Heimkehr zu den Dakota
ein paar langen Sätzen hetzte er herbei und unterlief das Tier. Es überragte ihn und schlug sofort mit der Pranke zu. Harka stieß dem Raubtier gleichzeitig das zweischneidige Dolchmesser ins Herz. Ein Grizzly war unvorstellbar zäh, wenn nicht sein Lebensnerv unmittelbar getroffen wurde, aber der Stoß war nicht nur schnell, sondern auch kraftvoll und sicher geführt.
Während der Indianer selbst noch unter dem Prankenschlag, der ihn im Nacken getroffen hatte, in die Knie ging, versagte auch schon die Kraft des Tieres. Harka konnte noch beiseite springen, ehe die Körpermasse von einigen Zentnern auf ihn stürzte. Der riesige Grizzly zuckte noch mit den Schultern und Pranken, dann streckte er sich. Er war tot.
Harka stieß einen Siegesruf aus, und auch das kleine Indianermädchen schrie hell und jubelnd auf. Eine Frauenstimme antwortete aus dem Wald, und die Jagdrufe von weither wiederholten sich. Sechs oder sieben Männer schienen unterwegs zu sein.
Harka schaute nur einen Moment auf das Tier zu seinen Füßen. Es war der erste Grizzly, den er selbst erlegt hatte. Beim Zeltdorf am Pferdebach hatte ein solcher Bär Gefiederten Pfeil, den Bruder Mattotaupas, zerfleischt, und Mattotaupa hatte diesen Bären dann erlegt. Er hatte damals Harka auf die Jagd mitgenommen, und der Knabe hatte das Raubtier unter Gefahr seines Lebens gereizt und für den Vater, der mit dem Messer anzugreifen gelobt hatte, aus dem Gebüsch gelockt. Darum hatte Harka schon mit zwölf Jahren den Beinamen Bärenjäger geführt. Später hatte er Braunbären, auch den gefährlichen Baribal, gejagt. Aber dies war der erste Grizzly, den er mit eigener Hand getötet hatte. Die Indianer betrachteten den Bären als ein Tier besonderer Art und glaubten, daß eine kluge menschliche Seele in ihm wohne. Einen Graubären zu erlegen galt soviel wie der Sieg über einen tapferen und gefährlichen Feind. Es war sehr selten, daß ein Mann allein es unternahm und vermochte, mit dem großen Raubtier fertig zu werden.
Harka holte sich seine Büchse, lud wieder, schaute zum Himmel und mußte feststellen, daß der Adler sich verzogen hatte. Wahrscheinlich war er durch den Schuß verscheucht worden. Der junge Indianer ging zu dem gestürzten Baumriesen, auf dem er geschlafen hatte, packte seine Sachen zusammen, nahm seinen Mustang und führte ihn aus dem Lawinenbruch hinaus in den Wald zu der Stelle, wo der erlegte Bär lag. Bei alledem mußte Harka feststellen, daß der Prankenschlag, den er im Nacken erhalten hatte, doch nicht ohne Folgen blieb. Das rechte Schultergelenk funktionierte schlecht, und er konnte nur mit großer Mühe und vielen Schmerzen den Kopf halb aufrichten.
Bei dem Bären fand er eine Frau und sieben Männer, deren Rufe er gehört hatte. Es waren indianische Krieger, nach Art der Indianer in Wald und Prärie gekleidet, bewaffnet mit Pfeil und Bogen, Keule und Messer. Die Haare trugen sie auffallend lang. Den einen unter ihnen hatte Harka sogar im Verdacht, daß er noch fremde Haare an die eigenen angeknüpft hatte, um die Zierde seines Hauptes künstlich zu verlängern. Zwei der Krieger trugen Adlerfedern im Schöpf. Harka nahm an, daß er mit Absaroka, mit Krähenindianern, zu tun hatte.
Alle zusammen begrüßten den jungen Jäger freudig und mit bewundernden Rufen. Das kleine Mädchen, sicher nicht älter als sechs Jahre, hatte offensichtlich schon von den Vorgängen berichtet. Es stand mit der Frau zusammen bescheiden abseits und schaute mit großen runden Augen auf seinen Retter, diesen fremden Indianer, der anders aussah als die Krieger ihres Stammes und der ein Geheimniseisen, eine Büchse, besaß. Die Lederbekleidung des Mädchens und der Frau war sauber gearbeitet, die Gürtel, die Taschen, die Messerscheiden hübsch bestickt. Glatt geflochten fielen die Zöpfe über die Schultern. Im Gesicht des Mädchens zuckte und zitterte es noch, Nachklang der Angst, die es ausgestanden hatte. Wahrscheinlich hatte es sich beim Beerensuchen zu weit von der Mutter fortgewagt und war von dem Raubtier, dem die Männer schon auf der Spur gewesen waren, überrascht worden.
Die Indianerfrau machte sich mit dem Kind auf den Weg, vermutlich zu den Zelten. Die Männer besahen den mächtigen Bären und ließen sich endlich bei der Jagdbeute nieder, um eine Pfeife zu rauchen. Harka setzte sich dazu und holte Tabak aus seinem Beutel, echten Tabak, der bedeutend anziehender duftete als die rote Weide, die die indianischen Männer rauchen mußten, seitdem
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