Heimkehr zu den Dakota
sind. Ich werde dann noch einmal zurückkehren und meinen Vater suchen. Ich will ihn als Krieger fragen, ob er bereit ist, sich von Red Jim zu trennen.«
»Wo ist Jim? Was macht er? Ich habe ihn hier noch nicht gesehen.«
»Den Winter über war er noch da, als Kundschafter wie wir, aber vor einigen Wochen ist er wieder einmal verschwunden. Wenn er sich nicht sehen läßt, pflegt er sich in den Black Hills umherzutreiben und nach Gold zu suchen.«
»Er hat aber noch nichts entdeckt?«
»Nein, noch immer nicht.« Der Indianer erhob sich.
»Harry, willst du nicht selbst deinen Vater unterrichten?«
»Ich werde es noch versuchen.«
»Und … halt, Harka, einen Augenblick. Die Frau mit dem verstümmelten Gesicht hat eine büffellederne Decke, einen Bogen und sonst noch einiges für dich hierhergebracht. Wenn du selbst nachsehen willst unter der Bettstatt, auf der du sitzt, liegt alles.«
Der Indianer bückte sich und hatte seine alte bemalte Decke, den Bogen, zwei Adlerfedern und den Wampumgürtel gleich gefunden. Den letzten behielt er einen Augenblick in der Hand und betrachtete ihn sehr aufmerksam.
»Aus dem Zelte des Osceola«, erklärte Morris. »So sagte die Frau. Sie war eine Seminolin?«
»Ja. Das war sie, und sie hat es nie vergessen. Der Gürtel enthält eine Botschaft. Wo ist Langspeer?«
»Draußen, wo er dich zu treffen hoffte. Du bist ihm nicht begegnet? Ich dachte, er hat dir die Kleider verschafft.«
»Nein, die habe ich dem Manne ausgezogen, der eine tote Frau mißhandelt hat. Er wagte sich ein wenig zu weit vor das Lager und zu nahe an mein Messer.«
Als der Indianer das sehr gleichgültig aussprach, blickte Morris ihn kummervoll an. »Harka, das Töten ist auch für dich ein Handwerk geworden.«
»Hau, es gehört zu meiner Arbeit. Die roten Männer und die weißen Männer haben es mich gelehrt. Ich töte rote Männer, und ich töte weiße Männer, so sicher wie ich Büffel abschieße. Wer wollte mich noch achten, wenn ich dieses Handwerk nicht gut verstehen würde?«
»Wer bist du?« fragte der Maler entsetzt. Es war dieselbe Frage, die Mattotaupa seinem Sohn Jahre zuvor gestellt hatte.
Über die Züge des jungen Indianers flog jener aufbegehrende Zynismus, der die letzte Waffe eines jungen Menschen gegen die Selbstvernichtung ist. »Mein Name ist Harry. Kundschafter bin ich und Bandenchef und gefährlich für alle, die ich zu hassen oder zu verachten gelernt habe.«
Das blasse Gesicht des Malers erfüllte so viel Traurigkeit, daß der Indianer ihn forschend ansah. »Bist du traurig, Weitfliegender Vogel Gelbbart Geheimnisstab?«
»Du siehst, ich bin kein Gelbbart mehr, wie du mich als Knabe noch nanntest. Ich bin ein Graubart geworden. Und ich bin traurig.«
»Warum? Hast du jetzt Angst vor mir? Oder ist es noch immer nicht gleichgültig für dich, was aus einer Rothaut wird?«
»Nein, Harka Nachtauge Steinhart Wolfstöter Bärenjäger, ich habe keine Angst vor dir. Es ist mir aber nicht gleichgültig, wofür du deine großen Gaben verschwenden mußt.«
Die Züge des Indianers verschlossen sich wieder ganz, und der Weiße auf seinem Lager erschrak von neuem, wieviel Bitterkeit und verzehrender Hochmut in dem Ausdruck dieses Neunzehnjährigen lag.
»Erschrick nicht, wenn du bald einen Schuß hörst«, sagte der junge Indianer zu dem Weißen. »Ich töte mein Pferd, das zu müde für mich geworden ist und das ich jetzt nicht aus den Händen der weißen Männer befreien kann. Ich treffe gut, und der Grauschimmel wird nicht wissen, daß er stirbt.«
Harka schlug den Hutrand noch etwas tiefer herunter und verließ das Zimmer ruhig und unauffällig, wie er gekommen war.
Nicht lange danach krachte ein Schuß.
Ein paar halb Betrunkene schrien und schienen den Schützen zu suchen, dann war es wieder still.
Als es nach dieser Nacht dem Morgen zuging, dem zweiten nach der Kampf nacht, wachten die zwanzig in der Prärie draußen neben dem Gleis aus ihrem Rausch auf. Sie hatten Durst, aber kein Wasser und waren abgespannt.
Joe, der sein Maß zu kennen pflegte, war bei Sinnen geblieben und hatte Wache gehalten. Er hatte Top nicht gehindert zu trinken, aber er hatte ihn gehindert, sich sinnlos zu betrinken, und so standen diese beiden jetzt sicher auf den Füßen und hielten auch mit klaren Augen Ausschau. Als dritter gesellte sich der Kellner zu ihnen, der von keiner Quantität Alkohol ganz umzuwerfen war. Alle aber rochen noch nach Branntwein und Bier, und Top war sein eigener Atem
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