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Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot

Titel: Heinrich Mueller 04 - Gnadenbrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
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interessieren.«
    »Harmlos?« Heinrich runzelte die Stirn.
    »Es ist ihnen nichts aufgefallen, das einen Rapport erfordert hätte«, ergänzte der Störfahnder. »Allerdings hatten sie den Eindruck, die kleine Wohnung sei vor ihrer Ankunft bereits durchsucht worden. Sie schoben das auf die neugierige Nachbarin, die sie gerufen hatte. Es ließ sich jedoch nicht feststellen, ob etwas fehlte oder nicht. Jedenfalls seien alle Besitztümer von bescheidenem Wert gewesen. Und letztlich habe sich eine entfernte Verwandte aus Bern um die Beerdigung und die Räumung der Wohnung gekümmert.«
    »Dementsprechend keine Chance, allfällige Spuren zu sichern«, stellte Heinrich Müller fest.
    »Nein, die Wohnung ist bereits wieder vermietet.«
    Für einen Augenblick genossen alle das einfache, aber köstliche Mahl.
    Bernhard Spring unterbrach die Stille: »Ich hätte eine Idee für einen Anlass. Engagiert jemanden, der einen Vortrag über die Burgunderkriege hält.«
»Gähn. Burgunderkriege, Adrian von Bubenberg und ein versetztes Denkmal, Schulstoff Primarstufe«, sagte Leonie Kaltenrieder.
    »Vierte Klasse, dritte Reihe links, Fensterplatz«, ergänzte Nicole.
    »Klar«, sagte Heinrich. Er schien sich als Einziger für das Thema zu begeistern.
    »Wenn ihr keine Schauspieler werden wollt, dann eben nicht«, meinte der Polizist.
    »Habe ich ›Schauspieler‹ gehört?«, erkundigte sich Leonie.
    »Im Juni wird die Schlacht von Murten für einen Film nachgestellt«, berichtete der Störfahnder. »Ihr seid alle Statisten, wenn ihr wollt. Ich habe hier ein Plakat, das könnt ihr aufhängen.«
    Nicole schaute ihn skeptisch an und fragte: »Gibt es dafür denn kein Casting?«
    »Nicht, wenn ich euch einlade«, schloss Bernhard. »Mein Team hat den Auftrag, für die Sicherheit zu sorgen. Cäsar Schauinsland ist verantwortlich für Licht und Kostüme. Und alle andern spielen mit, wenn ich es will.«
    »In welchen Rollen?«, fragten Leonie und Nicole beinahe gleichzeitig.
    »Die Frauen als Marketenderinnen, die Männer als burgundische Söldner oder als Eidgenossen.«
    »Hauptsache, Pascale Meyer kriegt keine Pistole«, witzelte Heinrich. »Gut, dass es damals noch keine Handfeuerwaffen gab.«
    »Wir sollten auf unsere Zukunft beim Film anstoßen«, meinte Leonie und holte eine Flasche Prosecco, eine der Besseren.

Donnerstag, 30. April 2009
    Nichts deutete auf einen ungewöhnlichen Verlauf dieses Donnerstags hin, als Andreas Bohnenblust am späteren Nachmittag seine Backstube reinigte und Teigbottiche bereitstellte, in denen eine Mischung aus Dinkel-, Roggen-und Weizenmehl zum Gären angesetzt war. Er erwartete ungewöhnliche Gäste und war unsicher, ob seine Zusage richtig gewesen war. Heinrich Müller hatte ihn gefragt, ob er die Backstube für ein Kunsthappening zur Verfügung stellen würde. Nun traten die ersten Gestalten durch die Ladentür, die das Sortiment der bereits weit gefächerten Kundschaft der Bäckerei Bohnenblust im Berner Breitenrain-Quartier um ein paar Nuancen erweiterten.
    Eine Kundin, die Wert auf elegante Kleidung legte, kaufte ihrem ebenso gut gehaltenen Sohn ein Silserbrötli, das dieser entrüstet von sich wies. Dafür verlangte er ein Getränk, das die Mutter nicht dabei hatte. »Benimm dich nicht wie ein verwöhnter Goof!«, befahl sie.
    Warum nicht, dachte F. K. Swiss, denn genau das ist er ja. Der Künstler trug einen abgegriffenen Zylinder, auf dem sein Name zu lesen war, und führte den Zug der unheimlichen Gestalten an. In der Hand hielt er einen mit stilisierten Tiermotiven geschnitzten Haselnussstecken, den er wie ein Zepter schwang. Hinter ihm seine Freunde, für den Anlass meist in dunkles Leder gepresst, manchmal mit etwas Rot durchschossen, knallige Netzstrümpfe an langen Beinen, leuchtende Extensions in dunklen Haaren, ein grelles Bauchnabelpiercing. Mancher ließ seinen Blick schlaftrunken an den Brotregalen vorbeistreifen und schnupperte dabei den frischen Hefegeruch.
    Die Verkäuferinnen tuschelten hinter der Theke, als der seltsame Tross an ihnen vorüberzog und über drei Treppenstufen im hinteren Teil des Gebäudes verschwand. Sie hielten sie für Geisterseher, die den Ritt der Wilden Leute [7] beobachteten, nur dass diese nicht über nächtliche Alpwiesen zogen, sondern wie der ungestüme Wind durch die Bäckerei … und nicht wieder hinaus.
    Der wilden Fahrt folgten in unregelmäßigen Abständen Kunden aus dem Quartier, Freunde der Bäckerei, der Stammtisch aus Bauch & Kopf und alle,

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