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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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einer mit Stricken an mich herantritt, so kämpfe ich, auch ohne Waffe, und lebendig fesselt ihr mich nicht wieder. Das ist vorbei. Ich hätte mich selbst in Fesseln noch gewehrt.«
    Die Zeit für das Gespräch war um.
    Tschetansapa begleitete Stein mit Hörnern zu dem Platz in der Mitte des Zeltdorfes, wo der Pfahl eingerammt worden war. Der Gefangene trat frei an den Pfahl heran. Er trug weder Schmuck noch Kleider. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Pfahl und schaute nach Osten, wo nach langen grauen frostigen Tagen die Sonne in all ihrem Glanz hervorbrach.
    Die jüngeren und älteren Krieger hatten sich schon im Kreise zusammengefunden, weiter ab standen die Kinder und die Frauen. Auch Untschida und Uinonah waren gekommen.
    Stein mit Hörnern blickte keinen einzelnen an. Er schaute über alle hinweg und an allen vorbei nach der Stelle, wo er seinen jüngeren Bruder Harpstennah hatte töten müssen. Jetzt wurde Harpstennah gerächt. Daran dachte er. Der jüngere Bruder war in seinen Festkleidern gestorben, das Messer in der Hand. Der ältere starb am Pfahl, ohne Waffen. Den Vater dieser beiden Söhne fraßen die Fische.
    Hawandschita trommelte in seinem Zelte.
    Der Alte Rabe trat vor und wollte zu sprechen beginnen, aber er brachte nur einige Sätze zustande, und dann gab er das Wort an Tschetansapa.
    Tschetansapa nahm das Wort. Es war ringsum still, als er zu sprechen begann: »Krieger der Bärenbande vom Stamme der Teton-Oglala im großen Stamme der Dakota! Hier steht Stein mit Hörnern, der Sohn Mattotaupas. Wir haben ihn alle gekannt, als er ein Knabe war. Viele von uns hat er, als wir noch Knaben waren, im Bunde der Jungen Hunde angeführt. Er hat mit elf Sommern die Flinte eines Panihäuptlings erbeutet und das stärkste Tier eines Wolfsrudels getötet. Er hat mit zwölf Sommern einen grauen Bären gereizt, so daß sein Vater das Untier töten konnte. Wir haben gehört, daß er in seinem vierzehnten Sommer auf seiner ersten großen Jagd mit zehn Pfeilen zehn Büffel erlegte. Noch ehe er ein Krieger war, tötete er den großen grauen Bären mit Kugel und Messer. Er hat viele Männer im Kampf besiegt und ihnen den Skalp genommen. Er ist ein Krieger geworden. Er ist durch den Sonnentanz gegangen. Ihr seht seine Narben.
    Ich habe gesagt, was gut ist. Ich werde auch sagen, was schlecht war, denn ich will niemanden täuschen noch mit schönen Worten überreden. Mattotaupa, unser ruhmreicher Kriegshäuptling, wurde von Red Jim dem Fuchs, überlistet. Er trank Miniwaken und plapperte nicht so viel, daß Jim Gold finden konnte, aber so viel, daß es Jim reizte, weiterzusuchen. Mattotaupa hat der Versammlung der Ältesten und Häuptlinge nicht geglaubt und sich selbst für unschuldig gehalten. Jetzt schwimmt seine Leiche in den Wassern des Minia-tanka-wakpala; er hat seinen Skalp verloren, und die Fische fressen sein Fleisch. Auch sein Sohn Harka hat weder Tatanka-yotanka noch Hawandschita noch unseren Ältesten und Häuptlingen geglaubt, daß sein Vater schuldig sei. Er ist des Nachts heimlich entflohen. Er hat seinen Stamm verlassen. Nicht nur sein Vater, auch er selbst hat viele Männer der Dakota getötet. Er hat Kundschafterdienste gegen uns geleistet und uns viel Schaden getan. Er hat die Bahn geschützt, die wir zerstören wollten. Als Tashunka- witko gegen das Lager an der Bahn kämpfte, hat Stein mit Hörnern unsere Krieger mit ihrer Muttersprache und mit einer Kriegspfeife, die uns gestohlen war, irregeführt und vor sein Messer gelockt. Es ist wahr, er hat Tashunka-witko und dessen Männern geholfen, die verwundeten und toten Dakota wegzuschaffen. So wurde er zum Verräter nach allen Seiten. Er wußte nicht mehr, wo er hingehörte, denn er haßte Red Jim und mißtraute ihm, aber er glaubte immer noch an seinen Vater, und uns glaubte er nicht. Er war zu stolz, um als der Sohn eines Verräters zu uns heimzukehren. Lieber beschuldigte er uns weiter der Lüge und tötete seine Brüder. ­ Stein mit Hörnern!« Tschetansapa wandte sich an seinen einstigen Freund. »Du bist nun freiwillig zu uns zurückgekommen. Sage uns, ob du keinen Mann der Dakota mehr töten willst, ob du aber bereit bist, mit uns gegen die Langmesser zu kämpfen?«
    »Hau«, antwortete der Gefragte klar und deutlich. »Seit zwei Wintern und Sommern habe ich es so gehalten. Das können Tashunka-witko und seine Krieger in den Schwarzen Bergen bezeugen. Ich habe mehr als hundert Goldsucher getötet. Ich kann ihre Skalpe vorweisen, und die

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