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Heimlich

Heimlich

Titel: Heimlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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führte uns zum Aufzug, wo ein Beamter Engels’ Beine zusammenband. Wir fuhren schweigend in den elften Stock hoch. Wir sahen zu, wie Engels die Handschellen abgenommen und die Kette angelegt wurde. Er erhielt Gefängniskleidung und wurde in eine Einzelzelle abgeführt. Hinter Schloß und Riegel starrte er mich ein letztes Mal an und spuckte auf den Boden.
    Der Lieutenant sprach: »Sie sollen sofort ins Hauptquartier kommen. Der Leiter der Kriminalpolizei hat selbst angerufen.«
    Dudley nickte mit steinernem Gesicht. Ich entschuldigte mich, rannte die Treppen bis zur Straße runter und ging durch den Haupteingang ins Freie, wo ich von Reportern empfangen wurde. Manche erkannten mich wegen der vorangegangenen Geschichte und warfen mir Fragen an den Kopf, als ich auf den Gehsteig zusteuerte.
    »Underhill, wessen Verhaftung ist das?« »Was ist passiert?« »Dudley sagt, dieser Kerl ist verrückt. Können Sie ihm irgendwelche ungeklärten Fälle anhängen?« Ich ignorierte sie und riß mich frei. Ich rannte den ganzen Weg bis zum Hauptquartier an der Los Angeles Street, vier Straßen weiter. Schwitzend lief ich durch die Gänge und hielt einen Augenblick an, um mich zu sammeln, bevor ich an die Tür von Thad Green, dem Leiter der Kriminalpolizei klopfte. Seine Sekretärin führte mich ins Wartezimmer. Dudley Smith war schon da und saß rauchend auf dem Sofa. Wir starrten uns an, bis der Summer auf dem Schreibtisch der Sekretärin ertönte und sie sagte: »Sie können jetzt reingehen, Lieutenant Smith.«
    Dudley ging durch die Tür aus Kristallglas ins Allerheiligste. Ich wartete nervös und wütend, dachte dabei an Lorna und war bemüht, mich zu beruhigen. Dudley tauchte eine halbe Stunde später in der Tür auf und ging schnurstracks an mir vorbei.
    Eine Stimme aus dem Büro rief: »Underhill!« Gefaßt ging ich hinein. Der Chef saß hinter seinem riesigen Eichentisch. Er erwiderte meinen Gruß mit einem kurzen Nicken seines eisengrauen Hauptes. »Berichten Sie, Underhill«, sagte er.
    Als ich geendet hatte und immer noch da stand, sagte der Chef: »Willkommen bei der Kriminalpolizei, Underhill. Ich werde eine Pressemitteilung machen. Das Büro des Staatsanwaltes wird sich bei Ihnen melden. In zwei Stunden möchte ich Ihren schriftlichen Bericht haben. Sprechen Sie nicht mit Reportern. Gehen Sie jetzt nach Hause und ruhen sich aus.«
    »Danke, Sir«, sagte ich. »Wo werde ich eingesetzt?«
    »Ich weiß noch nicht. Irgendeine Abteilung.« Er schaute in seinen Kalender. »Melden Sie sich heute in einer Woche bei mir, um acht Uhr. Das ist Freitag, der 12. September. Bis dahin haben wir etwas Passendes für Sie gefunden.«
    »Danke, Sir.«
    »Ich danke Ihnen, Officer.«
    Ich schrieb meinen Bericht unten in einem leeren Lagerraum und gab ihn der Sekretärin des Chefs. Dann holte ich meinen Wagen und fuhr nach Hause zu Night Train, einem Bad und einem - Gott sei Dank - traumlosen Schlaf.

12
    Funkelndes Zwielicht stand am Himmel, als ich am Zeitungsstand Ecke Pickow und Robertson auf die Abendzeitungen wartete. Sie kamen und die Schlagzeilen schrien mir »Korea« statt »Mord in Los Angeles« entgegen. Ich war enttäuscht. Ich war darauf gespannt, wie die Presseverlautbarung des Departments mit Dudley Smiths Pressenotiz übereinstimmen würde.
    Nachdem ich die zweite und dritte Seite überflogen hatte, fühlte ich mich erleichtert: Ich hatte Dudley am Arsch, und der eintägige Aufschub, den die Presse uns gab, würde einen wahrscheinlich schwierigen Abend mit Lorna erleichtern.

    Als ich an der Charleville Street parkte, konnte ich sehen, wie Lorna in ihrem Wohnzimmer saß, geistesabwesend rauchte und aus dem Fenster blickte. Ich klingelte, und mein ganzer Ärger und meine Angespanntheit fielen wie Schuppen von mir. Ich war von köstlicher Vorfreude erfüllt.
    Der Türöffner summte, ich spurtete die Treppen hoch, und fand Lorna in der Mitte des Wohnzimmers vor. Sie stand auf ihren Stock gestützt, hatte rosa Lippenstift und etwas Mascara aufgetragen und ihr glänzendes hellbraunes Haar in einem neuen Stil frisiert - nach hinten gekämmt und über den Ohren hochgesteckt. Es sah atemberaubend aus. Sie trug einen Schottenrock und ein Männerhemd mit Rüschen, das ihre großen Brüste perfekt zur Geltung brachte.
    Sie lächelte ausdruckslos, als sie mich sah. Ich ging langsam auf sie zu, umarmte sie und spielte sanft mit ihrer neuen Frisur.
    »Hallo«, war alles, was mir einfiel.
    Lorna ließ ihren Stock fallen und umfaßte

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