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Heimkehr zu den Dakota

Heimkehr zu den Dakota

Titel: Heimkehr zu den Dakota Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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alle Tabakanpflanzungen und alle dafür geeigneten Gegenden sich in den Händen der weißen Männer befanden. Harka bot von seinem Tabak an, und die Absaroka nahmen gern davon, zum eigenen Genuß und zur Ehre des toten Grizzlys.
    Da Harka die Sprache der Absaroka nicht kannte, diese aber keine andere Sprache verstanden, so konnten sich die Männer nur mit Zeichen verständigen.
    Einfache Fragen und Antworten ließen sich damit leicht erledigen. Harka kam aus Süden und wollte nach Norden. Er war von Geburt ein Dakota und hatte nichts als friedliche Absichten. Sein Name war Büffelpfeilversender. Er nannte nur diesen Namen, unter dem er nicht bekannt war.
    Der junge Dakota führte die Pfeife mit der linken Hand, da er die rechte immer weniger gebrauchen konnte. Sein Nachbar, der Adlerfedern trug, wurde darauf aufmerksam. Die Haut war im Nacken und an der Schulter von den scharfen Bärenkrallen aufgerissen, aber das kümmerte Harka wenig, da die Haut leicht heilte. Er hatte jedoch keineswegs den Wunsch, längere Zeit mit steifem Hals und steifer Schulter bei den Absaroka zu bleiben und vielleicht einen dauernden Denkzettel von der Bärenjagd davonzutragen. Es war ihm klar, daß er besser eine zweite Kugel hätte drangeben als sich unter die Pranken des Grizzlys wagen sollen. Aber nur er selbst sagte sich das. Alle anderen würden preisen, das wußte er, daß ein Graubär mit dem Messer erlegt worden war, und zwar von einem jungen Manne, der erst neunzehn große Sonnen (=Jahre) gesehen hatte und noch nicht in die Reihen der Krieger aufgenommen war.
    Harka warf dem Adlerfedergeschmückten, der neben ihm saß, einen fragenden Blick zu, und dieser verstand. Vorsichtig untersuchte er die Verletzungen und packte dann zu, um den ausgerenkten Arm wieder in die richtige Lage zu bringen. Die Halswirbel zurechtzurücken, wagte er nicht. Aber nachdem Harka die Schultern beide wieder gleichmäßig, wenn auch noch nicht gleich leicht oder schmerzlos bewegen konnte, ruckte er selbst an Hals und Genick, warf den Kopf, und mit einem hörbaren Knack gewann der verschobene Wirbel seine richtige Stellung zurück. Der Adlerfedergeschmückte lächelte ein wenig, freundlich und anerkennend, und genoß weiter die Pfeife mit echtem Tabak.
    Als die Frau, die mit dem Mädchen zu den Zelten gegangen war, mit einem weiteren Krieger zusammen zurückkam, brachte sie Pferd und Rutsche mit. Der erlegte Bär wurde aufgeladen. Das Tier wog soviel wie sieben Männer zusammen.
    Der Weg mit der schweren Last dehnte sich. Als die rückkehrende Jagdgesellschaft das Bergtal erreichte, in dem sich die Zelte befanden, wußten die Bewohner längst, was geschehen war. Sie hatten sich am Rande des Zeltlagers versammelt, unter den Bäumen, auf der Wiese am Bach. In Gruppen standen die Frauen, die Mädchen, die Männer zusammen. Die Jungen und die Burschen eilten den Rückkehrenden weit entgegen, mit hellen Jubelrufen, voller Freude und voller Spannung darauf, das furchtbare Raubtier und seinen Bezwinger selbst zu sehen. Rings schwärmten sie um die Heimkehrenden, zu Fuß und auch zu Pferd.
    Bei den Zelten waren es die Ältesten und der Zaubermann des Stammes, die den jungen erfolgreichen Jäger und seine Beute empfingen. Er wurde mit allen Zeichen des Willkommens begrüßt und von einem alten Würdenträger, dem Friedenshäuptling, gastlich ins Zelt geladen. Ein Junge übernahm es, das Scheckenpferd zu versorgen. Der Grizzly blieb inmitten des Dorfes auf einer Lederplane liegen. Drei Burschen übernahmen die Wache und scheuchten die Hunde, die den toten Bären verbellten und freßlüstern die Zähne zeigten. Einem toten Graubären wurde die gleiche Ehre erwiesen wie einem getöteten tapferen Feinde.
    Harka kam seit Jahren zum erstenmal wieder in ein Zeltdorf, und seit vielen Tagen zum erstenmal wieder in ein feuererwärmtes Zelt. Über dem Feuer brodelte Fleischbrühe in einem Kessel; sie dampfte und duftete. Als die Frau des Häuptlings den Gästen die Brühe in Schüsseln ausgeteilt hatte, begann sie Rehfleisch am Spieß zu rösten. Harka schämte sich durchaus nicht, kräftig zuzugreifen, denn er wußte, daß er seine Gastgeber bald selbst mit ausgesprochenen Delikatessen, mit Bärentatzen und Bärenschinken, bewirten konnte. Das Feuer flackerte leise weiter und wärmte angenehm.
    Im Zeichengespräch erfuhr Harka, daß es Sitte bei der Gruppe der Absaroka war, zur Versöhnung des Bärengeistes den Bärentanz zu tanzen, und daß die Krieger am nächsten Tage

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