Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
gehörst du hin. Das Leben hier ziemt sich nicht für dich, es ist eine Verirrung, die der Vergangenheit angehören sollte. Zukünftig wirst du diesen Fehler korrigieren und so leben, wie es für eine junge Dame wie dich angemessen ist.
Also schön, ich sollte mir Cecilys Worte zu Herzen nehmen und sie sooft es geht wiederholen, damit sie Wirklichkeit werden, nahm sie sich vor und seufzte.
Wenn sie tatsächlich für das Leben in einem vornehmen Haus bestimmt war, dann mussten Staub und Spinnweben wohl Teil ihres Schicksals sein. Dieses Zimmer hier war seit Jahren nicht mehr gelüftet worden. Man würde eine stabile und lange Leiter benötigen, um die Lüster abwischen und polieren zu können. Dies galt auch für den oberen Teil des ungeputzten Kamins. Verflucht sei der Mann, der sich ausgedacht hat, dass hohe Zimmerdecken in ein herrschaftliches Haus gehören, schimpfte sie insgeheim.
Sie zog die staubigen Vorhänge zurück, um aus dem Fenster auf die verregnete nächtliche Landschaft hinauszublicken. Die unförmigen Gebilde, die sie von hier oben in ihren Umrissen schemenhaft erkennen konnte, mochten Teil eines dereinst schönen Barockgartens sein. Der war offenbar ebenso vernachlässigt worden wie das Haus.
War die Pracht des Anwesens so verblasst, weil ihr zukünftiger Gemahl doch kein Geld mehr besaß? Cecilys Äußerungen nach waren die Radwells jedenfalls reich genug, um sich anspruchsvolle Kurtisanen leisten zu können.
Sie wäre überglücklich, dachte Miranda, wenn sie von meiner raschen Verlobung wüsste. Die Einwilligung des Duke of Haughleigh oder seines Bruders war immer die Schwachstelle in ihrem Plan gewesen. Die Dowager Duchess hätte gezwungen werden können, um indes ihren Sohn zu überzeugen, wäre Cecily nicht darum herum gekommen, ihm alles zu enthüllen. Dennoch hatte sie gehofft, dass einer der Söhne unter der Fuchtel der Mutter stand und, ohne die Angelegenheit zu hinterfragen, die Frau akzeptieren würde, die sie ihm vorsetzte. Gleichwohl hatte sie ihre Zweifel gehabt. Denn wenn die Dowager Duchess wirklich so einflussreich gewesen wäre, hätten beide längst geheiratet.
Jemand klopfte leise an die Tür. „Lady Miranda? Seine Lordschaft schickt mich zu Ihnen.“ Ein Mädchen mit Haube steckte den Kopf zur Tür herein. „Darf ich eintreten, Ma’am?“
„Ja, bitte.“
„Ich heiße Polly, Ma’am. Bin keine Zofe, fürchte ich. Diese Dienste wurden nicht gebraucht. Die Frau, die sich um Ihre Gnaden, Gott hab sie selig, gekümmert hat, ist nach der Beerdigung zu ihrer Familie zurückgekehrt.“
„Nun, es ist lange her, dass ich eine Zofe hatte, Polly, daher werden wir beide uns schon irgendwie arrangieren.“
Die junge Dienerin lächelte und durchquerte mit einem Teetablett, auf dem auch ein leichtes Abendessen stand, den Raum. Sie stellte es auf dem kleinen runden Tisch nahe dem Fenster ab. „Lord St. John dachte, Sie würden bestimmt lieber auf Ihrem Zimmer essen, Ma’am. In diesem Haus wird nur noch unregelmäßig zu Abend gespeist.“
„Tatsächlich?“ Miranda warf einen kritischen Blick auf das Tablett. Eine Portion wässriger Eintopf und ein Kanten angetrocknetes Brot lagen darauf. Das war nicht gerade ein Menü, wie sie es erwartet hätte. Es erinnerte zu sehr an die ärmlichen Mahlzeiten, die sie gewohnt war. Sie setzte sich an den Tisch und kostete von dem Essen. Es war jedoch nicht einmal so sorgfältig zubereitet wie daheim.
„Kommt die Dienerschaft nach dem Tod der Dowager Duchess zurecht?“
Polly senkte den Kopf und schwieg.
„Wie waren denn die Gepflogenheiten, bevor ich ins Haus kam?“
„Ihre Gnaden ließ sich das Essen meist auf ihr Zimmer bringen.“
„Und ihre Söhne?“
„Die waren nie daheim, Ma’am. Lord St. John hat die meiste Zeit in London verbracht. Und der Duke war in Frankreich. In Paris und so. Er kam erst kurz vor dem Tod seiner Mutter nach Haughleigh Grange zurück, um Frieden zu schließen. Und Lord St. John hätte beinahe die Beerdigung verpasst.“
Polly sah sich im Zimmer um. „Wann erwarten Sie Ihr restliches Gepäck, Ma’am?“
„Ich fürchte, das ist alles“, erwiderte Miranda und wies auf den Koffer, den man ihr hochgetragen hatte. „Es gab Probleme mit der Kutsche“, flunkerte sie. „Ich hatte noch eine Truhe, aber die Männer haben vergessen, sie aufzuladen. Ich nehme an, sie ist längst von jemand anderem mitgenommen worden.“
„Vielleicht auch nicht“, gab das Mädchen zu bedenken. „Wenn Seine Gnaden das
Weitere Kostenlose Bücher