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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Das Mädchen schluckte, als ob es heulen wollte. »Und jetzt haben sie alle Angst vor ihm und seiner Bande, und er macht, was er will. Den Stationsleiter trifft der Schlag, Wenn das so weitergeht!«
    »Was hat denn der Stationsleiter mit euren internen Auseinandersetzungen zu tun?«
    »Du bist mir ein Gemütsmensch! Auch noch aus der guten alten Grenzerzeit! Der Taylor II, der hat neulich mal den Harry einen Faulpelz und einen Heimtückischen geheißen, weil er nie auf die Anordnungen hört, sondern macht, was er will, wenn sich nicht gerade der Vater dazwischen mischt. Aber das kommt auch nur noch selten vor. Und jetzt hat er Angst, unser Lockenkopf, daß er als nächster dran ist.«
    Joe und Morris waren sehr ernst geworden. »Sind die beiden Indianer in der Nähe?«
    »Was weiß denn ich! Die sind überall und nirgends.« An den Nebentischen rührten sich die Gäste, die bedient sein wollten. Das Mädchen sah auch seine Aussicht auf weitere Trinkgelder schwinden und ging.
    Joe trank einige Schluck Bier. »Harry hat sich also auf seine Weise durchgesetzt«, sagte er.
    Der Maler schaute nach der Bretterwand, als ob dort irgendein Bild hinge, das nur er sehen könne. »Ich habe ihn als Knaben bei den Zelten seines Stammes gekannt. Harka wurde er damals gerufen. Er war ein ungewöhnliches Kind, kühn und selbständig denkend.«
    »Ihr hattet überhaupt einen guten Eindruck von der Bärenbande?«
    »Den besten.«
    Das Gespräch wurde abgerissen, denn die Musik begann lauter zu spielen, und die ersten Paare tanzten.
    Joe richtete seine Aufmerksamkeit auf diese. »Wenn mich nicht alles täuscht ­ wahrhaftig, der Hahnenkampf- Bill! Seine Lilly ist noch dürrer und kesser geworden. Dort, Henry, das Weibsstück!«
    »Pfh …« Henry begann zu lachen. »Für ein Witzblatt«, sagte er. »Schau dir nur den Bill an! Wie ein Auerhahn ­ ein wenig angeschossen!«
    »He! Halts Maul! Klapp deine verzierte Schnauze zu!« Die Drohung kam vom Nebentisch, wo ein junger Kerl über den Durst getrunken hatte. »Bill ist mein Freund!«
    »Schon recht«, erwiderte Henry friedlich und trank sein Bier aus. Der andere aber befand sich in dem Zustand der Angetrunkenheit, indem er Streit suchte. Er erhob sich und kam an den Tisch von Henry, Joe und Morris herüber. »Der Bill ist mein Freund! Verstanden?«
    »Schon recht. Dein Freund. Setz dich wieder hin.«
    »Mann! Mein Freund! Der Hahnenkampf-Bill.« Er hielt Henry die Faust unter die Nase.
    Joe hatte schon die Hand am Revolver. Morris wollte zahlen und aufstehen, aber weder ein Kellner noch der Wirt zeigten sich. Der Geiger kratzte die Saiten seines unglücklichen Instruments. Hahnenkampf-Bill tanzte und stampfte verzückt mit seiner langen Lilly.
    »Schön tanzt er! Verstanden!«
    »Ich verstehe dich ganz gut, Freund. Bin nicht schwerhörig. Du brauchst nicht zu brüllen.«
    »Was sagst du … Ich brülle nicht! Bin ich ein Ochse?«
    »Aber nein. Du bist kein Ochse.«
    »Ich bin kein Ochse! Sage das nicht noch einmal!« Die Faust zuckte zum Schlag.
    Joe riß den Revolver heraus, aber ehe er schoß, war ein Kellner da, drehte den Angetrunkenen mit einem gewandten Griff um und schob ihn mit einem Stoß, den er ihm mit dem Knie ins Kreuz gab, zu seinem eigenen Tisch zurück. Dort setzte er ihn auf den Stuhl.
    Morris winkte, daß er zahlen wollte, und der Kellner kam jetzt, um das Geld entgegenzunehmen.
    »Gehen wir?« fragte der Maler den Ingenieur.
    »Gehen wir!« Die drei erhoben sich, um die Gaststube zu verlassen. Sie hatten alle von der Fahrt noch genügend Proviant bei sieh, um in ihren Schlafkammern in Ruhe etwas zu essen.
    Draußen stürmte es, hoch wirbelten die Staubwolken. Die Zeltwände blähten sich stärker. Es war kaum mehr jemand im Freien zu sehen außer einigen Wachen bei den Ballen, den Fässern, den Pferden. Aus den Buden schimmerte aber überall noch Licht. Die Gruppe der drei näherte sich der Baracke, in der sie untergebracht waren, und Morris begann sich zu verabschieden. Da hob Henry plötzlich den Kopf, als ob er auf etwas lausche. »Horcht!«
    Alle drei strengten ihr Gehör an. Sie vernahmen auch deutlich, worauf Henry aufmerksam machen wollte. Ein Pferd näherte sich im Galopp, in gehetztem gestrecktem Galopp. So trieb niemand sein Tier nur aus Mutwillen an.
    Der Reiter tauchte in dem Stationslager auf. Es war ein Indianer. Er galoppierte zu einer etwas kleineren, stabileren Bretterbude, offenbar der Unterkunft des Stationsleiters, nahm sich nicht einmal die Zeit,

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