Heimkehr zu den Dakota
lieb. Er erfuhr von den jungen Männern zweierlei, was ihn besonders interessierte: einmal, daß der Horst des Adlers noch nicht aufgefunden war und daß der Raubvogel für einen Pfeilschuß immer viel zu hoch flog, daher auch nicht erlegt werden konnte, zum zweiten, daß nördlich des Jagdgebietes der Absarokagruppe ein Geisterpferd spukte, ein Hengst, der ohne Herde erschien und verschwand, und dessen Spur noch niemand hatte verfolgen können.
»Die Kugel, die ich bei der Bärenjagd gespart habe, wird dem Adler gelten«, sagte der junge Indianer.
Vom Morgen des nächsten Tages an streifte er mit den beiden jungen Absaroka in der näheren und weiteren Umgebung des Zeltlagers umher. Die Wasser waren durchsichtig und klar und spiegelten die Sonnenstrahlen. Das Moos wurde goldgrün, die Tannen hatten helle Spitzen, das Laub sprießte, und die Vögel sangen. Auf sonnendurchwärmten Steinen saßen Eidechsen; sie huschten davon, sobald der Schatten eines Menschen auf sie fiel. Des Abends im Zelte gab es Bärenfleisch, erst das Hirn, die Leber und das Herz, die dem siegreichen Jäger allein vorbehalten waren, dann die Tatzen und Lendenstücke, endlich die Schinken. Täglich fanden sich zahlreiche Gäste ein, die aus der Beute bewirtet werden konnten. Das Fell war zum Trocknen aufgespannt. Die Hunde hatten die Gedärme schon zerrissen und verspeist.
Der alte Friedenshäuptling selbst überreichte Harka die Kette aus den Krallen und Zähnen des Bären; seine Tochter hatte sie gut gearbeitet. An einer Sehnenschnur waren abwechselnd je eine Kralle und ein Zahn aufgereiht; das Bruststück der Kette war aus den stärksten Krallen und Zähnen gearbeitet. Harka legte die Kette um den Hals und trug sie von da an stets.
Seine Schmerzen waren schon geringer geworden und seine Bewegungen wieder viel freier. Er träumte nicht mehr von dem Bären, sondern schon von der nächsten Jagdbeute. Der Adler hatte sich nicht mehr in der Nähe des Dorfes gezeigt. Frühere Beobachtungen, von denen Harka erfuhr, deuteten darauf hin, daß er seinen Horst weiter nördlich hatte und nur hin und wieder auf einem Streifzug so weit südlich gelangte, daß die Zeltbewohner ihn hoch in den Lüften schweben sahen. Harka, der außer seiner Muttersprache schon die Sprache der Siksikau und die der weißen Männer erlernt hatte und im Erlernen anderer Sprachen dadurch geübt war, hatte sich gleich in den ersten Tagen einige wichtige Worte der Absaroka gemerkt und sich in der folgenden Zeit rasch so viel angeeignet, daß er sich mit Wort und Zeichen zusammen jetzt schon ziemlich ungehindert verständigen konnte. Er überredete die beiden jungen Absaroka, die sich zuerst im Zelte bei ihm eingefunden und dann mit ihm auf Streifzüge gegangen waren, auf die geplante Adlerjagd mitzukommen.
Es bedurfte nicht vieler Vorbereitungen. Das Pferd wollte Harka nicht mitnehmen, da es im Fels nicht zu gebrauchen war. Etwas Trockenfleisch, etwas Tabak, das genügte als Vorrat und Reserve. Die drei beabsichtigten bei der warmen Witterung auch nicht, ihre Decken mitzunehmen. Harka, der auf den kleinen Jagdstreifzügen stets den Bogen benutzt hatte, wollte diesen jetzt im Zelt lassen und nur die Büchse mit sich führen. Die drei Jagdlustigen, von denen keiner über dreiundzwanzig Jahre war, aßen sich am Abend vor dem Aufbruch noch gründlich satt, badeten und salbten sich mit Bärenfett und legten sich früh schlafen, da sie vor Mitternacht aufbrechen wollten. Der Nachthimmel schimmerte in seiner dunkelgroßartigen Pracht über Bergen und Tälern, über Wäldern und Wassern, als die drei jungen Männer aus dem Zelte schlüpften und sich auf dem Dorfplatz trafen. Die Pferde rührten sich ein wenig, auch der ausgeruhte Schecke Harkas. Ein Hund jaulte wie ein Wolf. Der Bach plätscherte.
Die drei liefen im Dauerlauf am Bachufer, dann durch den Wald aufwärts. Als das Gelände steil wurde, mußten sie ihr Tempo mäßigen, aber noch immer liefen sie, tief in die Knie gehend, den Körper vorgebeugt, mit weitausgreifendem Schritt. Obgleich die Frühjahrsnächte in diesen Höhen kalt waren, wurde den jungen Jägern von der Anstrengung warm. Sie hatten keinen Weg. Streckenweise benutzten sie Wildpfade, dann mußten sie sich durch Krummholz und Gebüsch den Weg selbst bahnen. Einer der beiden Absaroka lief voran. Harka ging in der Mitte. Das erste Ziel war ein hoher Gipfel, von dem aus die Jäger weithin Ausschau halten konnten. Sobald sie aus der Waldregion herauskamen, pfiff der
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