Heimlich
und wohligen Rachegedanken.
Mit den Rosen in der Hand wartete ich ungeduldig bis halb sieben vor dem Eingang zum Rathaus an der Spring Street.
Lorna ließ mich sitzen. Ich rannte zum Parkplatz an der Temple Street. Ihr Wagen stand da. Verärgert lief ich zurück zum Rathaus und ging rein. Ich sah auf dem Wegweiser in der Halle nach: Das Büro des Staatsanwaltes erstreckte sich über zwei Stockwerke. Nervös stieg ich in den Fahrstuhl, obwohl ich lieber die neun Stockwerke hochgerannt wäre. Ich ging die leeren Flure des neunten Stockwerkes entlang, steckte meine Nase in offene Türen und sah in leeren Konferenzräumen nach. Ich tauchte meinen Kopf sogar ins Damenklo. Nichts.
Aus einiger Entfernung hörte ich das Klappern einer Schreibmaschine. Ich ging durch den Gang auf eine Glastür zu, auf der in schwarzen Buchstaben »Schwurgerichtsfälle« stand. Ich klopfte leise.
»Ja bitte?« Lornas Stimme klang unwirsch.
Ich verstellte meine Stimme: »Telegramm, meine Dame.«
»Scheiße«, hörte ich sie murmeln, »es ist offen.«
Ich stieß die Tür auf. Lorna sah von ihrer Schreibmaschine auf, bemerkte mich und sprang auf in Richtung Tür, als wollte sie mein Eintreten verhindern. Ich trat zur Seite, und sie ging zu Boden.
»Scheiße. O du Scheiße. O mein Gott!« sagte sie und brachte sich in eine sitzende Haltung. An die Wand gelehnt, sagte sie: »Was zum Teufel haben Sie mit mir vor?«
»Ihr Herz erobern«, sagte ich und warf die Rosen auf ihren Schreibtisch. »Lassen Sie mich Ihnen aufhelfen.«
Ich ging in die Hocke, faßte Lorna unter den Armen und hob sie sanft hoch. Sie machte noch einen schwachen Versuch, mich wegzustoßen, aber ohne Nachdruck. Ich umarmte sie, und sie widersetzte sich nicht.
»Wir waren verabredet, erinnern Sie sich?« flüsterte ich in ihr weiches, braunes Haar.
»Ich erinnere mich.«
»Können wir gehen?«
»Nein. Ich denke nicht.«
»Ich habe Ihnen gestern abend schon gesagt, Sie sollen nicht denken.«
Lorna löste sich aus meiner Umarmung. »Tun Sie nicht so gönnerhaft, Underhill«, zischte sie. »Ich weiß nicht, was Sie wollen, aber Sie unterschätzen mich. Ich bin kein Neuling. Ich bin einunddreißig Jahre alt. Ich hab’s mit Partnerwechsel versucht, und ich hab’s mit wahrer Liebe versucht, die sind wie mein schlechtes Bein: Sie funktionieren nicht. Ich brauch’ keinen Wohltätigkeitsliebhaber. Ich brauch’ keinen Mißbildungsliebhaber. Ich brauch’ keine Leidenschaft - und zu allerletzt brauche ich keinen Cop.«
»Aber Sie brauchen mich.«
»Nein, brauch’ ich nicht!« Sie hob die Hand, um mich zu schlagen.
»Nur zu, Frau Staatsanwältin«, sagte ich. »Dann werde ich Sie anzeigen wegen Verstoßes gegen Paragraph 647, tätlicher Angriff auf einen Polizeibeamten. Sie werden die Untersuchung selbst leiten und gleichzeitig Angeklagte, Staatsanwältin und Verteidigerin sein müssen. Also, nur zu.«
Lorna ließ ihre Hand sinken und lachte.
»Gut«, sagte ich. »Ich laß die Anklage fallen und gebe Ihnen Bewährung.«
»Wer ist mein Bewährungshelfer?«
»Ich.«
»Und was sind die Auflagen?«
»Zunächst mal müssen Sie meine Blumen annehmen und mit mir heute abend essen gehen.«
»Und dann?«
»Das hängt ganz von Ihrem Verhalten ab.«
Lorna lachte wieder. »Bekomme ich Urlaub für gute Führung?«
»Nein«, sagte ich, »es wird auf lebenslänglich hinauslaufen.«
»Sie haben wohl nicht alle Akten im Schrank, Officer, wie Sie einmal zu sagen pflegten.«
»Ich stehe über dem Gesetz, Frau Staatsanwältin, wie Sie einmal zu sagen pflegten.«
»Touché, Freddy.«
»Wir sind quitt, Lorna. Gehen wir essen?«
»Gut. Die Blumen sind wunderschön. Ich möchte sie nur noch in eine Vase stellen, dann können wir gehen.«
Wir fuhren Richtung Strand zum »Malibu Rendezvous«, einem stilvollen Restaurant am Meer, das mir schon seit der »guten alten Zeit« durch den Kopf ging, als ich noch an die »Traumfrau« glaubte. Jetzt, nach Jahren, fuhr ich hin, ein erwachsener Polizist, mit einer behinderten jüdischen Staatsanwältin neben mir, die Rauchringe blies und mir beim Fahren verstohlene Blicke zuwarf.
»Woran denkst du?« fragte ich.
»Du hast mir das Denken verboten, oder?«
»Ich nehm’s zurück.«
»Gut. Ich dachte gerade, daß du einfach zu gut aussiehst. Das entwaffnet, und deswegen unterschätzen dich die Leute wahrscheinlich. Und dann hast du wahrscheinlich so einen Zug an dir, der diese Unterschätzung leicht ausnützt.«
»Das ist sehr scharf
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