Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heinermaedsche

Heinermaedsche

Titel: Heinermaedsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann-Sophie Aigner
Vom Netzwerk:
Kindheitstraumata entstand, das, nicht aufgearbeitet, nicht überwunden werden konnte.
    Typisch war auch, dass sich nur sehr wenige zur Wehr gesetzt hatten. Meist war es ihnen nicht einmal bewusst gewesen, dass an ihnen Fehler begangen wurden. Die Erziehung war damals eben einfach so gewesen. Wer nicht hörte, der bekam seinen Ungehorsam zu spüren.
    Nach vielen Jahren diente diese wunderschöne Gegend ihr nun wieder als Zufluchtsort.
    Wie damals war sie tief verletzt worden von einem Menschen, von dem sie geglaubt hatte, er würde sie lieben.
    Einen Unterschied gab es jedoch: Sie war erwachsen und konnte sich wehren. Nicht nur das, sie war auch bereit, es zu tun. Sie würde nicht wie damals zum Ort des Schreckens zurückkehren und alles weiterhin erdulden. Nein, dieses Mal nicht.
    Ihr Weg hatte Hermann und Eva über die Autobahn und die B 266 an Bad Neuenahr vorbei nach Ahrweiler geführt. Von dort nach Marienthal über Bernau und schließlich nach Altenahr, ihrem Ziel.
    »Ich glaube, wir sind fast da. Ich werde wohl nie verstehen, warum deine Schwester diesen Italiener geheiratet hat. Was findet sie nur an ihm?«, fragte Hermann und konzentrierte sich gleichzeitig darauf, dem entgegenkommenden Verkehr auszuweichen. Das war nötig, weil manche Straßen hier sehr eng waren und es teilweise keinen Seitenstreifen gab. Aber Hermann war ein geübter Fahrer, das bereitete ihm keine großen Schwierigkeiten.
    Vor vielen Jahren, als Eva Hermann noch förmlich anhimmelte und alles an ihm toll fand, hatte sie sich seinen Kollegen gegenüber einmal zu dem Satz ›Mein Mann ist sogar schon durch Neapel gefahren!‹ hinreißen lassen.
    Was ehrlich bewundernd gemeint war, entwickelte sich in Hermanns Kreisen schnell zum Running Gag.
    Dieser Satz geisterte bis heute in vielen Köpfen herum und Neuzugängen in der Firma wurde dieser Spruch direkt am ersten Tag erzählt.
    Armer Hermann.
    »Stimmt, hier müsste es gleich sein. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Zeit. Das wird uns guttun. Ein paar Tage ganz für uns allein sind dringend nötig, findest du nicht?« Eva legte ihre linke Hand auf Hermanns rechtes Bein und fuhr mit dem Zeigefinger zärtlich über den Stoff seiner sommerlichen Hose.
    »Du hast wohl recht«, sagte er und fegte dennoch ihre Hand von seinem Bein.
    Hinter der nächsten Biegung tauchte endlich das Eingangstor des Weinguts auf. Ein großes schmiedeeisernes Tor, das weit offen stand. Offensichtlich wurden sie bereits erwartet. Das letzte Stück fuhren sie auf einem Kiesweg entlang der Weinberge, beinahe direkt durch die Reben hindurch. Ein friedlicher Ort.
    Arbeiter ihrer Schwester waren in den Hängen beschäftigt.
    Genau wusste Eva nicht, welcher Wein dort angebaut wurde. Sie trank Wein zwar liebend gern, kannte sich allerdings mit dessen Herstellung recht wenig aus.
    Als sie sich dem Gutshaus näherten, lief Evas Schwester aus dem Haus, ihnen entgegen. Strahlend winkte sie ihnen zu. Sie sah sehr gut aus in ihrer zweckmäßigen, aber dennoch sportlich-legeren Kleidung: eine Jeans mit hochgekrempelten Hosenbeinen, aus denen die Knöchel hervorblitzten, und eine weiß-rot gestreifte Bluse. Halstuch und Turnschuhe komplettierten das Outfit.
    »Huhu! Hallo, ihr Lieben. Ich habe euch schon erwartet. Schön, dass ihr uns besuchen kommt. Wir haben uns schon so lange nicht gesehen.« Adele trat an das Auto und umarmte ihre Schwester überschwänglich durch das geöffnete Fenster hindurch.
    »Ist das schön, dich wiederzusehen. Ich habe dich so vermisst«, flüsterte Eva in Adeles Ohr.
    »Hattet ihr eine gute Fahrt?«
    »Ja, wir hatten keine Schwierigkeiten, hierher zu finden. Hast du keine Angst, auch mal von der Polizei besucht zu werden?« Hermann provozierte seine Schwägerin gerne. Er mochte sie nicht.
    »Ach, Hermann, ich bin eine bescheidene Steuerzahlerin mit einem festen Kundenstamm erfolgreicher Geschäftsleute, denen es sicher nicht gefallen würde, wenn ich nicht mehr meinen ausgezeichneten Riesling keltern könnte«, konterte Adele selbstbewusst. »So, und nun kommt erst einmal herein.« Sie machte eine einladende Geste Richtung Eingang.
    Adele zog Eva hinter sich her in die Küche. Hermann blieb draußen stehen und versuchte sich einen Überblick über das großzügige Anwesen zu verschaffen.
    »Du bekommst jetzt erst einmal einen ordentlichen Kaffee, nicht so einen Blümchenkaffee, den es bei euch in der Gegend gibt, sondern einen richtigen. Und dann erzählst du mir mal ganz genau, warum du mich mitten

Weitere Kostenlose Bücher