möglich und in der Nähe des Schlachtfelds, wo sie gefallen sind. Auch die Pferde.« Seine Stimme stockte. Er schluckte, dann sah er sie an. »Mein Gott, sie begraben die Pferde …«
    »Cole«, flüsterte sie, »solltest du nicht besser zu Hause sein? Braucht jemand von euch einen Arzt? Dein Vater? Du hättest mich holen lassen können, ich hätte schon jemanden gefunden, der mich zu euch rausbringt.«
    »Nein, ich bin nicht hier, weil wir einen Arzt brauchen.« Er setzte sich auf und schien aus seiner Benommenheit zu erwachen. »Ich muss mit Amy reden.«
    Sie nahm seine Hände in ihre. »Oh, aber sie versteht, dass du sie nicht besuchen kannst.«
    Er schüttelte den Kopf und stand auf, um durch den lakenverhangenen Gang zu Amys Bett zu gehen. Jess folgte ihm, die Hände fest ineinander verschränkt, und ihre Unruhe schickte ihr kalte Schauer über den Rücken.
    Als Cole Amys Abteil betrat, saß sie im Bett und las ein Buch. Tatsächlich sah sie schon viel besser aus als an dem Tag, an dem er sie eingeliefert hatte. Sie trug eine schlichte Bettjacke und das Haar zu zwei ordentlichen Zöpfen geflochten, wie ein junges Mädchen. Und bis auf die Tatsache, dass ihre Wangen etwas schmaler wirkten, schien sie wohlauf.
    »Cole, oh Cole!«, rief sie glücklich. »Ich freue mich so, dich zu sehen! Das mit Riley tut mir schrecklich leid. Was für ein Unglück.« Sie bot ihm ihre Wange zum Kuss dar, was er jedoch ignorierte.
    Stattdessen setzte er sich auf den Hocker neben Amys Bett. Ihm dröhnte der Kopf von all dem Whiskey, den er in den vergangenen Tagen getrunken hatte, aber jetzt war er nüchtern. Und entschlossen. »Hallo, Amy. Geht es dir besser?«
    Sie legte ein Stück Papier in das Buch auf ihrem Schoß, um die Stelle zu markieren. »Oh ja! Es tut mir leid, dass ich euch alle in Schrecken versetzt habe. Jessica hat gesagt, ich war eine Weile lang ziemlich krank. Heute Morgen habe ich eine Runde um die Turnhalle gemacht und mich danach ziemlich zittrig gefühlt, aber ich arbeite an meiner Kondition.«
    »Gut.«
    »Jessica will mich morgen entlassen, zu Mrs. Donaldson. Dann warten wir erst einmal ab, bis, na ja, eine angemessene Zeit verstrichen ist.« Diese eindeutige Anspielung unterstrich sie mit einem mitfühlenden Lächeln.
    »Das ist schön. Danach kannst du dein Leben wiederaufnehmen, was immer du für die Zukunft

Weitere Kostenlose Bücher