Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
Es ist Ihre Pflicht, sich um die Moral zu kümmern. Nachdem Sie mich geradezu gezwungen haben, das Mädchen zu heiraten, werden Sie mir doch wohl nicht vorwerfen, dass mein Verhalten zu wünschen übrig lässt. Schlagen Sie das Gebetbuch auf, sprechen Sie die Worte, die nötig sind, und verlassen Sie mitsamt Ihrer spitzzüngigen Frau mein Haus. Gehen Sie jetzt in die Kapelle, um alles für die Zeremonie vorzubereiten. Miranda und ich werden in Kürze bei Ihnen sein.“
Leise protestierend verließ der Vikar das Arbeitszimmer. Marcus war jedoch zuversichtlich, dass am Ende, wenn er dem Mann eine großzügige Zuwendung übergeben hatte und genug Zeit ins Land gegangen war, die Aufregung um diese übereilte Vermählung verblassen würde.
In einem Punkt war er indes versöhnt: Die Unterredung mit dem Vikar hatte ihm offenbart, dass Miranda nicht vorsätzlich uneskortiert und zu Fuß auf seiner Türschwelle erschienen, sondern von den Winslows auf den Weg geschickt worden war. Sie hatte gehofft, eine gute Partie zu machen, doch es war nicht ihr Anliegen gewesen, ihn in die Falle zu locken, indem sie sich ruinierte. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass sie unaufrichtig war.
Es sei denn, sie war bereits entehrt gewesen, bevor sie die Reise nach Devon angetreten hatte.
Diese mysteriöse Lady Cecily behauptete in ihren Briefen, das Mädchen sei unschuldig. Etwas anderes hätte sie auch nicht schreiben können. Niemand wäre so töricht zu verkünden, das Mädchen sei zwar ein Paradiesvögelchen, besitze aber ein gutes Herz. Marcus versuchte diesen Gedanken nicht weiter zu verfolgen. Er würde durch einen Schwur und durch seine Ehre an sie gebunden sein, gleichviel ob ihr Ruf bereits früher gelitten hatte oder nicht.
Nach dem Gesetz wäre er Miranda dann allerdings noch nicht verpflichtet. Solange sein Name nicht auf der Lizenz vermerkt war, konnte die Verbindung aufgelöst werden, falls sich herausstellen sollte, dass Miranda unehrlich zu ihm gewesen war. Während sie allerdings unter seinem Dach weilte, würde er sie beschützen und dafür Sorge tragen, dass das bereits geschehene Unheil sich nicht weiter verschlimmerte.
Er zog an der Klingelschnur, um Wilkins aufzutragen, St. John zu ihm zu schicken.
Kurze Zeit später kam sein Bruder mit einer gleichermaßen verächtlichen wie überheblichen Miene in den Raum. „Wie immer Ihr Diener, Euer Gnaden.“
„Erspare mir dieses eine Mal deine falsche Ergebenheit, St. John.“
Der junge Mann lächelte frech. „Du schätzt es also nicht, wenn ich mir die größte Mühe gebe, dir meinen Respekt zum Ausdruck zu bringen, Marcus. Ach, es ist so schwer, dem Peer zu gefallen.“
„Das sagst du jedes Mal, wenn wir uns sehen. Für diesen einen Tag erbitte ich mir einen Waffenstillstand. Heute wirst du mir die Ehre erweisen, die einem Duke und dem Herrn des Hauses gebührt.“ Er musste stark an sich halten, um nicht wieder in Rage zu geraten. Sein Vorhaben, an St. John als seinen Bruder zu appellieren, war mit dem Augenblick gescheitert, da sie einander gegenüberstanden. Zur Hölle mit meiner Reizbarkeit, schalt er sich insgeheim, und zur Hölle mit St. John, dem es immer wieder mit Leichtigkeit gelingt, mich zum Rasen zu bringen.
„Also schön, Marcus“, sagte sein Bruder belustigt. „Waffenstillstand. Aber nur für diesen einen Tag. Betrachte ihn als mein Hochzeitsgeschenk an dich.“
„Ich ließ dich rufen, um mit dir über die Vermählung zu reden, St. John.“
„Ach, wirklich?“ St. John hob eine Braue, um dem Bruder einmal mehr zu bekunden, wie wenig ernst er ihn nahm. „Gibt es tatsächlich eine Angelegenheit, in der du meinen Rat benötigst? Ich bin davon ausgegangen, dass der Vikar dir eine Rede darüber hält, worin deine Pflichten als Ehemann bestehen. Und ich dachte, du würdest dich nach deiner Zeit mit Bethany noch der wesentlichen Dinge entsinnen. Wenn ich mir allerdings in Erinnerung rufe, wie es um deine letzte Ehe bestellt war, könnte ich mir vorstellen, in welcher speziellen Angelegenheit du meinen Rat benötigst.“
Marcus schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. „Wie kannst du es wagen, St. John, ausgerechnet heute von Bethany zu sprechen!“
„Weshalb denn nicht, Marcus? Ich denke oft an sie. Nur weil du dir wünschst, sie zu vergessen, gilt dies noch lange nicht für mich.“
Marcus spreizte die Finger, die er allzu gern um den Hals des Bruders gelegt hätte. Stattdessen atmete er tief durch. „Du hast mir für heute einen
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