Heimliche Hochzeit um Mitternacht (German Edition)
schien es ihm, als huste sie sich die Lunge aus dem Leib. Der Anfall wollte kein Ende nehmen, und sie begann vor Schwäche zu zittern. Ein Zimmermädchen eilte in den Raum und beugte sich über das Bett, um seiner Mutter den Rücken zu stützen und ihr einen Spucknapf hinzuhalten. Als die Dowager Duchess wieder in die Kissen sank, erblickte Marcus Blut in dem Gefäß, und auch ihre Lippen waren mit dunkelroten Tröpfchen benetzt.
„Mutter.“ Seine Stimme klang jetzt unsicher, und seine Hand bebte, während er ihr mit einem Taschentuch den Mund betupfte.
Kraftlos legte sie die Hand auf seine Finger. Die Glut in ihren Augen war einem angstvollen, befremdlichen Flehen gewichen. „Bitte“, wisperte sie heiser, „bevor es zu spät ist. Empfange das Mädchen. Lass mich in Frieden sterben.“ Sie lächelte in einer Weise, die mehr einer Grimasse gleichkam, und er fragte sich, ob sie Schmerzen hatte. Sie wusste sich immer zu beherrschen – und jeden anderen in ihrer Nähe ebenfalls. Es musste ihr zu schaffen machen, dass sie ihrer Krankheit derart ausgeliefert war. Zum ersten Mal bemerkte er, wie zierlich und gebrechlich sie wirkte in diesem großen Bett, umgeben vom Geruch der weißen Lilien.
Also hatte sie die Wahrheit gesprochen. Dieses Mal würde sie wirklich sterben. Er seufzte. Was machte es aus, wenn er ihr das gewünschte Versprechen gab? Starb sie tatsächlich bald, würde sie ohnehin keine Gelegenheit mehr finden, der Freundin einen Termin mitzuteilen. Und er würde mit Sicherheit vergessen, diese Leute zu kontaktieren, wenn er seine Mutter zu Grabe getragen hatte.
„Ich werde eine Vermählung mit diesem Mädchen in Erwägung ziehen“, verkündete er steif, doch er gab der Mutter mehr Grund zu hoffen als in all den Jahren zuvor.
2. KAPITEL
Erleichtert stellte Lady Miranda Grey ihren Koffer vor der prachtvollen Eingangstür ab. Sie betätigte den Türklopfer und stellte erstaunt fest, dass der Laut, den das Messing auf dem Holz erzeugte, den prasselnden Regen kaum übertönte. Es käme einem Wunder gleich, wenn jemand ihr Klopfen hören würde bei diesem frühsommerlichen Unwetter.
Der Butler öffnete entgegen ihrer Befürchtung zügig die Tür, dann zögerte der Bedienstete, als hoffte er, dass der Regen sie fortspülen und ihn von der Last befreien würde, sich um sie kümmern zu müssen.
Miranda traute sich kaum auszumalen, welchen Anblick sie bot. Die Haare hingen ihr in tropfnassen Strähnen auf die Schultern hinab, die Pelisse war durchweicht, und das Reisekleid haftete ihr mitsamt den Unterkleidern feucht und kühl auf der Haut, beschmutzt von dem vielen Schlamm, durch den sie gelaufen war. Insgeheim schickte sie ein Dankgebet gen Himmel, dass sie sich gegen ihre neuen Slipper entschieden und stattdessen die robusten Stiefel gewählt hatte. Diese waren außerordentlich unangemessen für eine Dame, doch anderes Schuhwerk hätte den Marsch hierher nicht überstanden. Und ihre Handgelenke, die weder durch die ausgeblichenen Handschuhe noch die Ärmelsäume geschützt gewesen waren, zeigten vor Kälte bereits eine bläuliche Verfärbung.
Nach einer Ewigkeit machte der Butler den Mund auf, um sie, wie sie befürchtete, wieder fortzuschicken. Oder um sie wenigstens zum Hintereingang zu dirigieren.
Miranda straffte die Schultern, während ihr Cecilys Worte durch den Kopf gingen. Es zählt nicht, wie du aussiehst, sondern wer du bist. Trotz der misslichen Umstände bist du eine Dame. Du bist auf die Welt gekommen, um eine Dame zu sein. Wenn du dies nicht vergisst, werden dich die Leute entsprechend behandeln.
Ausnahmsweise freute sie sich über ihre hohe Gestalt und blickte streng zu dem Diener hinab. „Lady Miranda Grey. Ich denke, ich werde erwartet.“
Der Butler wich zur Seite und murmelte irgendetwas, das sich anhörte wie eine Aufforderung, ihm zu folgen. Dann, ohne ihr die Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, drehte er sich um, entschwand in die Halle und ließ sie draußen stehen. Miranda hievte ihren Koffer über die Türschwelle, betrat das Entree und schloss die Tür hinter sich. Entnervt betrachtete sie das Gepäckstück. Es stand in einer Pfütze auf dem Marmorfußboden. Nun, meinetwegen kann es hier verrotten , befand sie. Es ist nicht meine Aufgabe, Koffer und Taschen zu tragen . Die Blasen an ihren Händen waren Beweis genug, dass sie an diesem Tag ihre Sachen bereits viel zu lange geschleppt hatte. Miranda ließ den Koffer einfach stehen und eilte dem Bediensteten nach.
Er
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