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Heimkehr der Vorfahren

Heimkehr der Vorfahren

Titel: Heimkehr der Vorfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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oben. Sie sprühte vor Energie und duldete nicht, daß sich jemand seinem Schmerz überließ. Immer seltener kam er zum Grübeln. Ihre resolute Art, Staffords Widerstand zu überwinden, rief in ihm widersprüchliche Empfindungen wach. Das Schlimme war, daß man von vornherein das Gefühl hatte, am Ende doch zu unterliegen, weil sie einfach nicht nachgeben würde. Schlimmer aber noch für ihn, den behandelnden Arzt, daß er ihre Gardinenpredigten auch auf sich gemünzt empfand, obwohl sie ihn mit keinem Wort erwähnte.
    Er begann sich zu kontrollieren, ob er etwa auch ein solches Häufchen Elend abgab wie Stafford.
Er hatte die Stelle erreicht, an der der Gebirgsbach zu Tal stürzte, und setzte sich auf eine Bank. Lange starrte er in die fallenden Wasser und versuchte unwillkürlich, Silona und Romeda miteinander zu vergleichen, sich dessen gewiß, daß der Vergleich zu Silonas Gunsten ausfallen würde. Aber es gelang ihm nicht, Silonas Bild in Erinnerung zu rufen. Das machte ihn betroffen. Viel eher als vorgesehen ging er zurück.
In den verbleibenden zweieinhalb Stunden vor Staffords Behandlung kam Sandrino nicht zur Besinnung. Selbst beim Essen setzte Romeda ihre Erläuterungen fort. Er folgte aufmerksam ihren Worten. Sie unterwies ihn mit knappen, klaren Sätzen. Die Erklärungen waren präzise und anschaulich. Sandrino spürte, daß sich hinter ihrem barschen Ton Mitgefühl und Vertrauen verbarg. Sie nahm ihn ernst.
Als Stafford dann, von einem engmaschigen Drahtkäfig gegen elektromagnetische Wellen abgeschirmt, auf einem Liegepolster lag und das Spiel der Lichtschreiber begann, war Sandrino Romeda dankbar. Wenn auch nicht alles, so verstand er doch den großen Zusammenhang.
Als erstes schläferte Romeda Staffords Mißtrauen ein, so daß er in einen Wachschlaf versank und sich ganz seinem Kummer überließ. Das Gerät begann die Hirnströme, die ihm von den an Staffords Kopf befestigten Tastern übermittelt wurden, zu analysieren. Immer deutlicher traten auf dem Bildschirm anomale Wellenlinien hervor. Romeda wies Sandrino darauf hin. Das Gerät kreiste den Entstehungsort der kranken Hirnströme ein, ihre Bahnen, den Empfangssektor und bestimmte ihre Art und ihre Stärke. Sandrino saß vorgebeugt auf einem Sessel. Aufmerksam und angespannt beobachtete er die Ärztin, die mit der kühlen Sachlichkeit des Wissenden jede Wellenkurve, jeden Zeigerausschlag, jedes Lichtsignal verfolgte. Und er bedauerte, daß er die Einzelheiten des großen Zusammenspiels noch nicht verstand. Wie ein entfernter Betrachter sah er das große Mosaik und empfand die Wirkung der Formen und Farben, aber die einzelnen Steinchen erkannte er noch nicht.
Auch zu seiner Zeit hatte man mit Elektroenzephalographen diagnostiziert und war tief in die Geheimnisse der Gehirnsektoren eingedrungen; schließlich hatten sie ja das Befehlsheilgerät für organische Erkrankungen entwickelt. Aber gegenüber dem, was er hier erlebte, nahm sich der frühere Elektroenzephalograph aus wie die Montgolfiere gegenüber einem Photonenraumschiff.
Die genaue Analyse von Staffords Zustand war beendet, das Gerät zeigte es durch rhythmisches Blinken einer Kontrollampe an. Stafford lag völlig gelöst unter seinem Drahtnetz.
»Grün!« murmelte Romeda. Sie beobachtete den Elektrokardiographien und die Kontrollziffern für Reflexintensität, Zellatmung und Gefäßspannung. Auf den Bildschirmen waren Gruppen grünleuchtender Wellenlinien zurückgeblieben, aus Tausenden von anderen als anomal herausgefiltert. Ein kurzer, verheißungsvoller Blick zu Sandrino. »Jetzt!« Dann schaltete Romeda das Hirnbefehlsgerät ein.
Sandrino starrte wie gebannt. Die Wellen veränderten ihre Farbe. Das leuchtende Grün verblaßte, wurde fahl, dann grau. Endlich wich das Grau einem rosigen Schimmer. Romeda atmete hörbar auf. Sandrino blickte sie erstaunt an. Sie sah erschöpft aus, als hätte sie nächtelang nicht geschlafen, aber sie lächelte.
Das Rosa wurde immer kräftiger, verwandelte sich in ein leuchtendes, kraftvolles Rot. Nur auf einem Schirm blieben die Wellen grün.
Die Zeit verstrich unbemerkt. Romeda lehnte im Drehsessel vor dem Meßtisch, ihr Blick glitt von Anzeige zu Anzeige, aufmerksam und unbestechlich. Aber auch Sandrino verschwendete keinen Blick auf die Uhr. Unbeweglich saß er und schaute auf die Geräte und die Frau. Daß es sie so ruhig läßt, dachte er, selbst von fieberhafter Spannung gepackt. Wie weit waren diese Menschen voraus, wieviel gab es aufzuholen…
Die

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