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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Können angestanden; er fühlte sich wohl, wenn er andere bewirten konnte. Die Männer aber, bei denen er jetzt lebte, wollten nicht Bärentatzen oder Büffellende an seinem Zeltfeuer essen, sie wollten Bier, Branntwein und Geld. Das hatte Top seit dem Abschiedsfest von Joe begriffen. Er wußte, Geld, Branntwein und Bier waren bei solchen Männern der Weg, bewundert und beliebt zu werden ­ ein Weg, der noch sicherer zum Ansehen führte als selbst die kühnsten Leistungen im Spähdienst, von deren vollem Risiko viele auf der Station nichts mehr wußten. Es ekelte den Indianer im Grunde selbst vor dem Weg, den er beschritten hatte, aber er konnte das Wohlgefühl der persönlichen Geltung, in das er als kühner Knabe, als Anführer der Burschen, als Kriegshäuptling der Männer hineingewachsen war, nicht entbehren, und der einfachste Weg dazu war der verführerischste. Es gab nur einen, der ihn mit einem Blick aus dieser Zuflucht seines Selbstbewußtseins aufzustören vermochte, das war sein Sohn, und immer häufiger haßte er ihn dafür, obgleich er ihn verzweifelt liebte. Aber jetzt war Harka nicht in der Nähe.
    »Hier können wir nichts ausgeben, weil es nichts zu kaufen gibt«, sagte Joe.
    »Aber wenn wir auf die Station zurückkommen! Dann wird noch mal gefeiert! Ja, topp, Top?«
    »Topp!« versicherte der Indianer, der dieses Wortspiel schon gewöhnt war, lächelnd.
    Das Faß wurde weiter angezapft und auch dem Branntwein zugesprochen. Manche begannen die Getränke zu mischen.
    »Topp!« wiederholte Mattotaupa, »aber erst, wenn Tashunka-witkos Skalp an meinem Gürtel hängt.«
    Joe blickte den Indianer von der Seite an, prüfend, unzufrieden. »Die Prärie ist groß. Hat sie nicht Platz für euch beide?«
    »Sie hat nicht Platz.« Top, dem bedrängende Erinnerungen aufstiegen, trank schneller.
    »Was hat er dir angetan, Top?« forschte der Kellner und soff das Doppelte.
    »Er …« Top schaute vor sich hin und schien seine Umgebung zu vergessen. »Er hat mich einen Verräter gescholten. Meinen Sohn wollte er mir rauben …, und als ich einmal in mein Zelt schlich, in mein eigenes Zelt, nach vielen Sommern und Wintern … und als ich mit meiner Mutter sprach, da kam er und schlug mich nieder und fesselte mich …, und meine kleine Tochter mußte mich befreien …« Der Indianer war in seine eigene Sprache verfallen, und die Zuhörer verstanden seine Worte nicht mehr. »Aber Harka, mein Sohn, weiß davon nichts …«, sprach der verbannte Häuptling noch zu sich selbst, als ob er eine geheime Furcht beruhigen wolle. »Nie wird Harka von der Schande erfahren.«
    Top verstummte.
    Joe zuckte die Achseln; er hörte aus dem Ton des Indianers das Gefühl heraus, aber er liebte keine Sentimentalitäten und wurde ganz trocken. »Wenn das hier so weitergeht, kommen wir erst morgen zu der Station zurück. Länger warte ich aber auf keinen Fall. Dann binden wir die Bierleichen einfach auf die Pferde.«
    »Topp!« stimmte der Indianer zu. Durch den Alkoholgenuß wurde er schon gleichgültig gegen das, was ihm eben noch wichtig erschienen war.
    *
    Während der Trupp in der Prärie am hellen Tage zechte, machte man sich im Stationslager an die Aufräumungsarbeiten. Morris und Langspeer beteiligten sich daran nicht mehr. Der Barackenraum, den der Wirt ihnen zur Verfügung gestellt hatte, war unversehrt geblieben, während der Nachbarraum, den Joe und Henry hatten beziehen wollen, erbrochen und zerstört war. Der Maler ließ Henry in seinen Raum bringen, und Langspeer betreute den Ohnmächtigen, der eine schwere Gehirnerschütterung erlitten zu haben schien, auf der eigenen Lagerstatt. Morris lag auf der seinen, immer noch sehr blaß. Er wollte nichts zu sich nehmen als ein wenig Tee.
    Draußen ging es lärmend zu. Ein Teil der Männer suchte die Umgebung nochmals nach Feinden und Fährten ab, konnte aber nur feststellen, daß alle Dakota aus dem Gesichtskreis verschwunden waren, und verkündete dieses Ergebnis mit derben Kommentaren. Für die Toten der Station wurden Gräber ausgeschaufelt. Die Verwundeten hatte man in das eine der großen Zelte gebracht, das noch stand, und hatte sie dort zwischen Ballen und Fässern gebettet. An einer neuen Baracke für den Stationsleiter Taylor II wurde gehämmert. Der Wirt hatte seine Kasse unter der Lagerstatt von Morris verstaut, da sie ihm dort jetzt am sichersten untergebracht schien.
    Der Branntwein- und Bierausschank erfolgte provisorisch im Freien, hinter einer Barriere von

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